Als ich glaube, das rhythmische Geräusch deiner Schuhabsätze in der Stille des Morgens zu hören, brauche ich nicht auf die Uhr zu schauen, um zu wissen, dass es zehn vor acht ist. Auch wenn ich weiß, dass wir uns in genau zehn Minuten begegnen werden, schweifen meine Gedanken in die Vorstellung ab, welche Farbe du heute tragen wirst. Es ist Freitag, ein guter Tag für Grün oder Blau, auch wenn du manchmal zu überraschen weißt mit der Farbwahl deiner Kleidung. Aber eines ist gewiss, bei deinem Anblick wird mein Herzschlag sich rasant beschleunigen, und wenn ich den zarten Duft deines nur ganz dezent aufgetragenen Parfums wahrnehme, spüre ich förmlich den Frühling. Wenn deine Stimme dann noch ein schüchternes „Guten Morgen, Herr Frei.“ Über den Flur säuselt, dann werde ich förmlich dahinschmelzen, auch wenn das Thermometer wieder zehn Grad Minus ausweißt.
Ich nehme den letzten Schluck Caffè auf die Sekunde pünktlich und beginne mit meinem Ritual, das ich, seit du neben mir wohnst, im Laufe der letzten Wochen soweit verfeinert habe, das auch garantiert wird, dass wir uns begegnen werden. Nur die Stelle der Begegnung variiert täglich etwas, um nicht dem Verdacht ausgesetzt zu werden, dich abzupassen. Einen zufälligen Tag in der Woche gehe ich auch extra zwei Minuten später und wandle dann nur in dem Hauch deiner Parfümwolke. Das ist aber immer noch besser, als am Wochenende allein zu Hause zu sitzen und zu wissen, dass die Wahrscheinlichkeit, dir zu begegnen, eher gegen null strebt. Mir ist aber auch klar, dass ich dieses inszenierte Schauspiel nicht ewig fortführen kann, ohne dass du irgendwann Verdacht schöpfst. Aber diese Woche wird es sicher noch gehen.
Heute werden wir nur circa vier Meter voneinander getrennt sein, der schönste Tag der Woche für mich. Noch zwanzig Sekunden, bevor du deine Wohnungstür öffnen wirst. Ich gehe bereits vor und wühle dann wahllos in meinem Mantel, um den Eindruck zu erwecken, nach meinem Schlüssel zu suchen. „Guten Morgen Herr Frei, wo mag der Schlüssel denn heute wohl versteckt sein?“
Und ein wohliger Schauer läuft mir über den Rücken, als deine Stimmer meinen Gehörgang streichelt. Ich wage einen kurzen Blick und mein Mut wird wieder mit einer atemraubenden Aussicht belohnt, der von einem blauen Farbton geprägt wird.
„Wenn ich das nur wüsste, Frau Form. Einen guten Morgen wünsche ich!“
„Denn wünsche ich Ihnen auch Herr Frei. Ich muss leider schon los, sonst verpasse noch meinen Bus!“ Und diese wunderschöne Frontalansicht mit einem Lächeln, das so herzerwärmend ist, dreht sich fast schwebend in eine nicht minder attraktive Heckansicht. Dein Gang ist pure Balance, ohne auch nur eine Spur unnatürlich zu wirken. Wenn ich dir so hinterherschaue, frage ich mich oft, was du wohl beruflich machst, dass du jeden Morgen ausschaust, als wärst du einem Hochglanz Modemagazin entsprungen.
Bestens gelaunt gehe ich meinem Tagewerk nach und träume die X-te Version des Tagtraumes, wie wir uns einmal näher kennenlernen werden, ohne auch nur die leiseste Ahnung zu besitzen, wie ich es schaffen sollte, dich ernsthaft anzusprechen. Was will eine Dame deiner Klasse schon von einem einfachen Kerl wie mir? Es sollte mir eigentlich ausreichen, dass du mir dein ungezwungenes und offenes Lächeln schenkst. Mehr kann und sollte ich einfach nicht erwarten und so ärgere ich mich oft über meine romantisierten Tagträume, die jegliche Realität vermissen lassen.
Ich weiß, dass du freitags vor mir zu Hause bist, denn wenn ich von der Arbeit komme, brennt in deinem Küchenfenster schon oft das Licht. Ich zwinge mich aber geradezu, nicht in dein Fenster zu stieren, um nicht als zu neugierig gebrandmarkt zu werden. So ist es auch heute, als ich den Treppenaufgang verlasse, sehe ich den schwachen Lichtschimmer aus deinem Küchenfenster scheinen. Stur gehe ich vorbei, auch wenn mein Augenwinkel eine Bewegung hinter deiner Küchengardine wahrnehmen.
Der frühe Abend verläuft wie immer. Ein Glas vom italienischen Roten, bevor ich den Pizzaboten beauftrage, mir meine freitags Calzone mit viel Knoblauch und einem frischen Tiramisu zu liefern. Als es zwanzig Minuten später klingelt, huscht ein Lächeln über mein Gesicht, denn niemand in dieser Stadt macht eine bessere Calzone und ein besseres Tiramisu als Josephe und weil ich seit Jahren bei ihm bestelle, bin ich freitags immer die erste Lieferadresse, damit meine Calzone nicht in sich zusammenfällt. Ich suche noch schnell mein Portemonnaie und auf dem Weg zur Tür zähle ich schon den zu begleichenden Betrag inklusive Trinkgeld ab, bevor ich die Tür öffne. Ich erschrecke mich geradezu, als nicht nur Toni, sondern auch du vor meiner Tür stehst.
In Jogginghose, Wollpullover und Pantoffeln, die eindeutig schon bessere Tage gesehen haben. Meine Tagträume von eleganten Abendanzügen und feinster Spitzenwäsche, die deinen Körper nur spärlich verhüllen, brechen förmlich in einer Sekunde in sich zusammen. „Bona sera Toni, Bona sera Frau Form.“ Stammele ich überfordert in den eiskalten Flur. „Hi Herr Frei, hier wie immer! Josephe hat Ihnen heute noch eine Flasche vom guten Roten spendiert. Es ist wieder ein Jahr vergangen, seit er Sie als Stammbesteller begrüßen durfte.“ Drückt Toni mir meine Bestellung in die Hände. „Einen herzlichen Gruß soll ich ausrichten!“
„Danke Toni dito!“ Immer noch überrascht händige ich Toni das abgezählte Geld aus, doch diesmal flitzt er nicht sofort wieder los, sondern blickt zu dir herüber. „Ja Herr Frei, wie soll ich sagen, ich habe es nicht kleiner und der gute Mann kann nicht wechseln!“ Wedelst du verlegen mit einem hundert Euro Schein herum. Ich verstehe erst nicht, aber als ich vor deiner Tür eine Pizzabox, die auch wie meine ausschaut und noch eine Salatschachtel erspähe, begreife ich. „Haben Sie etwa auch bei Josephe bestellt? Das ist ja mal ein Zufall! Natürlich kann ich Ihnen aushelfen, Frau Form. Nichts täte ich lieber! Darf man erfahren, welche Pizza Sie bestellt haben?“ Frage ich, während ich hundert Euro in kleinen Scheinen zusammensuche und dir im Tausch anbiete. “Ja natürlich dürfen Sie! Calzone und einen gemischten Salat.“ Und als du mir den hundert Euro Schein reichst, berühren sich kurz unsere Hände. Ich glaube, eine Millionen Volt durch meinen Körper fließen zu spüren, während sich alle meine Härchen gleichzeitig aufstellen.
„Nicht möglich, ich dachte immer, ich wäre der Einzige, der die Calzone zum Liefern bestellt!“ Gebe ich verdattert wieder. „Ich liebe Calzone!“ Schwärmst du geradezu. “Für mich, ist sie die Königin der Pizzen und keine macht sie besser als Josephe!“ Und im Klang deiner wundervollen Stimme schwingt pure Überzeugung mit. „Dazu ein Glas köstlichen italienischen Rotwein, was will man mehr.“ Schließt du deine Laudatio an die Calzone.
"Ich will dich!" Hänge ich gedanklich an und spüre das ich etwas erröte, als du unerwartet fragst. „In Gesellschaft schmeckt sie allerdings noch viel besser Herr Frei, haben Sie vielleicht Lust, mir heute Abend Gesellschaft zu leisten, während wir dieses italienische Gedicht verspeisen? Sie dürften auch gerne das passende Getränk beisteuern!“ Und dann schenkst du mir ein Lächeln, das meine Seele bis in den letzten Winkel flutet.
„Es wäre mir ein Vergnügen, Frau Form, diesen sicherlich köstlichen Tropfen mit Ihnen zu teilen! Haben sie schon einmal Josephe Tiramisu gekostet? Ich würde Ihnen auch gerne eine Hälfte zum Probieren abtreten!“ Biete ich dir an, während ich meine Wohnungstür leise zuziehe. Als du bereits in deiner Wohnungstür verschwunden bist, pfeift Toni dezent vom Treppenaufgang, zwinkert mir zu und bildet ein Herz mit seinen Fingern, bevor er mit einem Gesichtsausdruck verschwindet, der nur eins bedeuten kann, seine italienische Seele spürte Amore in der kühlen Luft des Flures.
Ich nehme den letzten Schluck Caffè auf die Sekunde pünktlich und beginne mit meinem Ritual, das ich, seit du neben mir wohnst, im Laufe der letzten Wochen soweit verfeinert habe, das auch garantiert wird, dass wir uns begegnen werden. Nur die Stelle der Begegnung variiert täglich etwas, um nicht dem Verdacht ausgesetzt zu werden, dich abzupassen. Einen zufälligen Tag in der Woche gehe ich auch extra zwei Minuten später und wandle dann nur in dem Hauch deiner Parfümwolke. Das ist aber immer noch besser, als am Wochenende allein zu Hause zu sitzen und zu wissen, dass die Wahrscheinlichkeit, dir zu begegnen, eher gegen null strebt. Mir ist aber auch klar, dass ich dieses inszenierte Schauspiel nicht ewig fortführen kann, ohne dass du irgendwann Verdacht schöpfst. Aber diese Woche wird es sicher noch gehen.
Heute werden wir nur circa vier Meter voneinander getrennt sein, der schönste Tag der Woche für mich. Noch zwanzig Sekunden, bevor du deine Wohnungstür öffnen wirst. Ich gehe bereits vor und wühle dann wahllos in meinem Mantel, um den Eindruck zu erwecken, nach meinem Schlüssel zu suchen. „Guten Morgen Herr Frei, wo mag der Schlüssel denn heute wohl versteckt sein?“
Und ein wohliger Schauer läuft mir über den Rücken, als deine Stimmer meinen Gehörgang streichelt. Ich wage einen kurzen Blick und mein Mut wird wieder mit einer atemraubenden Aussicht belohnt, der von einem blauen Farbton geprägt wird.
„Wenn ich das nur wüsste, Frau Form. Einen guten Morgen wünsche ich!“
„Denn wünsche ich Ihnen auch Herr Frei. Ich muss leider schon los, sonst verpasse noch meinen Bus!“ Und diese wunderschöne Frontalansicht mit einem Lächeln, das so herzerwärmend ist, dreht sich fast schwebend in eine nicht minder attraktive Heckansicht. Dein Gang ist pure Balance, ohne auch nur eine Spur unnatürlich zu wirken. Wenn ich dir so hinterherschaue, frage ich mich oft, was du wohl beruflich machst, dass du jeden Morgen ausschaust, als wärst du einem Hochglanz Modemagazin entsprungen.
Bestens gelaunt gehe ich meinem Tagewerk nach und träume die X-te Version des Tagtraumes, wie wir uns einmal näher kennenlernen werden, ohne auch nur die leiseste Ahnung zu besitzen, wie ich es schaffen sollte, dich ernsthaft anzusprechen. Was will eine Dame deiner Klasse schon von einem einfachen Kerl wie mir? Es sollte mir eigentlich ausreichen, dass du mir dein ungezwungenes und offenes Lächeln schenkst. Mehr kann und sollte ich einfach nicht erwarten und so ärgere ich mich oft über meine romantisierten Tagträume, die jegliche Realität vermissen lassen.
Ich weiß, dass du freitags vor mir zu Hause bist, denn wenn ich von der Arbeit komme, brennt in deinem Küchenfenster schon oft das Licht. Ich zwinge mich aber geradezu, nicht in dein Fenster zu stieren, um nicht als zu neugierig gebrandmarkt zu werden. So ist es auch heute, als ich den Treppenaufgang verlasse, sehe ich den schwachen Lichtschimmer aus deinem Küchenfenster scheinen. Stur gehe ich vorbei, auch wenn mein Augenwinkel eine Bewegung hinter deiner Küchengardine wahrnehmen.
Der frühe Abend verläuft wie immer. Ein Glas vom italienischen Roten, bevor ich den Pizzaboten beauftrage, mir meine freitags Calzone mit viel Knoblauch und einem frischen Tiramisu zu liefern. Als es zwanzig Minuten später klingelt, huscht ein Lächeln über mein Gesicht, denn niemand in dieser Stadt macht eine bessere Calzone und ein besseres Tiramisu als Josephe und weil ich seit Jahren bei ihm bestelle, bin ich freitags immer die erste Lieferadresse, damit meine Calzone nicht in sich zusammenfällt. Ich suche noch schnell mein Portemonnaie und auf dem Weg zur Tür zähle ich schon den zu begleichenden Betrag inklusive Trinkgeld ab, bevor ich die Tür öffne. Ich erschrecke mich geradezu, als nicht nur Toni, sondern auch du vor meiner Tür stehst.
In Jogginghose, Wollpullover und Pantoffeln, die eindeutig schon bessere Tage gesehen haben. Meine Tagträume von eleganten Abendanzügen und feinster Spitzenwäsche, die deinen Körper nur spärlich verhüllen, brechen förmlich in einer Sekunde in sich zusammen. „Bona sera Toni, Bona sera Frau Form.“ Stammele ich überfordert in den eiskalten Flur. „Hi Herr Frei, hier wie immer! Josephe hat Ihnen heute noch eine Flasche vom guten Roten spendiert. Es ist wieder ein Jahr vergangen, seit er Sie als Stammbesteller begrüßen durfte.“ Drückt Toni mir meine Bestellung in die Hände. „Einen herzlichen Gruß soll ich ausrichten!“
„Danke Toni dito!“ Immer noch überrascht händige ich Toni das abgezählte Geld aus, doch diesmal flitzt er nicht sofort wieder los, sondern blickt zu dir herüber. „Ja Herr Frei, wie soll ich sagen, ich habe es nicht kleiner und der gute Mann kann nicht wechseln!“ Wedelst du verlegen mit einem hundert Euro Schein herum. Ich verstehe erst nicht, aber als ich vor deiner Tür eine Pizzabox, die auch wie meine ausschaut und noch eine Salatschachtel erspähe, begreife ich. „Haben Sie etwa auch bei Josephe bestellt? Das ist ja mal ein Zufall! Natürlich kann ich Ihnen aushelfen, Frau Form. Nichts täte ich lieber! Darf man erfahren, welche Pizza Sie bestellt haben?“ Frage ich, während ich hundert Euro in kleinen Scheinen zusammensuche und dir im Tausch anbiete. “Ja natürlich dürfen Sie! Calzone und einen gemischten Salat.“ Und als du mir den hundert Euro Schein reichst, berühren sich kurz unsere Hände. Ich glaube, eine Millionen Volt durch meinen Körper fließen zu spüren, während sich alle meine Härchen gleichzeitig aufstellen.
„Nicht möglich, ich dachte immer, ich wäre der Einzige, der die Calzone zum Liefern bestellt!“ Gebe ich verdattert wieder. „Ich liebe Calzone!“ Schwärmst du geradezu. “Für mich, ist sie die Königin der Pizzen und keine macht sie besser als Josephe!“ Und im Klang deiner wundervollen Stimme schwingt pure Überzeugung mit. „Dazu ein Glas köstlichen italienischen Rotwein, was will man mehr.“ Schließt du deine Laudatio an die Calzone.
"Ich will dich!" Hänge ich gedanklich an und spüre das ich etwas erröte, als du unerwartet fragst. „In Gesellschaft schmeckt sie allerdings noch viel besser Herr Frei, haben Sie vielleicht Lust, mir heute Abend Gesellschaft zu leisten, während wir dieses italienische Gedicht verspeisen? Sie dürften auch gerne das passende Getränk beisteuern!“ Und dann schenkst du mir ein Lächeln, das meine Seele bis in den letzten Winkel flutet.
„Es wäre mir ein Vergnügen, Frau Form, diesen sicherlich köstlichen Tropfen mit Ihnen zu teilen! Haben sie schon einmal Josephe Tiramisu gekostet? Ich würde Ihnen auch gerne eine Hälfte zum Probieren abtreten!“ Biete ich dir an, während ich meine Wohnungstür leise zuziehe. Als du bereits in deiner Wohnungstür verschwunden bist, pfeift Toni dezent vom Treppenaufgang, zwinkert mir zu und bildet ein Herz mit seinen Fingern, bevor er mit einem Gesichtsausdruck verschwindet, der nur eins bedeuten kann, seine italienische Seele spürte Amore in der kühlen Luft des Flures.