Monolith
Autorin
Das Ritual
Ein verführerischer Duft umschmeichelt meine Nase. Sie kräuselt sich unwillkürlich und schnuppert mit leisen Geräuschen in der Luft herum. Mmmhhhh riecht das gut! Mit geschlossenen Augen genieße ich den Geruch, der all meine Sinne geweckt hat. Nein, noch öffne ich sie nicht. Ich warte hier in meinem daunenweichen Bett. Feine Seidenwäsche umspielt meinen Körper, der nach Magnolien duftet.
Gleich wird er die Treppe herauf kommen, mit dem Frühstückstablett in der Hand. Es wird eine Tasse himmlisch duftendem Kaffee darauf stehen, der liebevoll von Hand aufgebrüht ist, mit einer Messerspitze Kakao und einer kleinen Prise Salz darin. Daneben liegt ein selbst gebackenes Croissant mit meiner Lieblingskonfitüre bestrichen. Stets erfreut mich eine kleine Rose, deren reich gefächerte Blütenblätter ein traumhaftes Dunkelrot ziert. Der krönende Abschluss meines Frühstücks ist eine Champagnerpraline aus meiner Lieblingspatisserie. Eine wahre Gaumenexplosion, die jeden Morgen eine Sünde wert ist.
In einer mädchenhaften Aufgeregtheit wie vor dem ersten Date erwarte ich das leise Öffnen der Tür und den vorsichtigen Schritt an mein Bett. Es ist jeden Morgen dasselbe Ritual und doch immer wieder neu, denn nie weiß ich wie er mich wecken wird. Nimmt er meinen Kopf in seine gepflegten, weichen Hände und gibt mir nur einen Guten Morgen Kuss, der nach Konfitüre schmeckt, die er zuvor naschte oder wird er mich zärtlich am ganzen Körper berühren. Wird er mich seinen Atem spüren lassen, der mich wie eine Frühlingsbrise auf nackter Haut streichelt, oder wird er seinen warmen Körper an den meinen schmiegen, um mich sanft in seinen Armen halten, in denen ich mich so geborgen fühle. Der Gedanke daran, was sein wird, schürt meine Ungeduld und Erregtheit, die sich ins Unermessliche steigert als ich das behutsame Herunterdrücken der Türklinke höre. Er ist da, und in freudetrunkener Erwartung flutet eine Woge der Glückseligkeit meinen Körper. Gleich werde ich überrascht.
© Monolith