Ein schöner Text, lieber Carolus!
Ich bin jetzt schon zum dritten Mal da, um zu lesen und hineinzuspüren in deine Traumwelt.
Horus, der Herr des Himmels und Gott des Schutzes - ein schön gewähltes Bild. Und seinen Weckruf finde ich besonders schön.
Ein paar kleine Anmerkungen zum Text, wenn's dir recht ist:
Wenn verblassendes Himmelblau
sich verfärbt zu dunklem,
ist widersprüchlich. Was verblasst, wird ja heller und nicht dunkler. Ich weiß, was du meinst, aber vielleicht wäre etwas wie "vergehendes Himmelblau" stimmiger bei dieser Formulierung.
die Nacht ihren Mantel über Lärm
und Geschäftigkeit breitet,
wenn Geminiden aus dem All
im Unfassbaren verschwinden,
schlägt die Stunde meines Falken.
Ungeduldig hüpft er hin und her,
flattert wild mit seinen Flügeln.
Starten will er zum Flug,
sobald der Schlaf mich übermannt.
in ein Land, das keiner kennt.
Finde ich wunderschön in Bildern und Sprachmelodie!
Das "Land, das keiner kennt" ist dann allerdings für mich gefühlt zu allgemein formuliert. Ein Land, das ich nicht kenne...in ein mir unbekanntes Land...fände ich stimmiger, weil du dann beim "ich" bleibst.
Dort wuchern wilde Traumblumen.
Ihre Früchte, giftig oder süß´, lösen sich
im zeitlosen Schweigen der Schlafenden auf.
Den Traum vor den Blumen würde ich da weglassen. Viel zu "erklär-bärig" und jeder weiß, dass das Traumland gemeint ist, in dem wilde Blumen wuchern.
Das ist ohne Traum auch klanglich schöner, wenn du mich fragst.
Die zwei Verse danach sind die einzigen, mit denen ich etwas hadere. Das klingt irgendwie konstruierter - weniger natürlich - als der Rest deines schönen Gedichts.
Auch tragen nicht alle Blumen Früchte. Und bei Auflösen denke ich eher an Pollen, die in unser Schweigen rieseln und sich darin lösen oder vermischen.
Das "auf" könntest du auch weglassen. Das schließt die Strophe etwas unmelodiös und ist eigentlich überflüssig.
Dort wuchern wilde Blumen.
Ihre Pollen - giftig oder süß - lösen sich
im zeitlosen Schweigen des Schlafs.
Warum in meiner Version der "Schlaf" anstelle der "Schlafenden"? Weil es im Gedicht ja um ein LyrIch geht und dieses verbindet sich im Traum nicht mit anderen Schlafenden. Ich würde auch hier konsequent nur beim LyrIch und dessen ganz persönlicher Welt bleiben. Auch finde ich das hauptwörtlich gebrauchte Partizip Präsens sprachlich nicht so hübsch. Den letzten Vers würde ich übrigens ganz streichen und beim schönen Weckruf enden. Oder dem Falken einen Kaffee anbieten. 😉
Ist natürlich alles auch Geschmacksfrage zum Teil und vielleicht habe ich auch manches, das du ausdrücken wolltest, gar nicht erkannt. Vielleicht ist aber etwas für dich dabei. Auf jeden Fall sehr gerne gelesen!!!! Und sicher nicht zum letzten Mal!
Lieber Gruß,
fee