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Der Zaubertrank oder Kraft meiner Wassersuppe

  • Letreo71
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Letreo71

Autorin
Heute habe ich beschlossen,
mich so richtig zu besaufen.
Doch bevor ich es genossen,
musste ich den Schluck erst kaufen.
Pure Lust und Laune
spürt ich und den Drang,
und mit Glücksgeraune
kam ich schnell in Gang.
 
Schlürfe, schlürfe
manche Schlucke,
dass die Spucke
zäher fließe
und mit einem jähen Drucke
in die Kehle sich ergieße.
 
Und nun mach, du Teufelswasser!
Gib es meiner müden Seele.
Sei ein wahrer Tausendsassa.
Höre, was ich dir befehle!
Auf zwei Beinen schwankend,
duselig im Kopf,
miese Plörre tankend.
Ach, ich armer Tropf.
 
Schlürfe, schlürfe
manche Schlucke,
dass die Spucke
zäher fließe
und mit einem jähen Drucke
in die Kehle sich ergieße.
 
Laufe weg vor den Gefühlen,
träume mich in Niemandsland.
Muss die Angst doch runterspülen,
raubt sie mir sonst den Verstand.
 
Tausende von Malen,
hab ich mich befüllt,
unter manchen Qualen,
meinen Frust gekillt.
 
Höre! Höre!
Ich will leben
und will geben
angemessen!
Bitte hilf mir und ich schwöre,
dass ich nie mehr sauf stattdessen.
 
Glaube mir, ich mach ein Ende,
will fortan nur noch genießen.
Meines Lebens, Glückes Wende
mit dem Zaubertrank begießen.
Viele kleine Schlucke
schlürfe ich hinein.
Meine zähe Spucke,
soll verteufelt sein.
 
Nein, nicht länger
will ich saufen,
überlaufen.
Das ist böse!
Darum wird mir auch nicht bänger!
Weil ich mich davon erlöse.
 
Wart nur ab, du Teufelswasser,
denn ich werde dich ertränken
und mit dir den Tausendsassa.
Niemals mehr wirst du mich kränken!
 
Deine miese Plörre,
die ich gar nicht will,
macht mich nicht mehr irre,
hab verbannt den Drill!
Kann am Ende
es nicht lassen,
es zu hassen
und zu tragen.
Will die Flaschen nun behende,
mit den Händen stumm zerschlagen.
 
Seht was ich geschaffen habe,
all die Trümmer meiner Seele
ruhn als Scherben: Staub zu Grabe,
weil ich es mir selbst befehle.
 
Niemals mehr besoffen!
Alles ist entzwei.
Nein! Es ist kein Hoffen.
Ich bin endlich frei.
 
Siehe! Siehe!
Meine Seele
ich befehle
dir zu leben
ohne Wenn und ohne Wehe
und dich niemals aufzugeben!
 
Für den Falle eines Falles,
muss ich neuen Willen tanken.
Saufen ist weißgott nicht alles,
weise ich mich in die Schranken!
Nein, ich bin kein Meister,
doch ich fühl mich groß.
Meine Lebensgeister,
werd ich nie mehr los.
 
Ich will leben,
jetzt und heute,
liebe Leute.
Vorwärtsdenken!
Alles will ich dafür geben,
mir ein neues Leben schenken.
 
liebe letreo,
 
wahrlich meisterhaft hast du hier die geschichte des LI an den zauberlehrling angelehnt, geniale idee. gleichzeitig kommt soviel willensstärke und lebenslust bei mir an, aber auch der zwang und die überwindung, vom alkohol abzulassen und das leben im rausch des lebens selbst zu leben. puhh.
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lediglich vers 3 und 4 der ersten strophe finde ich unnötig, weil es nichts zur sache tut, dass man den alkohol erst kaufen muss. vielleicht könntest du stattdessen etwas in dieser richtung einbauen: also hab ich eingegossen, lass es in den becher laufen. oder so ähnlich.
 
lg
sofakatze
 
Liebe Sofakatze,
 
ich freue mich sehr über dein Lob. Mir ist dieses Gedicht nicht leicht gefallen, aber es brannte mir auf der Seele, es für einen lieben Menschen zu schreiben. Ich wünschte, ich wäre damit zu ihm durchgedrungen. (Zu Schulzeiten mochten wir beide das Original und haben es eifrig geübt.)
Deine Anmerkung zu den Versen 3 und 4, macht mich etwas stutzig, weil sie aus meiner Sicht sehr wichtig sind, denn es ist wohl mit viel Anstrengung verbunden, sich immer wieder aufzufüllen. Ich werde darüber gern nachdenken.
 
Lieben Gruß
 
Letreo
 
Halli Halletreo
 
Walle Walle....
 
 
Ich hatte nur unterbewusst Bezug zum Zauberlehrling genommen. Doch etwas im Hinterstübchen nahm schon den altbewährten Lesetakt ein. Starkes stück mit diesem Korsett zu schreiben.
Auch die warnende Grundaussage zum Feuerwasser kann ich nur unterstützen. Gern in Maßen und zu Anlässen das genügt, ist organschonender.
 
MfG
 
Halli Hallo Buchstabenergie,
 
danke für deinen flotten Kommentar.
 
Lieben Abendgruß
 
Letreo
 
Hallo Letreo,
 
was für ein feuriges Erkennen und Bekennen dem "Suff" zu trotzen.
wink.png.5c2da39aedefcdb905935b6d57b8e2d5.png

Stilistisch musste ich auch an Goethes Zauberlehrling denken (Walle, walle):
 
Schlürfe, schlürfe
manche Schlucke,
dass die Spucke
zäher fließe
und mit einem jähen Drucke
in die Kehle sich ergieße.
 
Sehr gern gelesen und genossen, weiter so!
LG
Perry
 
Das erinnert auch an Ergo Bibamus!, von dem jungen Goethe, als er noch Student war, in Straßburg.
Und auch an die studentischen Trinklieder aus dem Mittelalter, an die Sammlung in Carmina Burana.
 
Der Zauberlehrling einmal anders, liebe Letreo, klasse! Auch ich habe mich schon mal von Goethes Ballade inspirieren lassen. Allerdings muss ich sofakatze zustimmen, die angesprochenen Verse 3 und 4 haben wenig Aussagekraft. Ich könnte mir die erste Strophe so oder so ähnlich vorstellen:
 
Heute habe ich beschlossen,
mich so richtig zu besaufen,
und nachdem ich eingegossen,
ließ ich’s durch die Kehle laufen.
Pure Lust und Laune
spürt ich und den Drang,
und mit Glücksgeraune
kam ich schnell in Gang.
 
Dein Gedicht als Appell an deinen Jugendfreund hat seine Wirkung offensichtlich verfehlt. Einem Alkoholiker muss man mit einer weitaus stärkeren Keule kommen, und auch die wird meistens versagen.
 
Liebe Grüße
Nöck
 
Lieber Nöck,
 
ich freue mich über deinen lobenden Kommentar und ich danke dir für deinen Vorschlag, der vermutlich sogar besser passt! Für mich ist das nicht so, denn ich habe sehr lange an dem Gedicht gesessen und Wort für Wort genau überlegt und ich würde es heute immer noch so ausdrücken. Es geht um meinen Bruder und ich weiß, warum ich ihm nicht helfen kann, weder sanft, noch hart. Mir aber hat die Verarbeitung in dieser Form sehr geholfen.
 
Einen lieben Gruß
 
Letreo
 
Liebe Letreo,
 
sehr beachtlich, wie du dich ganz eng an die Vorgabe gehalten hast und den langen Kampf gegen den Alkoholismus durch ein langes Gedicht beschrieben hast! mile:
Allein schon des Fleißes wegen gebührt dir Respekt, aber dass es so gut geworden ist, mit natürlich wirkender Wortwahl und technisch perfekt - alle Achtung! Noch dazu hast du es geschafft, ein sehr schweres Thema (und du schriebst ja auch, dass es dir selbst nahe geht) ganz unverkrampft, fast schon locker zu bedichten, ohne es in die Albernheit hinabgleiten zu lassen.
 
LG
 
Liebes Schmuddelkind,
 
danke für deine lobenden Worte. Hier hab ich mir so richtig was von der Seele geschrieben. Schön, dass ich dich begeistern konnte.
 
Lieben Gruß
 
Letreo
 
 
Hallo, moin Letreo
Es macht mir immer sehr viel Freude deine Gedichte zu lesen.
Sie sind sehr spannend, tiefsinnig und auch oft sehr lustig.
Danke dafür, gerne gelesen!
LG Josina
 
Hallo Josina,
 
es macht ebenso viel Freude, solch einen Kommentar zu lesen.;-)
 
Vielen Dank für deine Worte!
 
Lieben Gruß, Letreo
 
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@anaisHerzlichen Dank für die Empfehlung!
 
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An: Seegurke, Berthold, Walther, Carry, Lotte und MRE ein großes Dankeschön fürs Lesen und Liken!
 
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Liebe Grüße, Letreo
 
Hallo Letreo,
ich hatte das übergroße Glück, am heutigen Abend zu einer Soiree in Weimar eingeladen worden zu sein. Die Fürstin Amalia ist eine liebenswürdige Gastgeberin und ich durfte in Anwesenheit Seiner Exzellenz, dem Geheimen Rat von Goethe, Dein Gedicht vorlesen. Und was hat das Schlitzohr Goethe gemacht? Er hat sich in einen Nebenraum verkrümelt und kam nach einer geschlagenen Stunde zurück und trug ein neues Gedicht vor. Dabei hat er Deine Form übernommen und aus Deinem sehr nachdenklich stimmenden Inhalt fast einen Schwank gemacht. Zugegeben - er hat sein Gedicht glänzend vorgetragen und, was mich am meisten begeisterte, er ganz ehrlich zugegeben, dass Dein Gedicht für ihn die Initialzündung zu seinem Zauberlehrling gewesen ist.
Langer Rede kurzer Sinn: Da ist Dir etwas sehr Gutes gelungen. Chapeau!
Hayk
 
Danke, Hayk! Mit solch einem Kommentar hätte ich nicht gerechnet. Ich habe es übrigens ebenfalls glänzend vorgetragen. Nun, die Vorlage bedeutet mir sehr viel und ich weiß sie sehr zu schätzen.
 
Freundlichen Gruß, Letreo
 
  • Letreo71
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