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Die endgültige Fassung Das Varieté Teil 6

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Der Puppe fällt auf, dass die junge Frau bislang noch nicht ein einziges Wort gesagt hat und fragt, ob so ein Verhalten für Menschen, hier in der Gegend denn normal wäre.
Wie in Zeitlupe, mit dem Zeigefinger auf den Lippen und weit aufgerissenen Augen dreht sich die Frau im Rock zu unseren zwei Freunden um. Sprachlos schauen sie ihr ins Gesicht, denn vor ihnen steht ein stark geschminkter Mann, mit langen Haaren und Frauenkleidern, dessen Lippenstift großzügig auf der Bluse verteilt ist, der aber trotz alle dem eine sehr anmutige und elegante Figur abgibt. „Ja, ihr seht richtig.“, bringt er, sie oder es mit schriller Stimme hervor.
Ob es sich nun um einen Mann in Damenkleidung, eine operierte Frau, oder einen sich ungeschlechtlich durch Zellteilung fortpflanzenden Zwitter handelt, ist nicht klar, tut allerdings auch nichts zur Sache und verändert sowieso keineswegs etwas am Inhalt dieser Geschichte. Dem Wirt ist all das dagegen leider nicht egal, denn er möchte, wie die Puppe durch das Gespräch mit der jungen Frau erfährt, durch den Verkauf der Werte gleichzeitig jegliche Diversität restlos verschwinden lassen und demnach, sollte er von ihrer Anwesenheit erfahren, auch ihre, in seinen Augen abnormale Wesensart, auslöschen. Warum der Wirt dieses Ziel verfolgt dürfte klar sein. Was soll ein Mann auch großartig Denken, wenn er nicht mal in der Lage ist, aus seinem eigenen Schatten heraus zu treten. Schließlich ist schon die Frau an sich eine für ihn unerreichbare und unverständlich komplexe neue Art, welche er nur in alter Jäger und Sammlermanier, entweder zu zähmen oder zu besiegen braucht. Da verwirrt ein drittes Geschlecht nur noch um so mehr. Auch zieht er lieber alleine seine Bahnen durch den für ihn so bunten Dschungel. Er verhält sich wie ein wildes Tier, das Wirtshaus ist sein Käfig und jeder Besucher, der nur vor dem Gitter steht, wird bereits mit gefletschten Zähnen und zornigem Gebrüll begrüßt.
Sag, welcher Häftling verteidigt schon die eigene Zelle?
Liebend gerne würde ich jetzt davon erzählen, wie das schöne, auf allen Vieren kriechende Mädchen unterm Tisch hervorkommt und dem Wirt, gegen ihren Willen, alles verraten muss. Doch leider hat dieser mir verboten über sie zu sprechen. Des Weiteren wird sie nun, hungernd und allein, in den dunklen, fensterlosen Nebenraum, gesperrt. Der Mann in Damenkleidung wird zudem, wie auch nicht anders zu erwarten, der Schenke verwiesen und darf sich überlegen, wo er bleibt. Gleiches gilt für unsere drei Freunde, sodass jenes enge, kleine Fachwerkhaus keine Gäste mehr hat.
Selbstverständlich darf der Direktor mit unseren Freunden reisen. Schließlich hat ihm das Röslein eine Chance versprochen. Doch Liebe ist für die Rose bloß ein Wort und die drei Wörter süßen Klangs kommen ihr zwar wie ausgehöhlte Phrasen über die Lippen, nicht aber übers Herz. Dennoch kann sie nicht ohne und nutzt ihre Reize, um dem Direktor zu imponieren, sowie um damit ihre unbestreitbare Hilflosigkeit zu überspielen, denn klare Worte sind ihre Sache nicht. Lege nur einen Tropfen Hoffnung in ein ganzes Meer aus Tränen und man wird darin baden. Gebe dir zudem niemals die Schuld, am Unglück anderer, es könnte dich ja noch verletzen...
„Aber genug! Wir benehmen uns doch immer wieder, wie manisch depressive Clowns.“, ruft die Maske mit der lachenden und weinenden Seite, als der Vorhang langsam zugezogen wird. Ähnlich wie bei der letzten Unterbrechung verlassen einige Menschen ihre Särge und den Saal. „Man meint ich wäre wunschlos glücklich und voller Tatendrang, doch in Wahrheit frag ich gar nicht: Wo? Und Wie? Und Wer? Und Wann?“ Es folgt frenetischer Applaus, allerdings nicht für die Maske, sondern für sich, woraufhin das Stück für die verbliebenen Zuschauer hinter geschlossenem Vorhang weitergeht.
 
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