Beteigeuze
Autor
Die Rückkehr des Echsenkönigs
Der Tag war lange schon verwelkt
und die Nacht weckte ihre Geschöpfe
mit silbernen Trompeten.
Sie feierte die Entfesselung ihrer selbst.
Ich schlief oder wachte (Gibt’s einen Unterschied?)
und tat den Schritt zum Fenster.
Nie tat ich dies sonst,
nie verließ ich je mein Heim.
Doch jetzt funkelte mich das Glas an
wie lüsterne Diamanten,
entließ sein apokalyptisches Verlangen.
Endlich sah ich mich.
Der Blick hinaus …
Ein Lichtertanz auf Grau,
das nicht eingelöste Versprechen
der Zivilisation an die Menschheit.
Elend und Verzweiflung paarten sich
mit Hoffnung und Sehnsucht,
zeugten aus ihrem Schmutz einen Moloch.
Symbol des Fortschritts.
Nemesis.
Dahinter
brachen Schatten vipernhaft aus fremder Dunkelheit hervor.
(Wieder der Klang, den es nicht geben durfte!)
Da! jetzt sah ich die Horden!
Ungestüm in Bewegung,
die wie eine Drohung und Verlockung zugleich wirkte.
Fremde Wesen.
Leiber aus schleimgrünem Mondlicht,
deren Gebärden den menschlichen Verstand verspotteten,
drängten auf die Stadt zu.
Ihr Gesang war eine Kakophonie obszönen Quakens,
und Irrsinn blickte aus ihren Augen
den langen Weg in meine.
Ich lächelte.
Schlachtrufe aus den Äonen
verkümmerter Instinkte erklangen in mir,
rissen meinen Körper entzwei.
Und aus seinen Trümmern entstieg die Seele
des Universums – bereit,
die Geschöpfe der älteren Welten zu befreien.
Wie ein Gespenst schwebte ich über allem,
meinem Heim entflohn.
Nur ein Flüstern in den Krötenköpfen war ich,
ein Befehl aus Urkraft,
der sie durch die Straßen trieb.
Da entpuppte ich mich aus meiner ätherischen Larve
zu einem langzüngigen, grünen Schuppenwesen –
ein präkosmischer Wille, frei
von stagnierender Lähmung aus Vernunft.
Verängstigt verkrochen sich die Menschen.
Chaos – die Kraft, aus der sie einst entstiegen –
lebte nur noch als verkümmerte Perversion
in ihren Herzen – etwas, das Panik verhieß.
Und während mein Pan
den Schrecken hinter sich her in ihre Welt flötete,
begatteten die Satyrn die Weiber,
verführten die Nymphen die Möchtegernmänner
in früher sicheren Straßen.
Mein Echsenleib wuchs über die Welt,
alles wurde eins und wieder alles.
Reine Energie.
Pulsieren.
Die Erfahrungen aller Zeitalter tanzten
auf meinen Schuppen, wurden zur Symphonie
einer neuen Schöpfung.
Endlich sehe ich mich.
Ein kleiner Mensch hinter einem Fenster,
der sich in mir ahnt, doch sich erst jetzt erkennt,
da er durch meine Augen blickt.
Immer ist er ich, immer bin ich alles.
Nie kann er sein Heim verlassen, nie kann ich eines haben.
Nur manchmal,
wenn die Nacht dunkel genug ist,
können die Augen sehen.
Dann treffen sich unsere Blicke
und öffnen die Tür zu alter Verheißung.
Nur manchmal,
wenn der Echsenkönig zurückkehrt …
(im Andenken an Jim Morrison)
© Sascha Besier
Der Tag war lange schon verwelkt
und die Nacht weckte ihre Geschöpfe
mit silbernen Trompeten.
Sie feierte die Entfesselung ihrer selbst.
Ich schlief oder wachte (Gibt’s einen Unterschied?)
und tat den Schritt zum Fenster.
Nie tat ich dies sonst,
nie verließ ich je mein Heim.
Doch jetzt funkelte mich das Glas an
wie lüsterne Diamanten,
entließ sein apokalyptisches Verlangen.
Endlich sah ich mich.
Der Blick hinaus …
Ein Lichtertanz auf Grau,
das nicht eingelöste Versprechen
der Zivilisation an die Menschheit.
Elend und Verzweiflung paarten sich
mit Hoffnung und Sehnsucht,
zeugten aus ihrem Schmutz einen Moloch.
Symbol des Fortschritts.
Nemesis.
Dahinter
brachen Schatten vipernhaft aus fremder Dunkelheit hervor.
(Wieder der Klang, den es nicht geben durfte!)
Da! jetzt sah ich die Horden!
Ungestüm in Bewegung,
die wie eine Drohung und Verlockung zugleich wirkte.
Fremde Wesen.
Leiber aus schleimgrünem Mondlicht,
deren Gebärden den menschlichen Verstand verspotteten,
drängten auf die Stadt zu.
Ihr Gesang war eine Kakophonie obszönen Quakens,
und Irrsinn blickte aus ihren Augen
den langen Weg in meine.
Ich lächelte.
Schlachtrufe aus den Äonen
verkümmerter Instinkte erklangen in mir,
rissen meinen Körper entzwei.
Und aus seinen Trümmern entstieg die Seele
des Universums – bereit,
die Geschöpfe der älteren Welten zu befreien.
Wie ein Gespenst schwebte ich über allem,
meinem Heim entflohn.
Nur ein Flüstern in den Krötenköpfen war ich,
ein Befehl aus Urkraft,
der sie durch die Straßen trieb.
Da entpuppte ich mich aus meiner ätherischen Larve
zu einem langzüngigen, grünen Schuppenwesen –
ein präkosmischer Wille, frei
von stagnierender Lähmung aus Vernunft.
Verängstigt verkrochen sich die Menschen.
Chaos – die Kraft, aus der sie einst entstiegen –
lebte nur noch als verkümmerte Perversion
in ihren Herzen – etwas, das Panik verhieß.
Und während mein Pan
den Schrecken hinter sich her in ihre Welt flötete,
begatteten die Satyrn die Weiber,
verführten die Nymphen die Möchtegernmänner
in früher sicheren Straßen.
Mein Echsenleib wuchs über die Welt,
alles wurde eins und wieder alles.
Reine Energie.
Pulsieren.
Die Erfahrungen aller Zeitalter tanzten
auf meinen Schuppen, wurden zur Symphonie
einer neuen Schöpfung.
Endlich sehe ich mich.
Ein kleiner Mensch hinter einem Fenster,
der sich in mir ahnt, doch sich erst jetzt erkennt,
da er durch meine Augen blickt.
Immer ist er ich, immer bin ich alles.
Nie kann er sein Heim verlassen, nie kann ich eines haben.
Nur manchmal,
wenn die Nacht dunkel genug ist,
können die Augen sehen.
Dann treffen sich unsere Blicke
und öffnen die Tür zu alter Verheißung.
Nur manchmal,
wenn der Echsenkönig zurückkehrt …
(im Andenken an Jim Morrison)
© Sascha Besier