Die Zimmertür geht auf. Da steht er mit Koffer in der Hand und blickt in den leeren Raum. Nur ein Bett mit nackter Matratze steht nahe dem Fenster. Die Scheiben verstaubt. Es riecht nach Putz.
„Ein Anfang.“, seufzt er und hockt sich auf das Bett.
Der Bewährungshelfer hat ihm dabei geholfen eine billige Wohnung zu finden. Das smarte Phone das noch so neu für ihn ist, vibriert, er schreckt hoch.
„Was muss ich nochmal drücken? Ach ja, so geht das!“
Es war sein Bewährungshelfer mit einer freundlichen Drohung seine Auflagen nicht zu vernachlässigen und sich regelmäßig zu melden und sämtliche Fort-oder Rückschritte mitzuteilen. Er schreibt ein einfaches „Ok.“ zurück. Ausgestreckt mit gefalltetten Händen auf dem Bauch blickt er auf die karge Decke wo Farbreste des Vormieters dran kleben. Morgen war ein Vorstellungsgespräch. Nach so langer Zeit ging es Schritt für Schritt wieder Richtung Eigenständigkeit. Richtung Selbstbestimmung! Richtung Freiheit!
Er lächelte matt mit Sorgenfalten auf der Stirn.
Einen Monat später…
Er steckt mitten im Morgenverkehr. Überall nerviges Hupen. Drei Autos vor ihm fahren über die Ampel, dann springt sie direkt vor ihm plötzlich wieder auf Rot. Hupen links und rechts. Ein Krankenwagen rast vorbei.
Im Büro hockt er zwischen Trennwänden in einer kleinen Box und fertigt Aufträge ab. Sein Chef kommt herein und wirft ihm drei dicke Ordner auf den Tisch.
„Überstunden!“
„Aber ich muss später…“
„Wie?“
„Jawohl.“
Die Kaffeekanne ist leer, nur ein sterbend röchelndes Blubbern und ein paar Tröpflein fallen in seine Tasse. Er seufzt, nimmt die Kanne und geht in die Küche neuen Kochen für die Abteilung.
Das Licht geht an in seiner kleinen spärlich möblierten Wohnung. Aktenkoffer in den Flur geworfen, Schuhe ausgezogen und ab in die Küche. Fertiggericht und später ein Bier auf dem Sessel zum Abendprogramm. Sein smartes Phone vibriert. Der Bewährungshelfer mit Erinnerungen an einzuhaltende Termine.
„Ok.“
Er geht die Post durch. Rechnungen, Rechnungen, Rechnungen. Kredit abgelehnt. Rechnungen. Eine freundlich drohende Erinnerung des Vermieters er solle ja nicht seinen Flur-Dienst diese Woche vergessen!
Das Licht geht aus. Ab ins Bett. Über ihm toben sich die Nachbarn aus. Sie wird laut. Er liegt mit halb geöffneten Augen auf der Seite. Dreht sich zur anderen um und schläft genervt ein.
Einige Jahre später…
Das Licht geht an in seiner Wohnung. Die Tür zu, den Koffer wirft er in den Flur. Seufzend schlurft er in die Küche. Eine kahle flackernde Birne an der Decke. Da hockt er mit einem Foto von ihr und seinem Sohnemann. Tränen fallen darauf. Er legt es wieder zurück auf den Tisch neben dem großen Berg an dreckigen Tellern und fettigen Pfannen im Spülbecken. Auf dem fleckigen zerrissenen und bemalten Sessel geht er die Post durch. Rechnung, Rechnung, Mahnung, Rechnung, Kredit abgelehnt, Zahlungserinnerung für den Unterhalt. Und ein Schreiben von der Anwaltskanzlei seiner Ex-Frau. Er seufzt und geht vors Fenster. Keine Gitter dran. Den Vorhang beiseite geschoben schaut er dem monotonen Regen zu. Draußen Hupen die Autos. Sirenen. Nachbarn streiten und brüllen. Irgendwo fallen Schüsse. Kinder schreien und werfen Sachen herum in der Wohnung über ihm. Er putzt sich die Zähne, schlurft ins Schlafzimmer und geht ins Bett. Morgen ist Dienstag.