Hallo GedankenFee,
dein neuestes Werk heißt 'Fremdes Ich'. Fremdes Ich? Und schon bin ich neugierig …
Du erzählst von einem 'gewöhnlichen' Tag im Leben des LI.
Der Verlust / Das Fehlen des LD hat das LI verändert. Schmerz und Trauer bestimmen nun seine Tage. Doch das LI will seine Gefühle nicht zeigen, verbirgt sie hinter einer Maske, hält alles und alle auf Distanz. Am Abend setzt es die Maske wieder ab, erschöpft von der Rolle, die es während des Tages gespielt hat … spürt wieder schmerzhaft das Fehlen des LD, sehnt sich nach ihm … und läuft Gefahr sich selbst zu verlieren.
Sehr schön und sehr traurig. Ich meine, dein bisher eindrücklichstes Werk …
Ich weiß nicht so recht, ob ich dich dazu beglückwünschen soll!?
Jeden Tag
haucht mir Gott
schwarzes Leben ein
Gelungener Einstieg. Mit diesem düsteren Bild werde ich sofort in deine Geschichte, in dein Gedicht gezogen. Gefällt mir sehr.
Jeden Tag
gleiche Leute,
gleiche Laune,
gleiche Lust
Kurz und knackig. Die sich wiederholende erste Verszeile, die dreimalige Verwendung des Wortes 'gleich' und die dreimalige Wiederholung des Anlautes 'L' gibt dieser Strophe einen schönen monotonen Rhythmus, ist m.E. melodiös und 'vertont' gleichsam die frustrierende Langeweile, die das LI tagtäglich zu empfinden scheint. - Finde ich klasse.
Jeden Morgen
unter den strengen, schwarzen Augen
meine wundersame,
wunderschöne Maske aufsetzten-
damit ich alleine bleiben kann
in meiner Trümmerwelt
in meinen Tränen.
Das LI wird etwas 'redseliger', der Rhythmus etwas lebendiger.
Das LI setzt, wie jeden morgen, seine Maske auf, um – wie das eben mit Masken so ist – dahinter etwas zu verbergen.
Keiner soll mir zu nahe kommen
Niemand soll mich anfassen
Niemand sieht mein wahres Ich.
Hier verzichtest du auf die Verszeile 'Jeden Tag / Morgen'.
Der Rhythmus wird m.E. etwas unruhiger.
Keiner soll ...
Niemand soll ...
Niemand sieht …
Wenn ich diese Unruhe auch dem LI unterstelle, finde ich diese Versanfänge nachvollziehbar.
Hängt vielleicht einfach davon ab, was du mit diesen Zeilen erreichen willst.
Jeden Abend
völlig erschöpft,
völlig ersetzt
das fremde, vorgetäuschte
Leben absetzen
Hier näherst du dich wieder dem alten Rhythmus. Du greifst die erste Verszeile wieder auf (Jeden …) , beginnst die folgenden Verse zweimal mit 'völlig'. Finde ich gut.
'Völlig ersetzt' … bedeutet was?
Jeder soll mir Wärme schenken
Jeder,
aber nur du
nur du
bist nicht da
nur ich
selbst nicht mehr
Das LI beklagt die Abwesenheit des LD (Du). Das LI selbst fühlt sich so, als ob es gar nicht mehr existierte. Löst sich auf … in Trauer, Schmerz, …
GedankenFee, dein Gedicht hat mich berührt.
Gern gelesen
LG
Berthold