"Wir beschlossen, nicht darüber nachzudenken, wie alt wir waren", beginnt sie "aus Angst, dass wir uns bald schwach fühlen würden, weit entfernt von unserer jugendlichen Vision von uns selbst als alte Damen in geblümten Kleidern auf der Veranda, die Nachmittagstee trinken und Süßigkeiten essen, denn wen kümmert es, wie dick wir wurden. Und außerdem die Kleider - geräumig, flatternd wie Schmetterlingsflügel...."
Abrupt dreht sie sich mit ihrem manuellen Rollstuhl um und schiebt die riesigen Räder mit ihren sehnigen, geäderten Händen mit einer schwungvollen Bewegung an, um uns Rollen zu kommen.
Weißt du, für jemand der 103 Jahre jung ist (bewusst sage ich jung, darauf besteht sie!),
ist sie ziemlich stark, und geriet jetzt richtig in Fahrt- buchstäblich und verbal, als ich ihr zum Pavillon folge. „Wir wollten jünger aussehen...“ fasst sie zusammen, blickt kurz über ihre linke Schulter, als sähe sie dort ihre langjährige Freundin Gladys schweben, ihren Schutzengel, und fixiert mich mit ihrem direkten Blick „....jünger, als wir waren, nicht mit Hilfe von Färbemittel oder Gesichtsbehandlungen, diesen ausgefallenen plastischen Chirurgiezeug, sondern einfach nur durch unserer Einstellung, die einer ernsthaften Korrektur und Anpassung bedurfte.“ Und damit streicht sie die Falten ihres Kleides glatt, die sich in ihrem Schoß angesammelten haben, und man hat das Gefühl, dass es mehr ist als nur ein Glätten der Falten, als hätte sie einige angestaute Lasten abgeworfen und sie endlich losgelassen.
"Denn, waren wir nicht ein wenig kleinlich, sogar eifersüchtig gewesen - und hatten Groll gegen diejenigen gehegt, die mehr so, oder so, auf diese oder jene Weise waren, bevor wir im Laufe der Jahre, als das Ende nahte, zu Dankbarkeit erzogen wurden?" Plötzlich beugt sie sich etwas nach vorne und beginnt ernsthaft zu sprechen:
„Dieser Tod, an den wir keineswegs denken wollten, wie damals, als wir noch jung waren und zarte Angst hatten.“ Ich atme scharf ein und will
gerade etwas sage, denn sie ist dünn und leicht und ich habe bedenken, dass sie sich zu weit nach vorne neigt und fällt.
Natürlich sitze ich unmittelbar gegenüber, um sie aufzufangen, aber sie hebt ihre rechte Hand zu einer „Halt!“-Geste, weil sie weiß was ich gleich sagen werde. Ich halte brav den Mund, als ihre Stimme sich leicht anhebt „Warum sollten wir noch mehr Zeit mit Reue und Bedauern verschwenden, als wir ohnehin schon haben? Uns in andere Leben, an andere Orte träumen, wo doch jeder Tag wartete, wie ein Liebhaber, der unsere Schwächen und Fehler kennt und uns trotzdem aus dem warmen Bett ruft.“
© Donna H.
25. März 2025
Abrupt dreht sie sich mit ihrem manuellen Rollstuhl um und schiebt die riesigen Räder mit ihren sehnigen, geäderten Händen mit einer schwungvollen Bewegung an, um uns Rollen zu kommen.
Weißt du, für jemand der 103 Jahre jung ist (bewusst sage ich jung, darauf besteht sie!),
ist sie ziemlich stark, und geriet jetzt richtig in Fahrt- buchstäblich und verbal, als ich ihr zum Pavillon folge. „Wir wollten jünger aussehen...“ fasst sie zusammen, blickt kurz über ihre linke Schulter, als sähe sie dort ihre langjährige Freundin Gladys schweben, ihren Schutzengel, und fixiert mich mit ihrem direkten Blick „....jünger, als wir waren, nicht mit Hilfe von Färbemittel oder Gesichtsbehandlungen, diesen ausgefallenen plastischen Chirurgiezeug, sondern einfach nur durch unserer Einstellung, die einer ernsthaften Korrektur und Anpassung bedurfte.“ Und damit streicht sie die Falten ihres Kleides glatt, die sich in ihrem Schoß angesammelten haben, und man hat das Gefühl, dass es mehr ist als nur ein Glätten der Falten, als hätte sie einige angestaute Lasten abgeworfen und sie endlich losgelassen.
"Denn, waren wir nicht ein wenig kleinlich, sogar eifersüchtig gewesen - und hatten Groll gegen diejenigen gehegt, die mehr so, oder so, auf diese oder jene Weise waren, bevor wir im Laufe der Jahre, als das Ende nahte, zu Dankbarkeit erzogen wurden?" Plötzlich beugt sie sich etwas nach vorne und beginnt ernsthaft zu sprechen:
„Dieser Tod, an den wir keineswegs denken wollten, wie damals, als wir noch jung waren und zarte Angst hatten.“ Ich atme scharf ein und will
gerade etwas sage, denn sie ist dünn und leicht und ich habe bedenken, dass sie sich zu weit nach vorne neigt und fällt.
Natürlich sitze ich unmittelbar gegenüber, um sie aufzufangen, aber sie hebt ihre rechte Hand zu einer „Halt!“-Geste, weil sie weiß was ich gleich sagen werde. Ich halte brav den Mund, als ihre Stimme sich leicht anhebt „Warum sollten wir noch mehr Zeit mit Reue und Bedauern verschwenden, als wir ohnehin schon haben? Uns in andere Leben, an andere Orte träumen, wo doch jeder Tag wartete, wie ein Liebhaber, der unsere Schwächen und Fehler kennt und uns trotzdem aus dem warmen Bett ruft.“
© Donna H.
25. März 2025
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