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Feedback jeder Art GEWALT

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  • S. Athmos Welakis
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05.05.2019
GEWALT
tiefes loch
menschenkein
finsternis
zeit
 
fassungslos
tränenschwer
honigzäh
tropft
würgt erstickt
bloßgestellt
ausgezehrt
nackt
dumpfer schlag
zitterangst
ob verhallt
still
näher kommt
schritt auf schritt
hämmert laut
zuckt
schlüssel klirrt
riegel schlägt
anker knarrt
weicht
brüllend groll
blendend grell
hart gepackt
wehrt
 
rutenknall
wütend peitscht
unterleib
schreit
knüppelt drischt
hieb um hieb
aufgeplatzt
spritzt
winselt noch
lache bös
niedertritt
aus
irgendwann
schmerzverzerrt
findet sich
dreck
welcher tag
welche nacht
eiseskalt
schluchzt
willenlos
würdelos
seelenlos
leer
tiefes loch
totengleich
finsternis
ruh
 
S. Athmos Welakis
 
Lieber Athmos,
 
Wort für Wort hageln Deine Gedanken auf mich ein. Ähnlich wie es für das Menschenkein Beschimpfungen, Erniedrigungen und Schläge hagelte. Der Leser spürt den Schmerz zwar nicht am eigenen Körper, kann diesen aber deutlich herauslesen.
 
Du beschreibst einen mit Angst, Schrecken und Schmerz gepflasterten Leidensweg. Man könnte fast meinen, die Finsternis war dem geplagten Kind ein Zufluchtsort geworden. Sie bot die Stille, in die sich das LI zurückziehen konnte. Was blieb ihm auch, außer Rückzug als Überlebensstrategie?
 
Deine schlagkräftigen Worte stehen da. Treffsicher sind sie gerade nicht in einen Text eingebettet. Es sind nackte Fakten, die mir das Atmen deutlich erschweren.
 
Kein Kind sollte so etwas erleben müssen. Leider werden Kinder, als Schwächste, Opfer von Gewalt. Sie sind den Launen der Erwachsenen schutzlos ausgeliefert. Umso wichtiger ist es hinzuschauen und helfend zu handeln, um die Kinder aus ihrer misslichen Lage zu befreien.
 
Herzlichst Juls
 
 
 
Liebe Julie, bevor falsche Vermutungen aufkommen: Das Gedicht ist nicht autobiografisch.
 
Ich versuche mit meinem Gedicht die Situation eines Heimkindes aus seiner begrenzten Sicht heraus zu beschreiben, das völlig orientierungslos im Kerker gefangen ist, und an dem eine "erzieherische Maßnahme" verübt wird. Es kennt keine Gründe, keine Erklärung. Die physische Misshandlung wird dadurch psychisch potenziert, bis zur Selbstauflösung ...
 
Die Bekämpfung dieser Mißstände war Ende der 60er Jahre der Beginn einer Entwicklung, die schließlich absolut entartet in der RAF ihren terroristischen Höhepunkt erreichte.
 
Als Impuls für dieses Gedicht dienten mir das Buch "Schläge im Namen des Herrn" von Peter Wensierski und der darauf basierende Film "Und alle haben geschwiegen" mit Senta Berger und Matthias Habich. Außerdem auch der französische Film "Die Kinder des Monsieur Matthieu".
 
Liebe Grüße,
Athmos
 
P.S.: Ach, übrigens, Julie,
 
könntest Du mir Deinen folgenden Gedanken nochmal erläutern, insbesondere was Du mit "Nicht treffsicher" meinst?
Deine schlagkräftigen Worte stehen da. Treffsicher sind sie gerade nicht in einen Text eingebettet.
 
Liebe Grüße,
Athmos
 
Lieber Athmos,
tief beeindruckend!
Worte wie Gewehrschüsse kennzeichnen die Stationen des Kreuzwegs eines kindlichen Opfers der Gewalt, für das es kein Erbarmen, kein Entrinnen gibt, nur die Erlösung durch den Tod.
Form und Inhalt zeigen überzeugend Grenzen von Dichtung auf.
Donnerwetter! Sehr gelungen! 
 
Lieben Gruß
Carolus
 
Deine schlagkräftigen Worte stehen da. Treffsicher sind sie gerade nicht in einen Text eingebettet.
Das "nicht" bezieht sich auf "in einen Text eingebettet". Das verdeutlicht auch noch einmal die Isolation, in der sich dieses Kind befunden haben muss.
 
Es ist wichtig, auf die Missstände der Schwächsten hinzuweisen. Das ist Dir mit diesen Zeilen eindrucksvoll gelungen. 
 
Liebe Grüße Juls
 
@Carolus, @Darkjuls
 
Lieber Carolus,
ich bedanke mich sehr für Deine Worte, Du bestätigst mir, dass ich meine beabsichtigte Wirkung erzielen konnte. Aus Deinem Munde ehrt mich das besonders. Statt "Grenzen der Dichtung" vermute ich, dass Du ihre Möglichkeiten meinst ...
 
Liebe Julie,
Deine Wahrnehmung deckt sich mit Carolus. Mit Deinem Satz möchtest Du also offensichtlich aussagen: "Treffsicher sind sie in einen Nicht-Text eingebettet." Das ist genau meine Absicht gewesen. Ich danke auch Dir für Deine Mitfühlung!
 
Ich habe in diesem Thema ganz bewusst die Grammatik auf das Minimum reduziert. Sie ist sozusagen ebenfalls zum Opfer geworden. Die Worte stehen dadurch genau so zerfetzt da wie das Menschenkein.
 
Liebe Grüße,
Athmos
 
  • S. Athmos Welakis
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