Hallo Lotte,
Genügsamkeit. Zwar bemühe ich mich meist recht erfolgreich darum, nicht zu pessimistisch zu denken, aber meist heißt eben nicht immer. Manchmal frage ich mich auch, ob nicht doch eine solide Anzahl jüngerer Menschen erst mal googeln muss, um herauszufinden, was dieses Wort bedeutet ... es gerät wohl zunehmend in Vergessenheit.
Nimmersatt. Aber das. möchte ich sagen, ist nicht die Schuld der jungen Menschen selbst. Sondern die der vielen Älteren - von denen sie das eingeimpft bekamen und bekommen. Ich habe mich mal, interessehalber, etwas mit Marketingpsychologie beschäftigt. Und - es erschreckend gefunden. Werbung ist nicht nur suggestiv - sie ist, eindeutig, manipulativ. Wiederholung ist Verstärkung - deshalb werden die jungen Leute buchstäblich 'kindheitsgeprägt'. Künstlich Bedürfnisse erzeugt, die gar keine sind. Diese Manipulation führt dazu, dass Menschen wirklich glauben, Dinge zu brauchen. Auch wenn das Dinge sind, die in Wirklichkeit niemand braucht. Nimmt man dann noch andere psychologische Gesichtspunkte hinzu, wie z. B. Nachahmungstrieb, Gruppendruck/-zwang etc., dann zeigt sich ein äußerst unschönes Bild.
Ein Beispiel dafür wäre die sattsam bekannte Bier-Werbung. Ein Segelschiff, mit grünen Segeln (grün, Farbe der Hoffnung, wird als positiv empfunden), junge, strahlend lächelnde, fröhliche Menschen, nach allgemeinen Kriterien als attraktiv empfunden - mit Bierflaschen in der Hand. Das offene Meer - wird mit Weite und Freiheit assoziiert.
Übersetzt: Du willst Spaß haben? Fröhlich sein? Dazu gehören? Dich frei fühlen? Dann - trink Alkohol!
Tja. Ein trauriges Kapitel, solche Manipulation. Denn das neuronale Netzwerk im menschlichen Gehirn muss ca. 18 Jahre lang 'reifen', sich fertig ausbilden. Es trifft genau den Punkt, wenn bei Kindheit und Jugend von der 'Prägephase' gesprochen wird. Kindheitsprägungen gehen tief - sind es z. b. schlechte Erlebnisse, braucht es Jahre der Therapie, um auch nur eine solche Prägung 'überlagern' zu können - und: 'Löschen' geht nicht. Was uns in Kindheit und Jugend prägt, geht viel tiefer als alles, was wir als Erwachsene erleben. Damit werden wir leichter fertig.
Und, ob nun diese Alkoholwerbung oder auch Videospiele - es gibt Seminare. Wo leitende Angestellte und Führungskräfte sich ganz gezielt in bewusster und gewollter Manipulation schulen lassen. Gut besuchte Seminare.
Ebenso traurig ist die Sache mit dem Gruppendruck. Junge Menschen sind in ihrer 'Orientierungsphase' - eine schwierige Zeit, in der sie herausfinden müssen: Wer bin ich und wo will ich hin? Zugleich ist es auch die Phase der allmählichen Loslösung von den Eltern - aber Jugendliche brauchen trotzdem,da ein Teil von ihnen auch noch 'Kind' ist, einen 'Halt'. Den finden sie in einer 'Gruppe' - Gruppenzugehörigkeit. Nachahmung, in dieser Zeit besonders stark. Smartphones, Spielekonsolen - ich auch! Dann gehöre ich dazu!
Und das wird ebenso von der Industrie wissentlich und willentlich für ihre Zwecke benutzt. 'Nimmersatte' sind 'gemachte und gewollte' Nimmersatte. Jedes Jahr ein neues Smartphone. Ständig neue Markenkleidung. Immer wieder die neueste Spielekonsole. Weil - junge Menschen 'unter Druck gesetzt' werden - hast du nichts, bist du nichts.
Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Das gilt auch andersherum - was Hänschen lernt, vergisst Hans nimmermehr. Und bleibt - nimmersatt.
Leider steht man als Eltern auf ziemlich verlorenen Posten, wenn man versucht, dagegen anzugehen. Man findet sich in der Rolle des Don Quichotte, der gegen Windmühlen anreitet. Und - das geht nicht erst seit heute so. Nein, das geht schon lange so. Viele Eltern gehen auch gar nicht dagegen an - weil sie selbst bereits auf 'Nimmersatt' geprägt wurden, in ihrer Kindheit und Jugend. So setzt es sich dann über Generationen fort.
Ich werde nicht müde, für die Vernunft zu plädieren. Denn nur diese kann diesen generationenübergreifenden, fatalen Mechanismus durchbrechen.
Immaterielle Werte - eindeutig ja. Aber selbst dabei gilt trotzdem Vorsicht. Denn da gibt es andere Bedrohungen. Die sich Religionen und Ideologien nennen. Es muss achtgegeben werden, den Teufel nicht gegen den Beelzebub zu tauschen.
Ach ja, eins noch. 'Haben ist besser als brauchen' ist eine sehr gängige und viel benutzte Redewendung, die ich wirklich, wirklich gerne - als Unwort des Jahres, Jahrzehnts, Jahrhunderts vorschlagen möchte! :angry: Haben, was man wirklich braucht. So würde ein Schuh daraus!
Gerne gelesen und zustimmend genickt. :smile:
LG,
Anonyma