Cornelius
Autor
In einem kleinen Kabinett
sitzt Meister Händel am Spinett.
Bei ihm steht eine Sängerin
und trällert traurig vor sich hin.
Man probt soeben den "Ottone".
Nach einem sanft gehauchten Tone
verstummt die neue Nachtigall.
Adagios sind nicht ihr Fall.
"Dies Liedchen ist ein Stimmungskiller.
Da fehlen Läufe, Sprünge, Triller!
Man langweilt sich ja bald zu Tode
bei dieser schlichten Trauerode."
Er poltert: "Freilich, in Italien,
da liebt man lärmende Lappalien
und macht mit ihnen leicht Furore..."
- "Ihr predigt einem tauben Ohre.
Nein, für mein Londoner Debüt
will ich ein Schlachtross von Geblüt.
Ein solches, Maestro, sattelt mir.
Ich warte nicht bis morgen hier."
"Madame hat Haare auf den Zähnen
und will sich aus dem Fenster lehnen.
Ihr dürft wohl Teufelin Euch nennen.
Lernt mich als Beelzebub jetzt kennen!"
Er nennt sie noch galant "Kanaille",
schlingt einen Arm um ihre Taille
und hält sie aus dem vierten Stock
mit Aussicht auf das Hafendock.
Nun macht sie doch noch gute Miene
zu der verschmähten Kavatine,
gelobt, sie nicht zu hinterfragen
und bald recht innig vorzutragen.
Am Tag der großen Premiere
quillt manche helle Freudenzähre,
die billig aus dem Auge dringt,
wenn solch Sirenensang erklingt.
Es brandet tosender Applaus
für diesen edlen Ohrenschmaus.
Madame Cuzzoni lobt ein jeder,
man preist auch Händel Notenfeder.
Des Meisters erster Biograf,
der jenen noch persönlich traf,
hat die Begebenheit berichtet
und schwor, sie wäre nicht erdichtet.
Zu derselben Anekdote hat auch unser Mit-Poet Georg C. Peter ein Gedicht ("Händel und der Sopran") auf YouTube veröffentlicht, das ich hier im Forum schmerzlich vermisse...
sitzt Meister Händel am Spinett.
Bei ihm steht eine Sängerin
und trällert traurig vor sich hin.
Man probt soeben den "Ottone".
Nach einem sanft gehauchten Tone
verstummt die neue Nachtigall.
Adagios sind nicht ihr Fall.
"Dies Liedchen ist ein Stimmungskiller.
Da fehlen Läufe, Sprünge, Triller!
Man langweilt sich ja bald zu Tode
bei dieser schlichten Trauerode."
Er poltert: "Freilich, in Italien,
da liebt man lärmende Lappalien
und macht mit ihnen leicht Furore..."
- "Ihr predigt einem tauben Ohre.
Nein, für mein Londoner Debüt
will ich ein Schlachtross von Geblüt.
Ein solches, Maestro, sattelt mir.
Ich warte nicht bis morgen hier."
"Madame hat Haare auf den Zähnen
und will sich aus dem Fenster lehnen.
Ihr dürft wohl Teufelin Euch nennen.
Lernt mich als Beelzebub jetzt kennen!"
Er nennt sie noch galant "Kanaille",
schlingt einen Arm um ihre Taille
und hält sie aus dem vierten Stock
mit Aussicht auf das Hafendock.
Nun macht sie doch noch gute Miene
zu der verschmähten Kavatine,
gelobt, sie nicht zu hinterfragen
und bald recht innig vorzutragen.
Am Tag der großen Premiere
quillt manche helle Freudenzähre,
die billig aus dem Auge dringt,
wenn solch Sirenensang erklingt.
Es brandet tosender Applaus
für diesen edlen Ohrenschmaus.
Madame Cuzzoni lobt ein jeder,
man preist auch Händel Notenfeder.
Des Meisters erster Biograf,
der jenen noch persönlich traf,
hat die Begebenheit berichtet
und schwor, sie wäre nicht erdichtet.
Zu derselben Anekdote hat auch unser Mit-Poet Georg C. Peter ein Gedicht ("Händel und der Sopran") auf YouTube veröffentlicht, das ich hier im Forum schmerzlich vermisse...