Hallo Sternwanderer,
zu Beginn: Mir sagen der feinsinnige Humor, das leise Augenzwinkern im Hintergrund, das hier begleitet, sehr zu. Ich habe eine ganz besondere Vorliebe für fein- und auch tiefsinnigen Humor (was tatsächlich kein Widerspruch ist). Und ich betrachte mich, als Person, die ebenso Satiren schreibt und auch schon ein, zwei Moritate schrieb, ebenfalls mit einem Schmunzeln - passt eigentlich zusammen wie Zwiebeln und Schokoladenpudding, aber bei mir passt es irgendwie trotzdem. :wink:
Ich wollte doch nur -
die Welt verändern, doch mit
dem Finger schnippen klappte nicht.
Dann sprach ich die Zauberformel
---------- – Hex Hex –
auch das funktionierte nicht.
Das einfache Fingerschnippen, gefolgt von einer Zauberformel - also von etwas weit Schwierigerem, das sehr kompliziert sein kann. Hex Hex betrachte ich als exemplarisches Beispiel.
In meiner Deutung kann das auch auf die Jugend des LI hinweisen. Es schwingt für mich hier auch ein wenig 'jugendliche Naivität' mit. Denn ich erinnere mich dabei an mich, an meine jungen Jahre. Als die Welt noch voller Möglichkeiten schien und mein Kopf - was hier zum Thema gehört - noch voller Träume war.
Es tobte der Wind am hellenTag
rasch öffnete ich das Fenster, er sollte herein
ich hoffte es sei ein Träumesturm und hielt
meine Arme zur Begrüßung ganz weit.
Auch ich deute hier einen Tagtraum heraus, durch 'am hellen Tag'. (Allerdings muss das kein 'neuer' Traum sein, ich kann das Gedicht auch dahingehend interpretieren, dass es hier sogar um einen langgehegten Traum gehen kann. Einen Traum, der das LI schon seit vielen Jahren durch das Leben begleitet.) Manchmal kann so ein Tagtraum auch einen 'Gedankensturm' an allen möglichen Ideen, die in alle möglichen Richtungen gehen, auslösen. (Oder, bei einem langgehegten Traum, scheint es kurz doch so zu sein, als ob eine 'Erfüllung' in Sicht sein könnte.) Ein 'Träumesturm'. Gefolgt von dem Wunsch, dass sich daraus vielleicht ganz neue Erkenntnisse gewinnen lassen. Symbolisch dargestellt mit den 'Armen, die sich zur Begrüßung ganz weit' - und hier mein kleiner Kritikpunkt. Da fehlt etwas:
... hielt meine Arme zur Begrüßung ganz weit
geöffnet.
Oder vielleicht auch:
...
öffnete meine Arme zur Begrüßung ganz weit.
Da hast du ein Wort vergessen, denke ich. :wink:
Er zog vorbei, ich blieb enttäuscht zurück
bis zu guter Letzt harrte ich am Fenster aus
zögernd schloss ich dann die Flügel, immer noch
hoffend auf ein Déja -vue, bis mir bewusst wurde:
– Träume erfüllen sich nur in der Nacht –
Tja, aber manchmal, da ist ein Traum nur ein Traum, führen Gedanken und Ideen auch (leider) 'nirgendwohin', keine zündende Idee, keine neue Erkenntnis, es 'verläuft ins Leere'.
Auch hier - ich finde besonders die Bilder und deren Symbolik sehr schön. Das Ausharren am Fenster, das Zögern beim Schließen von dessen Flügeln. Letzeres mag ich ganz besonders, denn ja, die Flügel des Geistes, ausgebreitet, bereit zum 'Höhenflug', getragen von einem Traum, das ist eine sehr schöne 'Bebilderung'. Gefolgt von der Hoffnung auf ein Déjà-vu. Das LI ist noch nicht bereit, seinen Traum aufzugeben, woraus ich wiederum entnehmen kann, dass es ein wunderbarer Traum gewesen sein muss und das Aufgeben somit umso schwerer.
Ich verstehe den letzten Vers, die Conclusio, im übertragenen Sinn. Als Versinnbildlichung von 'Wirklichkeit und Wunschdenken (Traum)'. Denn das ist es, woran so viele Träume (unglücklicherweise) scheitern: An der Realität.
Sehr gut gefällt mir auch, dass hier der helle Tag den Traum symbolisiert und die Nacht, die 'Dunkelheit', dafür die Realität. Ja, die Wirklichkeit kann 'finster' sein - eine 'Traumzerstörerin' und auch eine 'Diebin', denn sie stiehlt Illusionen ...
Sehr gerne gelesen und mit geträumt. :smile:
LG,
Anonyma