rupert.lenz
Autor
Jetzt schlägt’s Dreizehn
13 in kurzer Gedichtform verfasste Geschichten um „berühmte letzte Worte“
( schwer, sie in eine Kategorie einzuordnen, da ich's aber nicht bierernst meinte
und das meiste davon mehr oder weniger komisch ist... landet das Werk eben hier.
Es ist auch wirklich "zusammenhängend" entstanden,
also will ich's nicht zerstückeln ).
1 ) Der Naturwissenschaftler
„Ein unerwartetes Wunder...“
„Immer wollen sie was wissen
Und sie machen ihre Tests,
doch wissen dann noch nicht genug.
Wenn ich für die Forschung sterbe
ist’s nur ein Tod unter vielen“,
sprach das Tier aus dem Professor,
der nach vielen Stunden Arbeit
müde dasaß im Labor.
Er sah auf die Versuchskaninchen
und verstarb wie eins von ihnen.
2 ) Die Professionelle
„Aus Gewohnheit gut...“
Vom ältesten Gewerbe
am Körper längst verbraucht
und auch nicht mehr ganz helle
war die Salome,
das war ihr Künstlername.
„Mach schnell, ich bin geschlaucht !“
begrüßte sie den
Sensenmann
im Separee.
3 ) Der Geistliche
„Die fehlende Zeit...“
Ein Pfarrer, der es liebte, von der Kanzel
den Gottesdienstbesuchern stets zu drohen
dass sie, wenn sie das Sündigen nicht lassen,
in Höllentöpfen sieden werden,
kam in der Todesstunde sehr ins Schwitzen.
„Ach Gott, ich hab vergessen, wenn ich drohte,
den Sündern von Vergebung zu erzählen !
Oh bitte, schenk mir Zeit, es anzufügen !“
Und trotzdem ließ der Herr ihn sterben,
vielleicht in seinem Höllentopf auch sitzen.
4 ) Junger Adel
„Bruderliebe, zweigeteilt...“
Ein Kronprinz, den einst, auf der Jagd,
ein „Querschläger“ getroffen hat,
ließ seinen Bruder zu sich kommen,
der ebenso dran teilgenommen.
„Du Dummkopf willst den Thron wohl erben ?
Du hättest besser zielen müssen !
Nicht ich, nein Du wirst heute sterben !“
Ein Dolch, versteckt unter nem Kissen,
drang nun durch des Verräters Leib.
„Ich bin nicht schuld, es war mein Weib...“
hob dieser an zur letzten Rede,
kam ins Röcheln, spuckte Blut,
griff zum Halt nach der Tapete
und fuhr dann fort mit letztem Mut:
„...das wollte, dass ich König werde,
drum bring auch sie unter die Erde,
ich schwör dir, Bruder, es ist wahr...
verzeiht mir, Du und auch Papa !“
Doch beide Prinzen starben dann.
Der Kronprinz log den Bruder an,
hatte ihn bloß zu sich gebeten,
um im Triumphe abzutreten.
5 ) Der Jurist
„Wenn der Schlaf die Erinnerung raubt...“
Der alte Richter im Talar
nahm seine Umwelt nicht mehr wahr
er hielt sich selber fürs Gesetz
der Rest war sowieso Geschwätz
„Ich zeig’s euch Redeakrobaten,
Rechtsverdrehern, Advokaten !
Wer schuldig ist, wird doch bestraft,
ich misch jetzt einen Todessaft
hinein in diese Whiskyflasche
und tu sie in die Aktentasche,
besuch damit die Euretwegen
freigekommenen Halunken !“
Am nächsten Morgen, leicht daneben,
hat er den Whisky selbst getrunken.
6 ) Der Mysteriöse
„Was man nicht vergessen kann...“
Als Merlin starb, mit Zauberstab...
natürlich in der Hand,
da ließ er Artus rufen,
weil kein besserer sich fand,
um ihm ins Ohr zu flüstern:
„Zieht das Schwert nicht aus dem Stein,
dann wird der Tölpel, der es tut
uns stets zu Willen sein !“
7 ) Der Schauspieler
„Eine allerletzte Gelegenheit...“
Der große Mime, schon im Greisenalter
und lange Jahre nicht mehr auf der Bühne
er wollte noch ein mal den Hamlet geben...
zu spät. Da lag er kreidebleich im Sarg,
der aufgebahrt zu seiner letzten Ehre
zum letzten Mal ein Publikum ihm brachte,
das dachte, seine Stimme käm vom Tonband:
„Es ist was faul im Staate Dänemark !“
8 ) Alter Adel
„Gut vorbereitet...“
Die hochbetagte Baroness,
Mäzenin feiner Künste,
sie naschte gern was Süßliches
und war auch nicht die Dümmste.
Sie wartete auf den Baron,
damit er sie ins Jenseits bringt,
denn dort, im Jenseits, war er schon.
Sie hörte, wie Musik erklingt,
da wusste sie, jetzt ist’s so weit
und naschte noch ne Kleinigkeit,
um dann des Gatten Hand zu fassen:
„Du hast Dir wirklich Zeit gelassen...
ne schöne Zeit ist es gewesen.
Gemälde sehn und Bücher lesen,
abhold der reinen Fleischeslust. –
Hab’s ohne Dich ja nicht gemusst ! –
Jetzt ist der Urlaub wohl vorbei...
na gut, ich mach mich schon mal frei.“
Dazu ist’s dann nicht mehr gekommen,
er hat sie auch im Kleid genommen.
9 ) Der brotlose Künstler
„Eine späte Erleuchtung...“
Ein Maler, ein verkannter,
den man auch nie kennen sollte,
griff nach Pinsel und Palette
und trat vor die Staffelei,
doch
als er die Leinwand ansah
warf er alles aus den Händen,
und sagte, eh der Schlag ihn traf:
„Das Weiß ist einwandfrei !“
10 ) Der Philosoph
„So bleibt vieles ungeschrieben...“
Gebeugt über den Schriften
und wie so oft am Suchen
nach einem weisen Wort, das er
dort einmal unterstrichen hat
um’s dann korrekterweise
mit Namen und mit Quelle
in einen seiner schlauen Briefe
einzubauen als Zitat
erwischt den Philosophen
ganz gegen seine ruhige Art
die böse Tort der Ungeduld
die er so gerne schelten tat.
„Verdammt sei Aristoteles !
Es stand doch bei Diogenes !
Und wenn ich es bei dem nicht finde...
leckt mich doch, Gesinde !
Ihr kotzt mich schon ein Leben lang
mit eurem Schmarren endlos an,
und doch hab ich’s mit euch vertan.“
Da war’s vorbei. Dem alten Mann
sollt so sein allerletztes Schreiben
leider unvollendet bleiben,
da ihm, erdrückt vom Bücherkram,
ein Herzinfarkt dazwischenkam.
11 ) Die Ordensfrau
„Was Wichtiges zur unbedingten Weitergabe...“
Die kranke Mutter Oberin,
umringt von ihren Schwestern,
rief nach ihrer Nachfolgerin.
„Zur Strafe, wenn sie lästern,
lass alle Gurken und Bananen
aus dem Kloster schaffen !“
Nach dem Geflüster kam ein „Amen“,
dann ist sie entschlafen.
12 ) Der Politiker
„Ein Wort zu viel...“
Ein Präsident im Ruhestand
natürlich in Amerika
und dort auch ziemlich lang im Amt
als noch der eiserne Vorhang war
der gab noch mal ein Interview –
tatsächlich auf dem Sterbebett –
mit dem Reporter längst per Du
der’s dann verschwieg aus Pietät.
Man bot ihm zwar ne Stange Geld
und hätt es gerne abgedruckt
doch vorenthalten wurd der Welt
was jener Staatsmann ausgespuckt:
„Ich hasste die Sowjetunion
hätt gern den roten Knopf gedrückt
das ganze Kommunistenpack
ratzfatz zum Teufel heimgeschickt
doch ich war nur der Präsident
und der hat gar nicht diese Macht
hätt ich getan, was mir gefällt
dann hätte man mich umgebracht
und als ich dann in Rente ging
da kannt ich gut den wahren Feind
der virulent Demokratien
bedroht, und längst in ihnen keimt.
Wer ist es, der das Spiel bestimmt
und Stück um Stück die Freiheit nimmt ?
Such sie Dir aus, die Flagge, das Land
das Geld hat alle in der Hand
und dann kommst Du, als
Patriot !“
Nach diesem Wort, da war er tot.
13 ) Der Cineast
„Einsamkeit hat einen Namen...“
Da war kein Schlitten,
gar nichts, was der Industriemagnat,
der einsam saß in seinem großen Haus,
als Kind so sehr geliebt hat,
damit seine Angst, dass man ihn davon trennt
hervorscheint, als er dann alleine starb,
und trotzdem sagt er: „Rosebud.“ !
Rupert 25./26.3.2011
13 in kurzer Gedichtform verfasste Geschichten um „berühmte letzte Worte“
( schwer, sie in eine Kategorie einzuordnen, da ich's aber nicht bierernst meinte
und das meiste davon mehr oder weniger komisch ist... landet das Werk eben hier.
Es ist auch wirklich "zusammenhängend" entstanden,
also will ich's nicht zerstückeln ).
1 ) Der Naturwissenschaftler
„Ein unerwartetes Wunder...“
„Immer wollen sie was wissen
Und sie machen ihre Tests,
doch wissen dann noch nicht genug.
Wenn ich für die Forschung sterbe
ist’s nur ein Tod unter vielen“,
sprach das Tier aus dem Professor,
der nach vielen Stunden Arbeit
müde dasaß im Labor.
Er sah auf die Versuchskaninchen
und verstarb wie eins von ihnen.
2 ) Die Professionelle
„Aus Gewohnheit gut...“
Vom ältesten Gewerbe
am Körper längst verbraucht
und auch nicht mehr ganz helle
war die Salome,
das war ihr Künstlername.
„Mach schnell, ich bin geschlaucht !“
begrüßte sie den
Sensenmann
im Separee.
3 ) Der Geistliche
„Die fehlende Zeit...“
Ein Pfarrer, der es liebte, von der Kanzel
den Gottesdienstbesuchern stets zu drohen
dass sie, wenn sie das Sündigen nicht lassen,
in Höllentöpfen sieden werden,
kam in der Todesstunde sehr ins Schwitzen.
„Ach Gott, ich hab vergessen, wenn ich drohte,
den Sündern von Vergebung zu erzählen !
Oh bitte, schenk mir Zeit, es anzufügen !“
Und trotzdem ließ der Herr ihn sterben,
vielleicht in seinem Höllentopf auch sitzen.
4 ) Junger Adel
„Bruderliebe, zweigeteilt...“
Ein Kronprinz, den einst, auf der Jagd,
ein „Querschläger“ getroffen hat,
ließ seinen Bruder zu sich kommen,
der ebenso dran teilgenommen.
„Du Dummkopf willst den Thron wohl erben ?
Du hättest besser zielen müssen !
Nicht ich, nein Du wirst heute sterben !“
Ein Dolch, versteckt unter nem Kissen,
drang nun durch des Verräters Leib.
„Ich bin nicht schuld, es war mein Weib...“
hob dieser an zur letzten Rede,
kam ins Röcheln, spuckte Blut,
griff zum Halt nach der Tapete
und fuhr dann fort mit letztem Mut:
„...das wollte, dass ich König werde,
drum bring auch sie unter die Erde,
ich schwör dir, Bruder, es ist wahr...
verzeiht mir, Du und auch Papa !“
Doch beide Prinzen starben dann.
Der Kronprinz log den Bruder an,
hatte ihn bloß zu sich gebeten,
um im Triumphe abzutreten.
5 ) Der Jurist
„Wenn der Schlaf die Erinnerung raubt...“
Der alte Richter im Talar
nahm seine Umwelt nicht mehr wahr
er hielt sich selber fürs Gesetz
der Rest war sowieso Geschwätz
„Ich zeig’s euch Redeakrobaten,
Rechtsverdrehern, Advokaten !
Wer schuldig ist, wird doch bestraft,
ich misch jetzt einen Todessaft
hinein in diese Whiskyflasche
und tu sie in die Aktentasche,
besuch damit die Euretwegen
freigekommenen Halunken !“
Am nächsten Morgen, leicht daneben,
hat er den Whisky selbst getrunken.
6 ) Der Mysteriöse
„Was man nicht vergessen kann...“
Als Merlin starb, mit Zauberstab...
natürlich in der Hand,
da ließ er Artus rufen,
weil kein besserer sich fand,
um ihm ins Ohr zu flüstern:
„Zieht das Schwert nicht aus dem Stein,
dann wird der Tölpel, der es tut
uns stets zu Willen sein !“
7 ) Der Schauspieler
„Eine allerletzte Gelegenheit...“
Der große Mime, schon im Greisenalter
und lange Jahre nicht mehr auf der Bühne
er wollte noch ein mal den Hamlet geben...
zu spät. Da lag er kreidebleich im Sarg,
der aufgebahrt zu seiner letzten Ehre
zum letzten Mal ein Publikum ihm brachte,
das dachte, seine Stimme käm vom Tonband:
„Es ist was faul im Staate Dänemark !“
8 ) Alter Adel
„Gut vorbereitet...“
Die hochbetagte Baroness,
Mäzenin feiner Künste,
sie naschte gern was Süßliches
und war auch nicht die Dümmste.
Sie wartete auf den Baron,
damit er sie ins Jenseits bringt,
denn dort, im Jenseits, war er schon.
Sie hörte, wie Musik erklingt,
da wusste sie, jetzt ist’s so weit
und naschte noch ne Kleinigkeit,
um dann des Gatten Hand zu fassen:
„Du hast Dir wirklich Zeit gelassen...
ne schöne Zeit ist es gewesen.
Gemälde sehn und Bücher lesen,
abhold der reinen Fleischeslust. –
Hab’s ohne Dich ja nicht gemusst ! –
Jetzt ist der Urlaub wohl vorbei...
na gut, ich mach mich schon mal frei.“
Dazu ist’s dann nicht mehr gekommen,
er hat sie auch im Kleid genommen.
9 ) Der brotlose Künstler
„Eine späte Erleuchtung...“
Ein Maler, ein verkannter,
den man auch nie kennen sollte,
griff nach Pinsel und Palette
und trat vor die Staffelei,
doch
als er die Leinwand ansah
warf er alles aus den Händen,
und sagte, eh der Schlag ihn traf:
„Das Weiß ist einwandfrei !“
10 ) Der Philosoph
„So bleibt vieles ungeschrieben...“
Gebeugt über den Schriften
und wie so oft am Suchen
nach einem weisen Wort, das er
dort einmal unterstrichen hat
um’s dann korrekterweise
mit Namen und mit Quelle
in einen seiner schlauen Briefe
einzubauen als Zitat
erwischt den Philosophen
ganz gegen seine ruhige Art
die böse Tort der Ungeduld
die er so gerne schelten tat.
„Verdammt sei Aristoteles !
Es stand doch bei Diogenes !
Und wenn ich es bei dem nicht finde...
leckt mich doch, Gesinde !
Ihr kotzt mich schon ein Leben lang
mit eurem Schmarren endlos an,
und doch hab ich’s mit euch vertan.“
Da war’s vorbei. Dem alten Mann
sollt so sein allerletztes Schreiben
leider unvollendet bleiben,
da ihm, erdrückt vom Bücherkram,
ein Herzinfarkt dazwischenkam.
11 ) Die Ordensfrau
„Was Wichtiges zur unbedingten Weitergabe...“
Die kranke Mutter Oberin,
umringt von ihren Schwestern,
rief nach ihrer Nachfolgerin.
„Zur Strafe, wenn sie lästern,
lass alle Gurken und Bananen
aus dem Kloster schaffen !“
Nach dem Geflüster kam ein „Amen“,
dann ist sie entschlafen.
12 ) Der Politiker
„Ein Wort zu viel...“
Ein Präsident im Ruhestand
natürlich in Amerika
und dort auch ziemlich lang im Amt
als noch der eiserne Vorhang war
der gab noch mal ein Interview –
tatsächlich auf dem Sterbebett –
mit dem Reporter längst per Du
der’s dann verschwieg aus Pietät.
Man bot ihm zwar ne Stange Geld
und hätt es gerne abgedruckt
doch vorenthalten wurd der Welt
was jener Staatsmann ausgespuckt:
„Ich hasste die Sowjetunion
hätt gern den roten Knopf gedrückt
das ganze Kommunistenpack
ratzfatz zum Teufel heimgeschickt
doch ich war nur der Präsident
und der hat gar nicht diese Macht
hätt ich getan, was mir gefällt
dann hätte man mich umgebracht
und als ich dann in Rente ging
da kannt ich gut den wahren Feind
der virulent Demokratien
bedroht, und längst in ihnen keimt.
Wer ist es, der das Spiel bestimmt
und Stück um Stück die Freiheit nimmt ?
Such sie Dir aus, die Flagge, das Land
das Geld hat alle in der Hand
und dann kommst Du, als
Patriot !“
Nach diesem Wort, da war er tot.
13 ) Der Cineast
„Einsamkeit hat einen Namen...“
Da war kein Schlitten,
gar nichts, was der Industriemagnat,
der einsam saß in seinem großen Haus,
als Kind so sehr geliebt hat,
damit seine Angst, dass man ihn davon trennt
hervorscheint, als er dann alleine starb,
und trotzdem sagt er: „Rosebud.“ !
Rupert 25./26.3.2011