Das, mit dem "da wäre nichts als..." war bewusst ohne "s" gesetzt, weil ich das Gefühl hatte, dass der Verriss so noch heftiger wirkte, so in dem Sinne: "Ich habe in deinem Stück nach allem gesucht, was hätte positiv sein können, aber ich habe nichts als Schund gefunden:"
Ja, da gehe ich gerne mit.
Dann komme ich mal zur Form. Hier finde ich, hast du die Überzeugungsrede des LI thematisch perfekt in die äußere Form eingebunden. Innere und äußere Struktur entsprechen sich also genau, wie es im Sonett sein soll. Das ist feinstes Handwerk!
Hier frage ich mich gerade, wo du heute stehen würdest, wenn deine Anfängerwerke so belobhudelt worden wären wie es in diesem Forum an der Tagesordnung ist. Hättest du jemals infrage gestellt, was du so verreimst? Ich fürchte, da hätte viel Potenzial, statt herausgekitzelt zu werden, leicht im unqualifizierten Lob verkümmern können. Möglicherweise würdest du inzwischen reden wie das LI in deinem Sonett. 😁
Zum Glück ist das nicht der Fall! Wenn ich mir den Inhalt anschaue, wird sehr deutlich, dass das LI eben
nicht die Meinung des Autors Marvin wiedergibt, ganz im Gegenteil! Ein erstes Indiz ist schon die ironische Überspitzung, die in V4 weit über das Schwärmerische hinausgeht. Das ist keine authentische Aussage mehr, das ist Satire.
Wie ist mir doch so warm in euren Fängen,
so unbeschreiblich wohl tut mir die Pratze,
die mich nach jedem zwangsgereimten Satze
per Harfenschlag bezirzt mit süßen Klängen.
Bei süßen Harfenklängen denke ich an himmlische Geborgenheit in der kuscheligen Gemeinschaft des Rudels, das dem LI in hündischer Ergebenheit zu Diensten ist. Ewig währender Welpenschutz? Das "bezirzen" wunderte mich anfangs etwas, bis ich darauf kam, dass es geschickt auf die Einforderung einer Gegenleistung, des Zurückstreichelns, anspielt.
Die Pratze deutet für mich auf (handwerkliche) Ungeschicklichkeit hin. Ja, ich sehe die beschriebene Idylle als Welpengemeinschaft, in der nur gekuschelt und nichts gelernt wird.
Besonders pfiffig finde ich, wie du in V3, wo vom Zwangsreimen die Rede ist, auch prompt den Zwangsreim "Satze" verwendest. Ein geschickt eingesetztes Stilmittel des Autors, der ja auch sonst alles andere als unbeholfen wirkt. Das macht Spaß!
Im zweiten Quartett erfahren wir, wie das LI arbeitet:
Sie kommen mir, die Verse, meist spontane.
Dann sitz ich so und denke, welche Klasse,
wenn ich aus ungegarter Silbenmasse.
ein Süppchen koch wie allerfeinste Sahne.
Die Verse werden, wie sie dem LI gerade spontan in den Sinn kommen, aus "ungegarter Silbenmasse" zu einem Süppchen verrührt. Das bringt mich zu deinem Kommentar:
Es ist absolut legitim, hier über jeden Pups, der einem in der Nacht quer gesesen hat, ein Epos zu verfassen. Konstruktive Kritik am Text ist jedoch oft nicht gefragt und gewünscht.
Dann sollte man ihn aber auch entsprechend kennzeichnen. Wenn jedoch "feedbback jeglicher Art" gewünscht wird, sollte man sich auch über einen Verriss nicht beschweren.
Da sprichst du mir wirklich aus der Seele! Wir haben hier die Möglichkeit das Label "nur Kommentar" zu wählen, wenn keine Kritik erwünscht ist. Aber leider machen die Wenigsten, die keine Kritik wollen, davon Gebrauch. Das muss man als Kritikerin erst mühsam bei jeder einzelnen Autorin herausfinden, indem man entweder ignoriert oder unfreundlich verbellt wird, sobald man etwas am Text bemängelt.
Da fühle ich mich dann so richtig wie der Wadenbeißer aus den Terzetten, obwohl die Autorin sich "Feedback jeder Art" gewünscht hat. Das Wort "Schund" habe ich dabei noch nie öffentlich in den Mund genommen. Das ist natürlich auch eine Überspitzung, aber gemessen an den Reaktionen, die man hier zum Teil auf ehrliche Kritik bekommt, durchaus treffend.
@Marvin, ich merke, dass der Kommentar schon ziemlich lang geworden ist, mache hier erstmal eine Zäsur und freue mich auf weitere Meinungen in dieser anregenden Diskussion.
LG Claudi