J.W.Waldeck
Autor
Aus dem Buch Lieder der Asche
(Staubflocken aus dem Nimmermeer)
Poesie im Reigen der Entropie
*verfasst zwischen 2003 - 2005
Auszug aus dem Kapitel
STAUBPARTIKEL
VIII. MUTTERS SCHMUCKSTÜCK
wir wurden vom Wahne versucht
Gelächter aus Palästen
Kaufhausoasen mit Beraternischen
hier hofiert der Krieg des Vergessens
der mutierte Reiz
ringt mit seiner labilen Unlust
deine Vitrine ist legendär
doch auch sie wird ZUSEHENDs ausgeräumt
was die Sonderangebote betrifft
der Räumungsverkauf wird's richten
ein magischer Teppich wird dich wiederbringen
und für paar Groschen am Flohmarkt
wechselt dein begehrtes Schmuckstück
den Besitzer
dann FUßT es auf dem Boden
unter Krims und Krams
und erzählt nur unverständliches mehr
doch deine Vitrine... war legendär!
IX. FINDIGE KÖPFE
die kriegsgebeutelten Eichen versteifen ihre Speichen
gebrochene Bäume räumen gefallenen Träume
zu frischem Humus in ferner Frische
mögen sie entweichen!
die müde Sonne senkt ihr hohes Haupt
und flicht ihr Goldstaubhaar
durch die verzweifelten Finger versklavter Jünger
ihr Grün vergrämt zum grauen Gürtel
an den Giebeln und Fassaden der Bauhauswelt
leeren Raupen die Krönung der Schöpfung
kein Blatt und keine Blüte die unbeobachtet hängt
Jubel dem kahlen Zeitgeist der Köpfung!
XI. GEMÄLDEGALLERIE
die Gemeldeten wie die Angekauften
die Gemiedenen wie die Werkzeuge des Kunstglaubens
und Schatten verhüllten das Antlitz
beugten und beäugten die stummen Lurchlippen
in die schwappenden Träume aus Meersalz
als die Bilder müde wurden zu leuchten
mochten sie sich mit Vergänglichkeit befeuchten
indes vergebliche Glotzer achtlos tanzen
und ihr Erinnern in Fässern zerfransen
Suff Siechtum Sog und geschwellte Putenbrüste
feuchte Spitzen pinselten stumpfe Gelüste
schmierten zittrige Träume auf die Leinwand
doch vorgeleimt täuschte ihre Oberfläche:
ihr Innenleben blieb in andren kleben und begafft den Alltag
die Bilder lasten vorbildlich, denn ihr Fokus ist gestellt
ihr Bleiben blendet die Sorglosen
niemand betrachtet gern das Notwendige
das Vergänglichkeit schwachen Augen vorhält
XII. FARBBOTSCHAFTEN (Flecken, Kleckse & FLAMMENco)
so mühen sich die müden Leidenschaften
an ihrem schweigenden Antlitz
und stauen in Museen entfremdete Farben:
das tote Rot: es mieft nach verzweifeltem Aufschrei
rohe Wolfslefzen triefen freundlicher...
rächt sein Verleugnen mit Angstschauder
weckt den Blick um flößt der Seele Aufruhr
das neidische Gelb: vergilbt die vergebliche Welt
ein Eidotter: ausgebrochen seiner Schutzschale
irgendwie entleert...
...geringes Leben tropft aus seinem transzendenten Leib
das gruslige Grün: grämt und erleuchtet die Entwurzelten
beruhigt die Bodenlosen
wächst in kahlen Stellen und wuchert bloß
es atmet Heimtücke und grinst verschworen
das garstige Braun: man erträgt es kaum!
es kaut die Krummen der Verkommenheit
es verdaut die Grauen vor der Zeit
...es verbleibt...
das schwere Schwarz: die Schlund ohne Entkommen grollt
kein Ausgang im Ereignishorizont
der Sog, der Nichts verleiht doch alles entzieht
das blinde Bohren nimmersatter Gier
das wollüstige Violett: gefesselte Jungfrau im Greisenbett
angebetete schamlose Schere
dazwischen ein Geschlecht für massive Heere
verkennt seine Öffenheit und verletzt eigene Schönheit
das wehrlose Weiß: weiß von Nichts als unsichtbar
kein vorhandenes Glück zu kennen
sein Licht entbehrt lebendiges Leuchten
nur diffuses Flimmern verdampft
diese schmuddeligen Bettlaken
begeilen in Galerien die euphorischen Gelüste ihrer Zobelfellzeit
doch draußen treibt und treibt
das kybernETISCHE Zeitalter in die Fusion
aus Kunst und zellgewaschenem Leib
XIII. MEHRZELLER GEGEN EINZELLER
und ich wurde
der verfluchte Taugenichts
besudelter Kunde
unsichtbar - weil ohne Spaten
werden aufgestellten Klammeraffen
von autarken Gremien
nimmermehr die Freiheit
ihrer Frevel sehen
und nichts sie aufklären
mögen kriegerische Hungerspiele
ihre winzige Schutzblase verzehren
nach einem anderen Leben
als das eingezäunte Mehren
eindimensionaler
Weichtiere
© j.w.waldeck 2004
