(nach Richter 3:12-30)
I
Einst im Lande Kanaan
brach sich dumpfes Klagen Bahn,
als die Kinder Abrahams
seufzten voll des tiefsten Grams.
Israel hat ganz vermessen
seinen wahren Gott vergessen,
lange Jahre unentschuldigt
Ischtar und dem Baal gehuldigt.
Darum hat der HERR ihr Leben
dort in fremde Hand gegeben.
König Eglon auf dem Thron
hält das Volk in schwerer Fron,
das durch heißen Wüstensand
einzog ins gelobte Land.
Milch und Honig sieht man fließen,
aber niemand darfs genießen.
Wer aus diesen Quellen schöpft,
wird erbarmungslos geschröpft,
und im schönsten Überfluss
lauern Kummer und Verdruss.
Überdrüssig seiner Plagen,
will das Volk nun etwas wagen.
Zu beenden solche Qual,
fiel die jüngste Richterwahl
just auf Ehud, einen Spund,
aus geheimem, guten Grund.
Nur den Seinen ist bekannt,
dass er stets mit linker Hand
seinen Kelch zum Munde führt
und der Schuhe Riemen schnürt.
Unter heißen Racheschwüren
lässt er sich zum Richter küren,
und erfüllt von frommem Zorn
blickt er mutig nur nach vorn.
Wo er geht und wo er steht,
fließt es ein in sein Gebet:
"König, stopfe deinen Wanst
noch, solange du es kannst!
Räkle dich auf deinem Thron!
Bald bekommst du deinen Lohn!"
II
Unter Tränen, Schweiß und Blut
zollt dem König man Tribut.
Dieser wird als große Fracht
einmal jährlich überbracht,
nach gewohnter Vorbereitung
heuer unter Ehuds Leitung.
Als die Wache ihn betrachtet
und für waffenlos erachtet,
darf der Tross mit seinen Gaben
in den großen Prunksaal traben.
Kaum ist alles abgeladen,
da spricht Ehud: "Euer Gnaden
wohlbestallter Haushofmeister!
Vor euch steht ein weitgereister
Mann, der außer diesen Dingen
weiß noch mehr zu überbringen.
Nicht nur Gaben - nein, auch Worte
trage ich an eure Pforte.
Freilich darf ich meinen schlichten
Text nur an den König richten."
Der Gesandte wird geführt,
ohne dass man Argwohn spürt,
zu des Königs Sommergarten.
Hier, wo Vögel aller Arten
munter ihre Lieder singen
und im Teich die Fische springen,
schlanke Dattelpalmen stehen
und die linden Lüfte wehen,
wird der Bote ohne Bangen
von dem Hausherrn gleich empfangen.
Ehud spricht mit Unschuldsmiene
in der schönen Lustkantine:
"König Eglon lebe lang
unter Festmahl und Gesang!
Und vergib, dass um halb Viere
ich dich hier inkommodiere..."
Eglon wuchtet aus dem Pfühl
seinen Leib und kontert kühl:
"Kamst du schon, um mich zu stören,
will ich gleich die Botschaft hören."
Würzig weht der sanfte Hauch,
als in Eglons Wohlstandsbauch
plötzlich eine Waffe steckt,
die bis eben unentdeckt.
Ihre scharf gewetzte Schneide
drang so tief ins Eingeweide,
dass sie (was sich selten findet)
bis zum Heft im Speck verschwindet.
Reich ergießt sich braune Masse
auf die schöne Dachterrasse.
III
Als darauf des Königs Wachen
kommen, um Rapport zu machen,
finden sie die Tür verschlossen.
Doch man wartet unverdrossen,
lässt sich die Geduld nicht rauben
in dem festen, treuen Glauben:
Unser löblicher Regent,
dessen Appetit man kennt,
widmet seine besten Kräfte
einem dringenden Geschäfte.
Meist gelingt ihm dieses prächtig,
doch die Ruhe klingt verdächtig.
Die Verzögerung wird peinlich
und man zaudert nicht mehr kleinlich,
in des Königs heilgen Hallen
mit der Tür ins Haus zu fallen.
Als im Schloss der Schlüssel knarzt,
schwant dem Leib- und Magenarzt
und den beiden Sanitätern:
Eglon liegt bei seinen Vätern.
Wer soll künftig zwangsvermählen
und die Untertanen quälen?
Während man sich ganz verzagt
dieses und noch Andres fragt,
ist der Täter längst entsprungen,
gleich nachdem die Tat gelungen.
Er hält kurz bei Gilgal inne,
trinkt aus einer Wasserrinne,
um daraus die Kraft zu schöpfen,
rasch ein Götzenbild zu köpfen.
Mit verheißungsvollem Klang
schallt von hohem Bergeshang
laut die bronzene Posaune:
"Höre, Israel, und staune!
Unsrer Feinde Leib und Leben
sind in unsre Hand gegeben.
Lasst uns, um das Joch zu enden,
alle übern Jordan senden.
Darum folgt hier meinem Schwert.
Schwingt euch nun geschwind zu Pferd!"
Noch im selben Abendrot
sind zehntausend Krieger tot,
doch kein einziger Hebräer,
kein Soldat und auch kein Späher.
Israel sind neu beschieden
achtzig Jahre Ruh und Frieden,
bis man endlich ganz vergisst,
wer der Herr des Friedens ist.
Wird man daraus etwas lernen?
Das steht freilich in den Sternen...
I
Einst im Lande Kanaan
brach sich dumpfes Klagen Bahn,
als die Kinder Abrahams
seufzten voll des tiefsten Grams.
Israel hat ganz vermessen
seinen wahren Gott vergessen,
lange Jahre unentschuldigt
Ischtar und dem Baal gehuldigt.
Darum hat der HERR ihr Leben
dort in fremde Hand gegeben.
König Eglon auf dem Thron
hält das Volk in schwerer Fron,
das durch heißen Wüstensand
einzog ins gelobte Land.
Milch und Honig sieht man fließen,
aber niemand darfs genießen.
Wer aus diesen Quellen schöpft,
wird erbarmungslos geschröpft,
und im schönsten Überfluss
lauern Kummer und Verdruss.
Überdrüssig seiner Plagen,
will das Volk nun etwas wagen.
Zu beenden solche Qual,
fiel die jüngste Richterwahl
just auf Ehud, einen Spund,
aus geheimem, guten Grund.
Nur den Seinen ist bekannt,
dass er stets mit linker Hand
seinen Kelch zum Munde führt
und der Schuhe Riemen schnürt.
Unter heißen Racheschwüren
lässt er sich zum Richter küren,
und erfüllt von frommem Zorn
blickt er mutig nur nach vorn.
Wo er geht und wo er steht,
fließt es ein in sein Gebet:
"König, stopfe deinen Wanst
noch, solange du es kannst!
Räkle dich auf deinem Thron!
Bald bekommst du deinen Lohn!"
II
Unter Tränen, Schweiß und Blut
zollt dem König man Tribut.
Dieser wird als große Fracht
einmal jährlich überbracht,
nach gewohnter Vorbereitung
heuer unter Ehuds Leitung.
Als die Wache ihn betrachtet
und für waffenlos erachtet,
darf der Tross mit seinen Gaben
in den großen Prunksaal traben.
Kaum ist alles abgeladen,
da spricht Ehud: "Euer Gnaden
wohlbestallter Haushofmeister!
Vor euch steht ein weitgereister
Mann, der außer diesen Dingen
weiß noch mehr zu überbringen.
Nicht nur Gaben - nein, auch Worte
trage ich an eure Pforte.
Freilich darf ich meinen schlichten
Text nur an den König richten."
Der Gesandte wird geführt,
ohne dass man Argwohn spürt,
zu des Königs Sommergarten.
Hier, wo Vögel aller Arten
munter ihre Lieder singen
und im Teich die Fische springen,
schlanke Dattelpalmen stehen
und die linden Lüfte wehen,
wird der Bote ohne Bangen
von dem Hausherrn gleich empfangen.
Ehud spricht mit Unschuldsmiene
in der schönen Lustkantine:
"König Eglon lebe lang
unter Festmahl und Gesang!
Und vergib, dass um halb Viere
ich dich hier inkommodiere..."
Eglon wuchtet aus dem Pfühl
seinen Leib und kontert kühl:
"Kamst du schon, um mich zu stören,
will ich gleich die Botschaft hören."
Würzig weht der sanfte Hauch,
als in Eglons Wohlstandsbauch
plötzlich eine Waffe steckt,
die bis eben unentdeckt.
Ihre scharf gewetzte Schneide
drang so tief ins Eingeweide,
dass sie (was sich selten findet)
bis zum Heft im Speck verschwindet.
Reich ergießt sich braune Masse
auf die schöne Dachterrasse.
III
Als darauf des Königs Wachen
kommen, um Rapport zu machen,
finden sie die Tür verschlossen.
Doch man wartet unverdrossen,
lässt sich die Geduld nicht rauben
in dem festen, treuen Glauben:
Unser löblicher Regent,
dessen Appetit man kennt,
widmet seine besten Kräfte
einem dringenden Geschäfte.
Meist gelingt ihm dieses prächtig,
doch die Ruhe klingt verdächtig.
Die Verzögerung wird peinlich
und man zaudert nicht mehr kleinlich,
in des Königs heilgen Hallen
mit der Tür ins Haus zu fallen.
Als im Schloss der Schlüssel knarzt,
schwant dem Leib- und Magenarzt
und den beiden Sanitätern:
Eglon liegt bei seinen Vätern.
Wer soll künftig zwangsvermählen
und die Untertanen quälen?
Während man sich ganz verzagt
dieses und noch Andres fragt,
ist der Täter längst entsprungen,
gleich nachdem die Tat gelungen.
Er hält kurz bei Gilgal inne,
trinkt aus einer Wasserrinne,
um daraus die Kraft zu schöpfen,
rasch ein Götzenbild zu köpfen.
Mit verheißungsvollem Klang
schallt von hohem Bergeshang
laut die bronzene Posaune:
"Höre, Israel, und staune!
Unsrer Feinde Leib und Leben
sind in unsre Hand gegeben.
Lasst uns, um das Joch zu enden,
alle übern Jordan senden.
Darum folgt hier meinem Schwert.
Schwingt euch nun geschwind zu Pferd!"
Noch im selben Abendrot
sind zehntausend Krieger tot,
doch kein einziger Hebräer,
kein Soldat und auch kein Späher.
Israel sind neu beschieden
achtzig Jahre Ruh und Frieden,
bis man endlich ganz vergisst,
wer der Herr des Friedens ist.
Wird man daraus etwas lernen?
Das steht freilich in den Sternen...