Hallo Carlos,
da waren zu viele Leute im Stadion bei dem Spiel. Und da frage ich mich auch, muss man das? Anscheinend, denn das Bedürfnis scheint groß zu sein, denn da stecken viele Menschen ihre geballte Emotionalität rein. Vergleichbar wie damals die frühen Beatles Auftritte, als ganz junge Mädchen sich weinend die Haare rauften.
Das Rudelbedürfnis ist groß, denn in der Masse potenziert und damit intensiviert sich das Erleben ganz stark, das kann wie ein Rausch sein. Und das wissen wir ja, Räusche will man gern immer wieder haben, vor allem wenn man keinen Kater danach hat.
So zumindest erkläre ich mir dieses Phänomen.
Die Stille während des Spieles und auch danach (ich brauch da gar keinen Fernseher, durch das offene Fenster bin ich voll im Bild wie es steht), ist scheinbar stiller als ohne das Wissen dass wir verloren haben.
Ja , dein Gedicht hat einen doppelten Boden.
Deine Eingangsfrage war ja: müssen wir im permanenten Kontakt sein.
Natürlich nicht. Und zwischen permanent und gar keinen haben/ Einsamkeit liegen vielleicht so viele Skaleneinheiten wie es Menschen gibt. Weil das Kontaktbedürfnis sehr individuell ist (ja klar es gibt auch Eremiten ebenso wie Leute die am Klo noch simsen)
Wir sind doch keine Hunde!
Und: hmm ich glaube, ein bisschen was von Hunden haben wir schon an uns :
wir folgen gern einem Herrchen (das muss nicht unbedingt ein Führer sein, kann auch eine Ideologie oder Idol sein), wir sind ziemlich treu (auch nicht unbedingt anderen Menschen gegenüber, aber vielleicht den eigenen Ansichten), wir betteln um Aufmerksamkeit und Zuneigung, wir winseln wenn es uns nicht gut geht, gehn gern Gassi, spielen gerne, und wir schnappen uns die Wurst wenn keiner hinsieht ansonsten sind wir folgsam und brav, manchmal etwas ungestüm und manch einer kann auch bös und bissig werden.
Und dann kommt der Kontrast in deinem Text:
Bleib ruhig in
deiner Galaxie
auch das ist zweideutig, einerseits fast abwertet: bleib nur wo du bist, ist eh Hopfen und Malz verloren und dann auch: Bleib ruhig! In deiner Galaxie, also eine Aufforderung ruhig zu bleiben.
Und dann kommt für mich die zentrale Aussage:
Hörst du die Stille?
Das ist die Wirklichkeit.
Sowohl auf das Fußballspiel bezogen als auch auf das Menschsein.
Stille ist immer sehr verdächtig! Denn irgendetwas ist immer zu hören.
Wenn tagsüber die Vögel ruhig sind, kein flattern kein Pieps, dann weiß ich dass ich draußen alles wetterfest machen muss, da braut sich was zusammen.
Wenn man eine leere Wohnung betritt mit gut schallisolierten Fenstern, hört man plötzlich die allerfeinsten Geräusche. Oder wenn man im Meeting was sagt und plötzlich alle ganz still werden: oh oh, dann weiß man dass man nen Nerv getroffen hat und wenns der eigene war.
Da merkt man erst wie sehr wir auf dieses Sinnesorgan Ohr angewiesen sind, was unser Gehirn ständig an unbewussten Informationen filtert und sortiert. Welch ein Verlust tut sich da auf wenn man plötzlich gehörlos wird. Wie erleben taube Menschen die Welt? Welche Signale bilden einen Ersatz?
Noch schlimmer, wenn Stille und Dunkelheit zusammenfallen:
Ich glaube, dass viele eine langanhaltende Stille verbunden mit Dunkelheit, also nichts sehen und hören können, nicht ertragen (und die Frage stellt sich mir wie lange ich sie wohl aushalten würde, wenn ich müsste) Ist sie freiwillig gewählt dann hält man sie ganz gut aus, man kann sie ja jederzeit abbrechen, aber gezwungenermaßen? Da wirds schon fast unmöglich.
Hörst du die Stille? Das ist die Wirklichkeit.
Für mich eine fast erschreckende Klarheit: denn ja, irgendwo in uns lauert die Stille und in der sind wir allein. Das ist die Wirklichkeit: es ist nichts da.
Beängstigend, oder?
Da kommt mir deine Aufklärung am Schluss wie eine Erlösung vor, die ich freudestrahlend entgegennehme.
WAs ich eigentlich sagen wollte:
beim lesen liefen alle diese Denkprozesse ab und am Schluss merkte ich dass ich auf dem falschen Dampfer unterwegs war und musste nochmal von vorne beginnen
Liebe Grüße
Sali