Herrlich beschrieben, lieber Perry,
den poetentiellen Beginn einer neuen Beziehung! :smile:
In der ersten Strophe mag ich das Wortspiel mit dem Gewicht der Worte. Obgleich die Worte nur leicht sind, wie es bei einem ersten Kennenlernen ja nicht unüblich ist (den Streit hebt man sich ja für später auf), ist das Gleichgewicht von Vertrauen und Zweifel wicjhtig. Hier stelle ich mir die beiden im fortgeschrittenen Alter vor, da sie die Naivität grenzenlosen, jugendlichen Vertrauens abgelegt haben. Da ist einiges an Vorgeschichte bei beiden zu erspüren - jedenfalls viel Beziehungserfahrung.
Das mag ernüchtern (im besten Sinne des Wortes), dennoch führte dies bei beiden nicht dazu, dass man gleich das Schlimmste vom anderen erwartet, um nicht enttäuscht zu werden, dass man Vertrauen nicht wagt, um nicht verletzt zu werden. Daraus spricht eine positive Lebenshaltung, sich bei allen Zweifeln, die sich in einer Biographie beigemischt haben, immer noch einen Grundstock an Optimisumus zu bewahren und seinen Gegenüber nicht für das Schlechte zu halten, was einem im Leben passiert ist, die Zukunft offen zu halten, statt sie über die Vergangenheit zu definieren.
Jedenfalls ist es beachtlich, wie gut du die Charaktere bereits in einer kurzen Strophe gezeichnet hast. Habe dadurch ein recht plastisches Bild von der Szene. :thumbup:
nebeneinander aufgewacht stelle ich fest es atmet
sich gut in deiner nähe du antwortest lächelnd
Dass es sich gut atmet, klingt zunächst wie eine Nebensächlichkeit, aber ich denke, dass dieses Gefühl viel aussagt und finde es daher interessant, dass diese Beschreibung in dein Gedicht Eingang gefunden hat. Ich schätze, es kann sich nur dann gut atmen, wenn man ganz bei sich selbst ist, wenn man nicht durch steife Haltung oder Vorsicht und Misstrauen seinen Atem einengt. Auch hier wird also deutlich, wie gut das LD dem LI tut. Dabei bezieht sich all dies nur auf den Augenblick - natürlich wohl auch verbunden mit Hoffnung, aber hier gibt es keine Ewigkeitsbekundungen oder Versprechen, deren Erfüllung unabsehbar ist. Es ist schlichte, demütige, aber ganz und gar herzliche Hinneigung zu einem Menschen. Ist mir sehr sympathisch. :grin:
mit ausgestreckten armen vermessen wir die welt
sie scheint groß und trotzdem überschaubar zu sein
lass uns die weißen flecken auf der karte ausmalen
Hier gerät zum ersten Mal die Zukunft in den Blick, ist das übrige Gedicht doch sehr von der Augenblicklichkeit des Glücks geprägt. Ich denke, dass hier die bereits angesprochene Hoffnung am deutlichsten zum Ausdruck kommt - Hoffnung, kein Größenwahn! Hier wird nicht, wie es zu häufig üblich ist, der andere Teil des eigenen Plans, hier wird nicht das Glück selbst durch den anderen definiert. Nein, hier sprechen zwei Menschen einander eine Einladung aus, sich auf ein Abenteuer einzulassen, das das Zusammensein ja durchaus ist, wenn man es nicht definiert, ehe es sich vollzieht.
Schön gedichtet! Inhaltlich ist mir dein Gedicht völlig sympathisch und deine Metaphern und Wortspiele würzen es so schmackhaft, dass man es gerne häufiger lesen kann. :smile:
Nur ein kleiner Tippfehler ist mir aufgefallen: "wechselten", statt "wechelten" im ersten Vers.
LG