Hallo, Sushan,
Emotionen, ja. Nicht identisch mit Gefühlen.
Meist zwar synonym verwendet, aber Gefühle wie z. B. Liebe, Zuneigung; aber auch Zorn und sogar Hass sind Gefühle der 'höheren' Gehirnregionen; Emotionen sind in den 'älteren' verortet, mehr 'instinktiv'. Ich erwähne das nur, weil ich finde, dass Emotionen hier im Gedicht auch deutlich besser passt als Gefühle.
Denn es sind Emotionen, die knechten - Gefühle knechten nicht. Emotionen sind 'tiefer angelegt' - und daher auch für uns viel schwerer zu kontrollieren. Sie 'kochen hoch' und sie sind es auch, die Streit nicht nur verursachen, sondern dabei die 'Hauptrolle' spielen. Und da bei Gefühlen der Verstand immer mit dabei ist, bei Emotionen nicht, verläuft ein Streit immer irrational - ganz im Gegenteil zu einer Diskussion. Wenn z. B. zwei Menschen über ihre Gefühle diskutieren und es dabei zu einem Streit kommt, dann sind die 'Schuldigen' die Emotionen, denn sobald diese sich einmischen, hat der Verstand nicht mehr viel zu melden. Das ist der Grund, warum ein Streit immer so mit (irrationalen) Vorwürfen gespickt ist und die Streitenden Argumenten nicht mehr zugänglich sind ...
Was mir hier sehr zusagt, sind die intensiven Bilder. Um ein Beispiel herauszugreifen: In Strophe 1 sind es die Tage, in denen die Trauer das 'Glück frisst'; in Strophe 2 wird ergänzt, dass auch in den Nächten 'alles falsch ist'. Der 'Zwist' dominiert, beherrscht Tag und Nacht. Das ist sehr gut dargestellt.
Auch der rote Faden führt mich als Leserin durch einen Inhalt, dessen Intensität sich beständig steigert, um dann, in der letzten Strophe, eine Wendung zu machen. Finde ich sehr interessant - und gut gemacht, denn die Wende kommt auch erst am Schluss, stellt also somit nicht nur die Umkehr dar, sondern kommt bei mir auch als ein 'Finale' an.
Mich stört auch nicht, dass der letzte Vers länger ist, das ist für mich immer etwas, das einerseits ohnehin ganz im Ermessen von Autor/Autorin liegt und andererseits - wenn eine Aussage mehr Platz braucht, bin auch ich eine, die ihr diesen gibt.
[QUOTE='Sushan]Dann ganz plötzlich, Licht
verfängt
Sturm, wird Wind, bringt Sternenstaub
Die Finsternis zurückgedrängt
[/QUOTE]Eine einzige Stelle irritiert mich allerdings doch ein bisschen: In Vers 1, das 'verfängt'. Ja, in Vers 3 ist das 'Zurückdrängen' essentiell wichtig, daraus erklärt sich die inhaltliche Wende zum 'positiven Ausgang'. Ich wüsste jetzt auch höchstens einen kleinen 'Notbehelf' - wenn du ein Komma nach 'Sturm' setzt, dann wird es ein wenig deutlicher; dann verfängt das Licht den Sturm, nach dem Komma wird aus dem Sturm
dadurch Wind. Das könnte helfen, denke ich. Was meinst du?
Der gelbe Weg; der dunkle Turm; uns zu knechten - uns zu richten; weggefegt wie altes Laub - ich persönlich mag es wirklich sehr, wenn es solche 'Anspielungen' zu finden gibt.
Sehr gerne gelesen und kommentiert!
LG,
Anonyma