Plötzlich alt geworden?
Bis vor kurzem dachte ich noch, dass ich trotz meinem
fortgeschrittenen Alter doch ziemlich jung geblieben sei:
körperlich ziemlich fit, das Gesicht, so sagt man mir
unaufgefordert, 20 Jahre jünger und auch mein Kopf, die
wichtigste Stelle meines Körpers, erstaunlich beweglich,
scharf im Denken, Beobachten, Schlussfolgern, Lug, Betrug und
Fehlverhalten auf Anhieb in seinen Langfristfolgen erkennend.
Was mich aber zunehmend verwirrt, dass ich für einige andere,
die Jungen, die ich bisher als gleichwertig ansah, wohl aus der Zeit
gefallen bin, weil ich schon mal zu bedenken gebe, man müsse erst
die Fakten prüfen, bevor man seinen Gefühlen freien Lauf lässt und
vorschnell zu Urteilen oder Bewertungen kommt, die in die falsche
Richtung gehen. Vielleicht erst selber nachdenken, lesen, bevor man tut
was gerade “In“ zu sein scheint und was alle tun, weil es so bequem ist.
Wie passt zusammen, dass man Wirtschaft generell verdammt, ohne
fundierte Kenntnisse davon zu haben, dass man Politik abwertet, wenn man
nicht mal weiß, was vor dem Jahr 2000 geschehen ist. Aus unserer langen,
wechselvollen Geschichte könnten wir, doch ohne weiteres Lehren ziehen.
Doch Geschichte, Erfahrungen, Gespräche mit den Alten oder denen, die in
Arbeit sind, zählen nicht mehr, weil irgendein geschäftstüchtiger Schlaukopf,
der selbst noch nie gearbeitet hat, gerade die neueste TikTok Weisheit feiert.
Aussagen wie: „Wir brauchen sowieso kein Geld mehr, das ist nur was für die
Kapitalisten“ oder „Wieso Auto? Fahrrad fahren reicht doch“ oder „Ist doch
normal, dass mein achtjähriger Sohn zum Aufwachen Hardrock hört, vielleicht
AHDS “ oder „Wenn ich was verbiete, geht er zu seinen Freunden, da darf er ja
alles tun und machen, was er will, also was solls“ oder „Bis er zwanzig ist, darf
man ihr / ihm nicht zu viel zumuten, in der Familie helfen, ist ja Kinderarbeit,stört
die Entwicklung“ oder „Kinder wissen, was gut für sie ist, Freiheit ist alles.“u.s.w.
Ich gebe zu, dass mich solche Aussagen, über die man nicht einmal diskutieren
darf, plötzlich altern lassen, für die bin ich ja einfach“Old School“ und “von Gestern“.
Je komplexer die Welt, umso mehr Glaubenssätze ersetzen, das offene Diskutieren,
das sich Schlaumachen, das Hinterfragen oder die Bereitschaft, die Welt mal aus
unterschiedlichen Winkeln zu betrachten. Monologe statt Dialoge, blinder Glaube statt
Wissen, naive Unbedarftheit statt, Konsequenzen überdenken, gezielt hinter Fassaden
blicken, und sich fragen, wer von welcher Interpretation am Ende materiell profitiert.
Was tun, frage ich mich dann? Mich zurückziehen, mich nicht mehr äußern , Klappe zu?
Konflikte vermeiden, mein Leben austrudeln lassen, weil ich komme ja mit meinem klar,
oder gegen den Trend “Wecke keinen, der sich schlafend stellt“ weiter Unruhe stiften?
Ich denke ,ich muss es tun, schon um der Enkel willen, die Wahrheit und Trug unterscheiden,
und das eigene Leben mit seinen Grenzen kritisch, selbständig und bewusst gestalten lernen
sollen.Bleiben wir also dran, erzeugen Reibung, auch wenn es einigen überhaupt nicht passt.
Thomas W.Bubeck 9/2024
Bis vor kurzem dachte ich noch, dass ich trotz meinem
fortgeschrittenen Alter doch ziemlich jung geblieben sei:
körperlich ziemlich fit, das Gesicht, so sagt man mir
unaufgefordert, 20 Jahre jünger und auch mein Kopf, die
wichtigste Stelle meines Körpers, erstaunlich beweglich,
scharf im Denken, Beobachten, Schlussfolgern, Lug, Betrug und
Fehlverhalten auf Anhieb in seinen Langfristfolgen erkennend.
Was mich aber zunehmend verwirrt, dass ich für einige andere,
die Jungen, die ich bisher als gleichwertig ansah, wohl aus der Zeit
gefallen bin, weil ich schon mal zu bedenken gebe, man müsse erst
die Fakten prüfen, bevor man seinen Gefühlen freien Lauf lässt und
vorschnell zu Urteilen oder Bewertungen kommt, die in die falsche
Richtung gehen. Vielleicht erst selber nachdenken, lesen, bevor man tut
was gerade “In“ zu sein scheint und was alle tun, weil es so bequem ist.
Wie passt zusammen, dass man Wirtschaft generell verdammt, ohne
fundierte Kenntnisse davon zu haben, dass man Politik abwertet, wenn man
nicht mal weiß, was vor dem Jahr 2000 geschehen ist. Aus unserer langen,
wechselvollen Geschichte könnten wir, doch ohne weiteres Lehren ziehen.
Doch Geschichte, Erfahrungen, Gespräche mit den Alten oder denen, die in
Arbeit sind, zählen nicht mehr, weil irgendein geschäftstüchtiger Schlaukopf,
der selbst noch nie gearbeitet hat, gerade die neueste TikTok Weisheit feiert.
Aussagen wie: „Wir brauchen sowieso kein Geld mehr, das ist nur was für die
Kapitalisten“ oder „Wieso Auto? Fahrrad fahren reicht doch“ oder „Ist doch
normal, dass mein achtjähriger Sohn zum Aufwachen Hardrock hört, vielleicht
AHDS “ oder „Wenn ich was verbiete, geht er zu seinen Freunden, da darf er ja
alles tun und machen, was er will, also was solls“ oder „Bis er zwanzig ist, darf
man ihr / ihm nicht zu viel zumuten, in der Familie helfen, ist ja Kinderarbeit,stört
die Entwicklung“ oder „Kinder wissen, was gut für sie ist, Freiheit ist alles.“u.s.w.
Ich gebe zu, dass mich solche Aussagen, über die man nicht einmal diskutieren
darf, plötzlich altern lassen, für die bin ich ja einfach“Old School“ und “von Gestern“.
Je komplexer die Welt, umso mehr Glaubenssätze ersetzen, das offene Diskutieren,
das sich Schlaumachen, das Hinterfragen oder die Bereitschaft, die Welt mal aus
unterschiedlichen Winkeln zu betrachten. Monologe statt Dialoge, blinder Glaube statt
Wissen, naive Unbedarftheit statt, Konsequenzen überdenken, gezielt hinter Fassaden
blicken, und sich fragen, wer von welcher Interpretation am Ende materiell profitiert.
Was tun, frage ich mich dann? Mich zurückziehen, mich nicht mehr äußern , Klappe zu?
Konflikte vermeiden, mein Leben austrudeln lassen, weil ich komme ja mit meinem klar,
oder gegen den Trend “Wecke keinen, der sich schlafend stellt“ weiter Unruhe stiften?
Ich denke ,ich muss es tun, schon um der Enkel willen, die Wahrheit und Trug unterscheiden,
und das eigene Leben mit seinen Grenzen kritisch, selbständig und bewusst gestalten lernen
sollen.Bleiben wir also dran, erzeugen Reibung, auch wenn es einigen überhaupt nicht passt.
Thomas W.Bubeck 9/2024