Hallo GedankenFee,
dein neuester Werk hier im Forum: Seelenmissbrauch. Ein harter, fast brutaler Titel, meine ich. Aber natürlich machst du mich damit auch neugierig …
Du schreibst, wie das verletzte LI sich für einige Momente einem LD öffnet, voller Angst und voller Hoffnung … nur um erfahren zu müssen, dass sein Vertrauen (wieder einmal?) missbraucht worden ist. Beklemmend gut.
GedankenFee, der Kommentar zeigt dir meine Sicht auf dein Werk. Wenn du damit etwas anfangen kannst, freut mich das, wenn nicht, ab damit in die Tonne.
Ich habe mich so klein gefühlt
in unserer kleinen Welt,
so groß in meiner.
Vielleicht stehe ich einfach nur auf dem Schlauch. Aber ich meine, das liest sich so, als ob das LI sich nichtgut gefühlt hat ('klein'), als es mit dem LD ('du') in Beziehung stand („in unserer kleinen Welt“).
... aber hier ...
vollkommen
verzaubert,
so zerbrechlich.
Ich habe meine hohen,
steinernen Mauern
meines Gefängnisses
nur für dich
fallen gelassen.
... Hier habe ich den Eindruck, das LI hat sich sehr gut gefühlt, war glücklich („vollkommen verzaubert“) vom LD. - Hm? Sehe da nur ich einen Widerspruch?
Das LI lässt Masken fallen, reißt Schutzmauern nieder, die es um sich aufgebaut hat, präsentiert sich 'nackt' und verletzlich dem LD. Okay, das verstehe ich. Es gefällt mir.
Du durftest dich umschauen,
teilhaben
wie kein Anderer.
Wenn das LI die Schutzwälle und -mauern um sich herum abbaut, dann gewährt es dem LD konsequenterweise Einblick in seine (schutzlose, verletzliche) Seele. Das hast du, kritisch betrachtet, gerade eben schon gesagt. Vielleicht wäre es eine Überlegung wert, auf diese Zeilen zu verzichten?
Du hast meine kleine Welt
mit Zauber gefüllt
Glitzer,
Hoffnung
in diesem finsteren Wald.
Licht, wo ich es nie,
niemals zu hoffen wagte.
Hier verwendest du zwei Bilder für das LI bzw. das Leben des LI: 'Kleine Welt' und 'finsterer Wald'. Manchmal ist weniger mehr … Mein Favorit wäre der 'finstere Wald'. Er erzeugt ein 'schönes' Bild.
unverhofft
ohne jeglichen Schutz
breitete sich der Schmerz
so unerträglich,
in meiner kleinen,
mit Narben gezeichneten
Seele aus.
Flügel brachen,
alles Licht erlosch
Vertrauen
missbraucht.
Die Romanze endet abrupt. Aus Licht wird Dunkelheit, aus Glück Schmerz. Das LD hat das Vertrauen des LI 'missbraucht'. Eindrücklich und bildhaft gezeichnet.
Eine Kleinigkeit:
Das Wort 'unverhofft' kenne zumindest ich eher im Kontext positiver Dinge:
… war unverhofft zu einem Tag Sonderurlaub gekommen …
… hatte unverhofft im Lotto gewonnen …
Du jedoch benutzt es als Einstieg in die Szene, in der all das Leid und Elend des LI wieder zurückkehrt? Ist das Absicht?
Kälte
es blieb keine Luft mehr
zum atmen
mit letzter Kraft
baute ich die Mauern,
mein Schutzschild,
was ich für dich fallen ließ,
mühsam
wieder auf.
Traurig, düster …
Das LI zieht sich wieder in seine Festung zurück, müde, kraftlos, … Ein starkes Bild.
(Falls es dich interessiert: Korrekt müsste es 'meinen Schutzschild' heißen. - Kleinkram. Falls dich solch unwichtige Bemerkungen stören, sag es mir bitte.)
einsam
ohne Leben
versuchen
überleben
Das Fazit. Der Schlussgedanke.
Keine Sätze, keine Teilsätze, nur noch einzelne Wörter ... Gestöhnt? Geschluchzt? Geflüstert?
'Ohne Leben … überleben'. Ein traurig-düsterer Schlussakkord ohne einen Funken Hoffnung. Sehr stark geschrieben, finde ich.
GedankeFee, ich habe dein Gedicht gern gelesen.
LG
Berthold
PS: Kram doch mal was Positives aus deiner Schublade. So etwas würde ich sehr gerne von dir lesen!?