WF Heiko Thiele
Autor
{ 1. Akt }
Ein Wind pfeift durch die Birkenwälder
und über Seen, die sind schon kälter
als Flechten, Moose und auch Gräser.
Fernab die letzten Pflanzenäser.
Da taucht plötzlich ein Mädchen auf.
Geschwind steigt sie den Hang hinauf,
um oben dann nach ihrem Gang
ringsum die Weiten zu betrachten.
Daß sie nun hat ausreichend Luft,
zeigt Irina, die suchend ruft:
„Sergej!“
Doch nichts durchdringt nach kurzer Dauer
des Windes nunmehr kalten Schauer.
Einzig von fern weht schwach hervor
der Wölfe Heulen an ihr Ohr.
{ 2. Akt }
Es bläst der Wind in gleichem Maße.
Das Licht neigt sich zur Abendphase.
Weil kürzer werden Wochentage.
ist lang tabu die Mückenplage.
Stramm kommt von seitwärts angelaufen
Aljoscha jetzt, als wollt er raufen.
Hingegen auf des Hügels Saum
kann er das Muß nicht unterdrücken,
gleichfalls die Weiten zu erspähen
und einen Ruf hinaus zu sähen:
„Sergej!“
Nur ist‘s der Wind, der stur sich windet
und keine Antwort für ihn findet,
als wie bereits einmal vernommen;
den Wolfsgesang, etwas verschwommen.
{ 3. Akt }
Nichts ändert sich an Windes Stärke.
Bereits im Dunkeln sind die Berge
an Firmamentes weiter Ferne.
Matt leuchten drüber erste Sterne.
Nun sind die beiden jungen Leute
sich einig, daß sie rufen heute
gemeinsam nach der beiden Freund.
Auf daß der Schall noch weiter fließe,
halten sie so wie einen Trichter
die Hände an die Lippen dichter:
„Sergej!“
Da scheint’s, als ob der Wind sich neigt
und Stille durch die Tundra steigt
und nur die Wölfe hört man kratzen
und köstlich bei dem Mahle schmatzen.
[2021]