Sie hat einen lieben Mann.
Er hilft, wo es geht und wo er kann.
Fast 50zig Jahr`
sind sie ein Paar.
Er liebt sie und sie liebt ihn,
er ist Gerd und sie ist Karolin.
Sie sagt, sie habe so stark abgenommen,
dass ihr die Ohrlöcher in den Ohrläppchen
zugewachsen seien.
Er sagt, seine Haare wären zu lang.
Sie müsse ihm wohl doch die Haare scheren.
Sie sagt: „Dann bist du ja wieder mein kleiner,
dicker Nazi.“
Er sagt, seine Adipositas verhalte sich
wie eine Blume – sie blüht auf, wenn sie gegossen wird.
Er wünsche sich jedoch, dass seine Fettleibigkeit
wie eine Blume verwelke.
Sie sagt: „Ok, ich bin manchmal ein bisschen böse zu Dir.
Ich habe eben absichtlich ganz laut geschlürft
als Du an mir vorbei gegangen bist.“
Er fragt: „Ein bisschen böse?“
Er sagt: „Ich habe uns Schokolade gekauft, für unsere
Reise morgen, als Wegzehrung. Eine Yogurette
für Dich, eine Kinderschokolade für mich.“
Abends fragt er: „Hm, was meinst Du, könnten wir
nicht jetzt schon ein kleines bisschen von unserer Wegzehrung
naschen?“
Sie: „Nein, nein, nein, nein, auf gar keinen Fall, die Schokolade
ist für morgen!“
Daraufhin geht er in die Küche. Seine Kinderschokolade liegt
auf der Yogurette. So hatte er die beiden Packungen nicht
abgelegt. Er öffnet die Yogurette-Schachtel – leer.
Er lacht lauthals los, Sie kommt lachend auf ihn zu und sie
umarmen sich.
Sie sagt: „Du siehst aus wie ein Neandertaler.“
Er: „Ich bin ein Neandertaler.“
Sie hat ihre neue, tief schwarze, Sonnenbrille auf.
Er sagt: Du siehst aus wie ein Insekt.
Sie: „Hab` ich bei Apollo umsonst bekommen.“
Manchmal weinen beide heimlich.
Sie weint, weil ihr Elan schwindet.
Er weint, weil er vieles ungerecht findet.
Nicht selten haben sie Angst zu Bett zu gehen.
Könnten sie sich doch im Schlaf verlorengehen?
Sie sind ein Liebespaar, und trotzdem traurig dann und wann,
weil sie spüren, dass man die Sanduhr nicht ewig drehen kann
und dann???
Martin Heide
Er hilft, wo es geht und wo er kann.
Fast 50zig Jahr`
sind sie ein Paar.
Er liebt sie und sie liebt ihn,
er ist Gerd und sie ist Karolin.
Sie sagt, sie habe so stark abgenommen,
dass ihr die Ohrlöcher in den Ohrläppchen
zugewachsen seien.
Er sagt, seine Haare wären zu lang.
Sie müsse ihm wohl doch die Haare scheren.
Sie sagt: „Dann bist du ja wieder mein kleiner,
dicker Nazi.“
Er sagt, seine Adipositas verhalte sich
wie eine Blume – sie blüht auf, wenn sie gegossen wird.
Er wünsche sich jedoch, dass seine Fettleibigkeit
wie eine Blume verwelke.
Sie sagt: „Ok, ich bin manchmal ein bisschen böse zu Dir.
Ich habe eben absichtlich ganz laut geschlürft
als Du an mir vorbei gegangen bist.“
Er fragt: „Ein bisschen böse?“
Er sagt: „Ich habe uns Schokolade gekauft, für unsere
Reise morgen, als Wegzehrung. Eine Yogurette
für Dich, eine Kinderschokolade für mich.“
Abends fragt er: „Hm, was meinst Du, könnten wir
nicht jetzt schon ein kleines bisschen von unserer Wegzehrung
naschen?“
Sie: „Nein, nein, nein, nein, auf gar keinen Fall, die Schokolade
ist für morgen!“
Daraufhin geht er in die Küche. Seine Kinderschokolade liegt
auf der Yogurette. So hatte er die beiden Packungen nicht
abgelegt. Er öffnet die Yogurette-Schachtel – leer.
Er lacht lauthals los, Sie kommt lachend auf ihn zu und sie
umarmen sich.
Sie sagt: „Du siehst aus wie ein Neandertaler.“
Er: „Ich bin ein Neandertaler.“
Sie hat ihre neue, tief schwarze, Sonnenbrille auf.
Er sagt: Du siehst aus wie ein Insekt.
Sie: „Hab` ich bei Apollo umsonst bekommen.“
Manchmal weinen beide heimlich.
Sie weint, weil ihr Elan schwindet.
Er weint, weil er vieles ungerecht findet.
Nicht selten haben sie Angst zu Bett zu gehen.
Könnten sie sich doch im Schlaf verlorengehen?
Sie sind ein Liebespaar, und trotzdem traurig dann und wann,
weil sie spüren, dass man die Sanduhr nicht ewig drehen kann
und dann???
Martin Heide