Vielen Dank, dass du das Gedicht so gründlich unter die Lupe genommen hast, liebe Lichtsammlerin! :smile:
Wenn man das Eigentliche nicht sagen kann, tauscht man miteinander nur noch leere Worte. Wenn man das Eigentlich nicht mal schreiben darf/kann, tauscht sich Stille mit Schweigen..
Ja, aber oft sagt ein Schweigen mehr, als man möchte. Ein Schweigen ist ja eine Entscheidung, nicht zu reden und manchmal erklärt sich aus dem Kontext, warum man nicht reden möchte. Vielleicht, wie du schreibst, weil die Worte sonst zu schwer wären, weil dieser Elefant dann im Raum steht, vielleicht weil bestimmte Gefühle zwischen den beiden die Unterhaltung unerträglich machen würden. All dieses schwingt bei einem Schweigen oft mit und dies scheint dem LI auch bewusst zu sein, weswegen er nicht einmal die Autorschaft eines vermeintlich nichtssagenden Briefes zugeben kann.
LI scheint sich dies "Verbot" aber selbst aufzuerlegen. Vielleicht aus Angst, das LD zu verletzen, oder aus innerer Überzeugung, gutem Anstand, Angst..... es gibt so viele Gründe. Die Kluft wird größer, unüberwindbarer mit jedem ungesprochenen Wort.
Ja, letztendlich entscheidet man sich selbst zu diesem Verbot, auch wenn es natürlich die Umstände sind, die einen zu diesem Verbot bewegen. Jedenfalls scheint hier die Kluft in der Tat unüberwindbar zu sein. Das Schweigen ist die einzig mögliche Kommunikationsform: Durch das Schweigen etwas sagen und die Urheberschaft der nicht gesagten Worte abstreiten. Da scheint eine enorme Verletzlichkeit im Spiel zu sein.
Rettende Lösung soll nun der Brief sein. Aber weil die Worte eigentlich nicht gesagt sein dürfen, müssen sie fiktiv bleiben. Nur lässt sich über den Kern nur selten hinweg täuschen
Darin steckt auch eine gewisse Tragik. Man kann nicht nicht kommunizieren. Und egal, was das LI tut, es wird nicht in der Lage sein, das schwierige Thema auszulassen - ob er darüber redet oder es durch sein Schweigen ausleuchtet.
Vielleicht oder wahrscheinlich erlebt jeder Mensch in seinem Leben das ein oder andere Mal eine Situation wie dein LI. Beizeiten stehe ich auch davor und merke nur, wie sich mein Mund ganz automatisch schließt und Stille von den Lippen tropft.
Ich gehe fest davon aus, dass jeder mal eine solche Situation erlebt hat. Nur daher überhaupt funktionieren solche Gedichte, in denen das Wesentliche ausgelassen wurde, weil man es als Leser aus seinem Erfahrungsschatz deuten kann. Darin liegt wohl der literarische Wert solcher betonter Auslassungen.
Vermutlich wäre es besser offen zu reden, aber... ABER sagt der Zweifel laut!
Man weiß es gar nicht. Vielleicht wäre es besser zu reden. Vielleicht wollen manche Dinge aber auch unausgesprochen bleiben. Letztendlich kann das jeder nur für sich und anhand der konkreten Situation entscheiden.
Jedenfalls, diesen Zwiespalt hast du super eingefasst. In Worten, die mehr ausdrücken, als ich auf den ersten Blick dachte. Aber vielleicht sind es gerade diese Worte, die eigentlich nicht geschrieben werden können.. und deswegen geschrieben werden, um das nicht-schreiben-können zu umfangen.
Danke! Damit hast du das Wesentliche auf den Punkt gebracht, das in meinem Gedicht verschwiegen wurde. :thumbup:
Und ich hab nun eine Menge Worte für Nicht-Worte gefunden
Und ich finde es faszinierend, wieviel Leben manchmal im Vakuum steckt. Das Ungesagte ist eines meiner Lieblingsthemen und durch Deutungen wie der deinen fühle ich mich in dieser Vorliebe zuweilen bekräftigt. :grin:
LG