Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar, liebe Sali. :smile:
ich mag diese verschlungenen Pfade in Texten wie diesen.
Insbesondere dann, wenn dem Wegweiser die Buchstaben fehlen und man die Wege einfach ausprobieren muss. Ja, so geht es mir auch. Gedichte, die aus Andeutungen bestehen, die den Leser auf eine verworrene Reise durch die eigene Biographie führen, lese ich sehr gerne.
Der Weg zurück zu dem der ich einst war, nicht der den du (oder ich selbst) aus mir oder / und aus dem uns gemacht hast, deswegen möchte ich dich vergessen, nur meine Träume von einst, die möchte ich wiederfinden, auch wenn es schon lange her ist..... In meinen Träumen von einst, möchte ich mich wiederfinden und wenn ich könnte würde ich sie jetzt wahr werden lassen.
Kurz: wenn ich etwas ändern könnte in meinem Leben, würde ich meine Träume von einst verwirklichen.
Das ist eine schöne Deutung, die mich sehr anspricht. Zurück zu einem Augenblick voller Zukunft, voller Vorstellungen davon, was alles möglich sei, ehe die Realität mit meinen Träumen Tetris gespielt und alles verbaut hat! Insofern bezieht sich der Wunsch sich zu erinnern auf die Träume von einst, auf eine Zeit, in der das Glück noch möglich schien. Der Wunsch zu vergessen bezieht sich hingegen auf alles, was dieses Glück zerstört hat. Vermutlich liegt dies auch meist der Widersprüchlichkeit zugrunde, die einen im Liebeskummer ereilt. Wenn es nichts gegeben hätte, das man als bedeutsam empfunden hätte, warum sollte man sich noch grämen. Dann müsste es einem leicht fallen zu vergessen. Die Träume, die im Beginn einer Beziehung lagen, bedingen sowohl den nostalgischen Blick zurück, als auch den Schmerz über ihr Ende und mithin den Wunsch zu vergessen.
Jetzt die Kommis gelesen und meinen Holzweg erkannt
Da du aber einmal geschrieben hast, dass jeder Leser frei ist seine eigene Sicht zu haben, gebe ich gerne meine noch dazu.
Erstens: Ja! Ich denke nicht, dass meine eigene Interpretation als Autor der Weisheit letzter Schluss ist. In Texten, die man schreibt, ist meist etwas verborgen, das aus dem Unterbewussten kam oder das in der Gedanken- und Gefühlswelt eines anderen Lesers eine Rolle spielt, das man selbst nicht sieht oder versteht. Insofern ist ein Austausch über die Interpretation ja gerade dadurch interessant, dass man durch andere mehr in einem Gedicht sehen kann.
Zweitens finde ich aber hier, dass deine Gedanken zum Gedicht meine Interpretation sehr gut ergänzen. Da gibt es ja eigentlich gar keinen Widerspruch. Eher meine ich, dass du die tiefere Wurzel des von mir beschriebenen Problems im Gedicht erkannt hast und dafür danke ich dir. :smile:
Wenn du nicht so jung auf deinem Foto aussehen würdest, hätte ich gemeint, dass es von einem älteren Menschen geschrieben wurde (also älter als du mir auf dem Foto erscheinst 🙂)
In zweierlei Hinsicht ist die Frage interessant: Welches Alter hättest du denn bei einem Autor vermutet, der ein solches Gedicht schreibt?
Lustigerweise stelle ich mir zumindest das LI eher als einen etwas jüngeren Menschen vor. Ich meine, dass diese Gedanken, diesem Nachgehen von Wünschen, die unerfüllbar sind in der emotionalen Zerrissenheit eines Menschen gründen, der so reif ist, dass er die Wirklichkeit schon besser erkennt als ein Kind, aber noch nicht bereit ist, diese zu akzeptieren. Das ist wohl die Tragödie der Jugend.
LG