Hallo Carlos,
nochmal danke für deinen erneuten Kommentar. Dann lass mich mal versuchen, deine Fragen nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten.
Wir "wissen", dass die Erde sich um die Sonne dreht, es fehlt uns aber schwer, daran zu glauben.
Was glaubst du?
Ehrlich gesagt, Carlos, wenn mir gelehrt worden wäre, die Erde drehe sich um die Sonne, ich glaube ich würde es auch glauben, weil mir die astronomischen Fähigkeiten und Mittel fehlen, um das selbst nachzuprüfen. Das heimtückische an den verschiedenen Wissenstheorien ist ja eigentlich immer die Tatsache, dass unser Geist sie annimmt, sofern uns die damit einhergehenden Erklärungen einigermaßen logikkonform erscheinen.
Apropos Glauben: Wie siehst du es, wenn ein Zauberer Dinge vor unseren Augen macht, die uns als unmöglich erscheinen?
Warum wollen wir nicht glauben, dass die Münze in seiner Hand wirklich verschwunden ist?
Wir haben sie ja verschwinden sehen.
Was hindert uns daran, uns dem Glauben hinzugeben?
Ist es nicht das Wissen, dass das nicht möglich ist?
Ich denke, in dem Fall ist es eher unser Wissen um die Tricks der Magierzunft, das uns, über die wiederholte Konfirmation des Klischees, zaudern lässt, dem Zauber Glauben zu schenken.
Auf der anderen Seite geschehen eben doch noch Zeichen und Wunder in dieser Welt:
Letzten Sommer fiel meine Mittagspause an einem herrlichen Sonnentag einmal zwischen zwei Kundenbesuche und ich war gerade in einer Ecke in der sich ein malerischer See befand. Folglich beschloß ich dort anzuhalten, um einen Sandwich den ich bei mir hatte, am Ufer zu verkosten. Mein Handy hatte ich dabei so ungeschickt neben mich gelegt, dass es bei einer versehentlichen Bewegung ins Rutschen kam und über den Weg der Uferböschung flugs in den trübgrünen See glitt. Nach einer etwa zehnsekunden währenden Schockstarre, begann, ich mir die Kleider bis auf die Unterhose vom Leib zu reißen und stürzte dem U-Phone hinterher. Mit den Füßen spürte ich gleich, dass der Grund des Sees, auf den ich mit meinen Augen nicht sehen konnte, aus weichem Schlamm bestand. In einer sicherlich komisch anmutenden Szene tastete ich irgendwie nur wild, den Kopf unter Wasser, am Boden des Gewässers herum, um das Ding ausfindig zu machen. Das ging bestimmt 2-3 Minuten so, bis eine meiner Hände auf einmal auf etwas Festes stieß, das mein taktiles Gedächtnis als mein Telefon identifizierte. Ich barg das Handy so schnell ich konnte und begann sogleich mit meinen ersten "Finger zu Taste" Wiederbelebungsversuchen. Aber am Gerät ging nur das Display wechselweise aus und an und es schien als wäre es nicht mehr zu gebrauchen. Ich hatte nichtsdestotrotz meinen Weg fortgesetzt, um meinen Termin wahrnehmen zu können, als ich bemerkte, dass sich ein Marienkäfer in mein Auto verirrt hatte. Ich hielt deswegen am Straßenrand an, um dem vermeintlich glücksbringenden Tier die Möglichkeit zu geben, seine Freiheit wieder zu erlangen, was das Geschöpf auch tat, indem es seine Flügeldeckeln anhob und surrend abhob.
Als ich an diesem Abend nachhause kam, setzte ich mich natürlich gleich hinter den Laptop, um mich über die Überlebenschancen meines Smarties schlau zu googeln. Da stand aber überall, dass man sein Telefon nicht mehr anschalten sollte, nachdem man es aus dem Wasser gefischt hat, weil dadurch allerlei Elektroteile oxydieren würden, was dem Teil den Todesstoss geben würde. Mein Telefon hatte zu allem Unglück noch, etwa eine Woche vorher, einen Sprung ins Display bekommen, nachdem es mir aus der Hand gehüpft war und musste daher besonders undicht sein. Jackpot, dachte ich mir und begann mich mental darauf vorzubereiten mich um die Bestattungsformalitäten meiner Daten kümmern zu müssen.
Überraschenderweise, und allen virtuellen Unkenrufen der Technikforenfrösche zum Trotz, meldete sich das Telefon nach einem 5-tägigen Dornröschenschlaf doch wieder mit all seinem gespeicherten Inhalt zurück, als wäre gar nichts gewesen.
Ich hätte auch nie geglaubt, dass ich mein Smartphone nach seiner Odysee-Reise in die Tümpeltiefen eines Badesees mit all seinen Funktionen jemals wieder zurückbekommen würde. Auch die glückverheißende Episode mit dem Marienkäfer, hatte mich nicht dazu bewegen können, die technischen Analysen im Internet zugunsten eines Aberglaubens zu ignorieren. Zwischenzeitlich hatte ich mir ein neues Telefon bestellt, dass ich bis heute nur sehr selten benutze. Hätte man mir nicht mittels fachwissenschaftlicher Erklärungen eine Unmöglichkeit bewußt gemacht, hätte ich der Möglichkeit vielleicht doch noch eine Chance gelassen. Aber so kann es eben auch gehen.
Liebe Grüße
Rudolf