Hallo, Mesochris,
so, jetzt aber - was lange währt, wird endlich wahr! Ich wollte mir Zeit nehmen, denn hier, so finde ich, ist es mit einem 5-Minuten-Kurz-Kommentar nicht getan. Aber, wie so oft: Oh, Konversationen da. Oh, 20 Benachrichtigungen. Oh, es klingelt an der Tür. Oh, hier muss ich gleich kommentieren, das muss ich schreiben, bevor ich es womöglich vergesse. Oh, verflixt, keine Zeit mehr, ich muss ja weg. Oh, etc. etc.
Es ist jetzt, lass mich überlegen - 8 oder sogar schon 9? Jahre her, dass ich mich an etwas Ähnlichem versuchte. Natürlich kein Vergleich - vor allem, wenn ich daran denke, wie ich vor Jahren 'qualitativ' schrieb.
Aber auch ich versuchte mich also bereits an einem derartig aufgebauten Gedicht. Mich brachte damals Gryphius auf die Idee (und auch, als ich darüber las, dass im französischen Barocksonett These und Antithese, durch die Mittelzäsur sehr gut machbar, nicht nur in den beiden Quartetten, sondern auch in den Versen angewendet wurden), besonders deutlich wird es ja in diesem Vers, Zitat aus Andreas Gryphius 'Es ist alles eitel':
Du sihst / wohin du sihst nur Eitelkeit auff Erden.
Was dieser heute baut / reist jener morgen ein:
Wo itzund Städte stehn / wird eine Wiesen seyn /
Auff der ein Schäfers-Kind wird spielen mit den Herden.
dieser/jener; heute/morgen; bauen/einreißen - klarer geht es nicht. (Obwohl, ganz klar, auch Vers 3 in dieser Hinsicht gut ist.)
Und sozusagen 'entsprechend' zu deinem heutigen Gedicht, brachte mich das damals auf die Idee, so zu schreiben, dass sowohl das 'Ganze' lesbar sein sollte als auch jede 'Hälfte' für sich noch einmal separat. Was im Grunde aber, wie mir tatsächlich erst heute auffällt, eigentlich -
3-in-1 bedeutet: 1 Gedicht auf der linken, 1 Gedicht auf der rechten Seite - und das Gesamtgedicht. Macht 3 Gedichte. Hm, tatsächlich fällt mir das
jetzt erst auf - na ja, ab und an stehe ich auch 'auf dem Schlauch'. Und offenbar auch mal ein paar Jährchen lang ...
Tatsächlich hast du somit also ein 3-in-1-Gedicht verfasst. ^^
Was mir bei dir sofort positiv auffiel, gleich, nachdem ich es zum ersten Mal bis zum Ende durchgelesen hatte, ist die 'zweite Hälfte' des letzten Verses, also 'das Schlusswort'. Dir gelingt es hier, den Aufbau zum Abschluss noch einmal 'zum Thema zu machen'. Finde ich sehr schön! ^^
Ich habe mich aufgrund eines deiner Gedichte (hab jetzt gerade den Titel nicht im Kopf), das ich kommentierte, ein wenig mehr in die nordische Dichtung 'eingelesen'. Dabei stieß ich auch auf die Heunenweise. Deren Reimstruktur erkenne ich hier wieder: Nicht nur die Abverse sind paarig gereimt, sondern auch die Anverse. Kann es sein, dass du dich davon hast inspirieren lassen (ich weiß ja, dass du dich sehr viel mit dieser Dichtung beschäftigt hast)?
Und, man lernt ja immer etwas Neues, wenn man liest: Ich wusste bisher gar nicht, dass sich das Volkslied aus der Heunenweise entwickelt hat.
Ich kann mich sehr gut daran erinnern, wie lange ich damals selbst an meiner viel einfacheren Ausführung 'herumgepuzzelt und -gebastelt' habe, um etwas Sinnvolles hinzubekommen. Daher - ein besonders dickes Lob für dein sehr, sehr schönes und sehr gut gelungenes Gedicht!
[QUOTE='Mesochris]Die Stimme schüchtern schrill / Nur Blut rauscht in den Ohren
Die Welt wirkt lieb und still / Ein jeder Klang verloren,
[/QUOTE]Hm. Diese beiden Verse, an diesen kaue ich doch geistig etwas herum. Was mir dabei einfiel:
Die Stimme schüchtern still / Nur Blut rauscht in den Ohren
<--- Also 'Stille' auf der einen; das (laute) 'Rauschen' auf der anderen Seite, fände ich persönlich stimmiger in der Aussage
Die Welt singt laut und schrill / ein jeder Klang verloren, <---
Also 'lautes, schrilles Singen' links; 'verlorener Klang' rechts
Ergäbe auch die zusätzliche 'dritte Komponente', dass sich hier die Gegensätze dann in beiden Versen 'noch einmal vertauscht' erneut gegenüberstehen - ich denke, du verstehst, was ich damit meine:
Die Stimme schüchtern still / Nur Blut rauscht in den Ohren
Die Welt singt laut und schrill / ein jeder Klang verloren,
Bloß Lachen schenkt mir Glück / Wer will schon echtes Leben?
Im schnellsten Augenblick / Ein unerreichbar Streben
Und ich finde, es passt auch inhaltlich - beeinträchtigt nicht die Sinnhaftigkeit der Aussage und auch nicht den 'weiteren Verlauf der Geschichte'. Außerdem ist es ja wirklich so - wenn etwas zu laut und schrill ist, dann geht tatsächlich der 'Klang' verloren, schrille Töne 'klingen nicht'. Was denkst du darüber?
Ansonsten finde ich es, wie gesagt, wirklich wunderbar geschrieben. ^^
LG und ausgesprochen gerne gelesen sowie kommentiert,
Anonyma