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Insel der Toten


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Von leisem Traum herangezogen
durchstößt das Boot, als ob es gleite,
den trägen Dunst und raue Wogen.
Ein Felsen dämmert in der Weite.

Die Macht, die man noch schwerlich sieht,
durchspannt den Raum wie eine Norne.
Der Fährmann singt sein ewges Lied
und steuert ungerührt nach vorne:

"Die dunklen Augen nah des Lichts
umherscheinender weißer Kerzen,
sie spiegeln das erwirkte Nichts
und tiefe Nacht erschallt im Herzen."

Der Kahn in seinem steten Flug,
als ob er durch den Hauch zerschelle,
er knarrt mit jedem Atemzug,
mit jeder aufgeregten Welle.

Doch mit Gewissheit, so erhaben
wie jene Insel, die entsteigt
aus schlummernd Meer und stummen Farben,
führt er zum Steg, der drohend zeigt.

Da türmen sich die Felsenhallen -
in ihren Fenstern dunkle Nacht -
und unentwegt einander schallen
das Hoffen und Verzweifeln sacht.

Im Innern kolossaler Schanzen
entscheidet sich nun das Geschick,
entschwinden alle Resonanzen.
Dahinter nämlich reicht kein Blick.

 

 

(Inspiriert durch Rachmaninows "Insel der Toten")

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Da ich nur das Gedicht mit dem Wölkchen kenne, das mit dem Felsen kollidiert bzw. sich in diesem verfängt und ihn nächsten Tag wieder verlässt, werde ich deinen Hinweis gleich googeln.

Deine Zeilen sind wieder eine wahre Freude, in ihrer Vielfalt, ihrem feinen Gedankenaustausch, ihrem fast schon die Realität ins Leben rufenden starken Form des Ausdrucks. Wirklich toll gelungen. Gratuliere wieder einmal.

Sehr sehr schön.

Sonja

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Vielen Dank für dein großes Lob, liebe Sonja!:grin:

 

vor 38 Minuten schrieb Sonja Pistracher:

Da ich nur das Gedicht mit dem Wölkchen kenne, das mit dem Felsen kollidiert bzw. sich in diesem verfängt und ihn nächsten Tag wieder verlässt, werde ich deinen Hinweis gleich googeln.

Welches Gedicht meinst du?:smile:

Jedenfalls wünsche ich dir viel Spaß beim Hören. Das Lied ist für mich eines der schönsten "klassischen" Stücke der Musikgeschichte. Das Gemälde, das man im Video sieht, hat mich auch nachhaltig beeindruckt, als ich es in der alten Nationalgalerie in Berlin gesehen habe.

 

vor 42 Minuten schrieb Sonja Pistracher:

Deine Zeilen sind wieder eine wahre Freude, in ihrer Vielfalt, ihrem feinen Gedankenaustausch, ihrem fast schon die Realität ins Leben rufenden starken Form des Ausdrucks.

Wow!:scared:

Da bin ich sprachlos - so viel zu meiner starken Form des Ausdrucks.:wink:

 

Und nun kam auch dein Lob hinzu, lieber gummibaum.

Vielen Dank auch an dich. Da bin ich beruhigt, dass du die Lektüre nicht bereuen musstest.:smile:

 

LG

 

 

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vor 38 Minuten schrieb Schmuddelkind:

Welches Gedicht meinst du?:smile:

Gedicht von Michail Lermontow (erschienen 1841) , das bei der Uraufführung der Orchesterfantasie 1894, von Rachmaninov "Der Fels" als Hinweis in der gedruckten Partitur angeführt war. 

 

"Schlief ein goldnes Wölkchen unter Sternen

An des Felsenriesen Brust geborgen,

Schwebte fröhlich fort am frühen Morgen

Übers Meer, zu blauen Himmelsfernen. 

 

Doch ein Schimmer schien von ihm geblieben,

In des Felsens Furchen, feucht wie Tränen, 

Die der Alte, einsam nun, voll Sehnen

Weint um sie, die jäh der Wind vertrieben."

 

Daran habe ich gedacht........

LG Sonja

 

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vor 22 Stunden schrieb Sonja Pistracher:

Gedicht von Michail Lermontow (erschienen 1841) , das bei der Uraufführung der Orchesterfantasie 1894, von Rachmaninov "Der Fels" als Hinweis in der gedruckten Partitur angeführt war. 

Vielen Dank fürs Teilen! Das kannte ich noch nicht. Ist auch wirklich durch die ganzen sympathischen Personifikationen ein schönes Gedicht.:smile:

 

vor 21 Stunden schrieb Letreo71:

als Leser zieht es mich hier automatisch an diesen düsteren, geheimnisvollen Ort, den du (wie Sonja und gummibaum bereits erwähnten) extrem ausdrucksstark (auch ohne Bild und Musik) beschreibst.

Komm zur dunklen Seite der Macht!:wink:

Nein, im Ernst - ich freue mich sehr über dein Lob, liebe Letreo und dass ich dich als Leserin so bannen konnte.:smile:

 

vor 21 Stunden schrieb Letreo71:

Lieben Gruß, Letreo, noch unter den Lebenden;-)

Ein Glück unter den Lebenden. Aber hoffentlich nicht mehr unter den Decken und Wärmflaschen?

 

LG

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Vielen lieben Dank, Darkjuls!:smile:

 

Am 14.9.2020 um 18:00 schrieb Darkjuls:

Ich hatte beim Lesen Bilder vor Augen.

Nee, das war Elmar.:wink:

Aber im Ernst: Lyrik lebt ja von der Verknüpfung von Klang, Bild und Sprache. Insofern ist es natürlich zufriedenstellend, wenn ein Gedicht im Kopf des Lesers auch Bilder aufkommen lässt, denn Gefühle kann man nicht zum Ausdruck bringen, indem man sie beschreibt. Sie brauchen Bilder, um unmittelbar nachempfunden werden zu können.

 

Ich freue mich jedenfalls sehr, dass das Gedicht dir so gut gefallen hat.:smile:

 

LG

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