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Geschrieben am

Vom Wachsen

 

An manchen Tagen reicht die Stille,
die ich tief in mir spüre,
nur für mich.

Noch nie ist mir aufgefallen,
dass die Rinde der Bäume platzen muss,
wenn sie wachsen.

 

Einzig dies mag mich heute berühren
und die Frage,
was die Elster im Wipfel der anderen zuruft
in einer mir fremden Sprache.

 

Fremd ist auch meine Sprache mir
die aus der Brust aufsteigen möchte.
Ich kann ihre Worte nicht verstehen,
und ich werde es versuchen.

 

Eins ums andere Mal
spüren,
daß ich eine Fremde unter Ähnlichen bin.

Diesmal weiß ich, dass es eine Illusion ist
und ich unter den Fremden
die bin,
die mir am meisten ähnelt.

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Geschrieben

Hallo ❤️

wir kennen uns nur virtuell. Vielleicht deswegen geben wir Einiges preis, was wir im analogen Leben nicht machen würden. 

Sich lyrisch äußern, das tun wir hier, das tust du in diesem Gedicht, das Le gut finde. Ich auch.

Die erste Strophe erinnert mich an die Wendung "Holz arbeitet".

Ich glaube, das tun sie auch wenn sie tot sind. 

Bin ich auf dem Holzweg? 

Das ist eine unheimlich schöne Wendung. Ich habe sie zum ersten Mal in einem Buch von Martin Heidegger gelesen. Das Buch war auf Spanisch, und  "Holzweg"  war in einer Fußnote erklärt, was es bedeutet und woher es stammt, nämlich aus der Förstersprache.

Tief in dir spürst du eine Stille, die nur für dich reicht.

Du fragst dich, worüber sich Elster unterhalten. 

In der dritten Strophe sprichst du von einer Sprache, die aus deiner Brust aufsteigen will. Ich würde einfach von Gefühlen reden, die wir manchmal nur schwer verbalisieren können.

Was die letzte Strophe betrifft, kann ich dich trösten: Wir sind und bleiben Fremd den Anderen und, zum Teil mindestens, sogar uns selbst.

Liebe Grüße 

Carlos

 

Geschrieben
vor 2 Stunden schrieb Sternenherz:

Vom Wachsen

 

Eins ums andere Mal
spüren,
daß ich eine Fremde unter Ähnlichen bin.

Diesmal weiß ich, dass es eine Illusion ist
und ich unter den Fremden
die bin,
die mir am meisten ähnelt.

Liebe Sternenherz, 

 

diese Zeile habe ich fünf Mal gelesen und glaube inzwischen zu erahnen, was Du damit meinst.

 

Ist es einfach ein - etwas heiteres - Wortspiel, in dem Du die Ähnlichkeit aufgreifst (um festzustellen, dass die eigene Veränderung eben DOCH die Entfremdung von anderen mit sich bringt)?

 

Gerne gerätselt und gelesen!

 

Viele Grüße von Georg

Geschrieben

Liebe Sternenherz,

 

das ist einer der wenigen Lichtblicke am heutigen Tag! 

 

Anhand der Bäume zeigst du schön, dass Wachsen mit Schmerz verbunden ist. Sehr schön leise auch die anderen Bilder!

 

Die letzte Strophe habe auch ich mehrmals gelesen, um den Unterschied zwischen den beiden Aussagen zu erkennen: Ich bleibe unsicher.

 

Zuerst sah ich das LI eher von sich abgespalten und im Kreise der (auf unterschiedliche Art) Fremden - ein Betrachten aus der Distanz -, und meinte, dass das eigene Ich danach wieder zu sich selbst herangezogen wird. Mich interessiert in dieser Strophe die Nähe und Distanz zum eigenen Empfinden, und, in welche Richtung sie sich bewegt.

 

Am Ende vielleicht die Schlussfolgerung, dass es viele gibt, die sich selbst fremd sind - das bringt sie aber noch lange nicht zusammen?

 

Dein Gedicht tut mir richtig gut!

 

Lieben Gruß  

 

Nesselröschen

 

 

Geschrieben

Liebe @Sternenherz,

 

ich kann mich meinen Vorrednern/schreibern nur anschließen, vor allem Georgs Vermutung teile ich - das Feststellen, das eigenes Wachsen/Weiterentwickeln oft Entfremdung mit sich bringen kann, wie man alte Dinge loslassen muss um Neue zu finden. Bin gespannt auf deine Antwort.

Gern gelesen und sehr schön geschrieben!

 

Liebe Grüße

Lina

  • Gefällt mir 1
Geschrieben

Deine Zeilen berühren mich, liebe Sternenherz, vor allem, weil sie sich mit dem in sich hineinspüren beschäftigen. Wir müssen nicht immer alles genaustens verstehen, aber wir können es zumindest versuchen. Das wäre auch oft untereinander der richtige Ansatz, sich zu verstehen und miteinander zu wachsen.

 

Gern hineingespürt.

 

Lieben Gruß, Letreo

Geschrieben

Egal wie alt wir werden,  finden wir immer noch neue Facetten in und an uns, Der letzte Satz klingt tatsächlich erst etwas rätselhaft weil anders als erwartet, ich verstehe ihn so, dass wir uns, wenn wir mit andern zusammensind, oft leicht verlieren, wir passen uns an und im Erkennen der eigenen Eigenheit sehen wir den Unterschied zu anderen, oft weil wir mit unserer Ansicht und Meinung alleine dastehen oder etwas betrachten das anderen nicht auffällt, wie das Platzen der Baumrinden oder uns ganz andere Dinge interessieren als den andern, wie z.B. die Sprache der Tiere und dann erscheint uns die Sprache der anderen Menschen oder ihr Denken so fremd als würden sie eine ganz andere Sprache sprechen. Aber  auch der Schmerz, wenn wir ihn in anderen sehen, ist erstaunlich weil   nie gesehen.

 

Sehr interessant und eine so tiefgehendes Empfinden so leicht geschrieben. Sehr schön!

 

Liebe Grüße

Sali

Geschrieben

Hallo Ihr Mitdichtenden

 

vielen Dank für Eure Resonanz

 

 

@Létranger , ja das ist so geschrieben, wie es mir "die Natur diktiert hat" ...so wie es mir die Eindrücke und Assoziationen vor die Nase geweht hat sozusagen. Völlig unbearbeitet sozusagen.  Schön, dass es Dir gefällt. Dankeschön dafür

 

@gummibaum, ja, da nähert sich eine:r der Eigenart, die sich ausdrücken möchte. Das übersetzt Du ganz richtig

 

@Carlos, es geht sozusagen um die eigene Sprache - also sich im tiefsten Eigentlichen zu verbalisieren. Es gibt Menschen, die müssen schon sehr bald als Übersetzer:innen, wissenschaftliche Hilfskräfte u.a. für andere fungieren. So dass sie ihre eigene Individualität nie wirklich entwickeln konnten.
Was den Holzweg anbelangt - das ist eine interessante Redewendung.
Dem Sprachgebrauch nach bedeutet sie ja eigtl., dass eine:r auf dem falschen Weg sich befindet. (nämlich sinngemäß dem, auf dem das Holz abtransportiert wird - ansonsten aber kein Weiterkommen ist )

 

Ja - es ist oft so, dass uns selbst sehr vertraute Menschen im Eigentlichen fremd bleiben. Dass ein vertrauter Mensch plötzlich auf eine Art reagiert, die eine:r ihm nie und nimmer zugetraut hätte (im Angenehmen ebenso wie im weniger Hilfreichen ...)
Vielen Dank für Deine Überlegungen

 

@Georg C. Peter

 

Eins ums andere Mal
spüren,
daß ich eine Fremde unter Ähnlichen bin.

Diesmal weiß ich, dass es eine Illusion ist
und ich unter den Fremden
die bin,
die mir am meisten ähnelt.

 

da dies Gedicht schon ca. sieben Jahre alt ist,

ist es mir nicht mehr ganz so nahe, wie damals, als es entstanden ist.

Über die zweite Zeile musste ich selber länger nachdenken - jedoch habe ich es sicher nicht als heiteres Wortspiel gemeint - im Gg.teil ist es ein sehr ernstes Gedicht,

das im Eigentlichen vom Dazugehören und Ausgeschlossen-Sein spricht.

Auch vom sich selber Ausschließen.

 

Es gibt einfach Menschen, die stellen sich und ihr So-Sein , auch ihr Dazugehören nie in Frage. Die sind einfach immer schon sich ihrer selbst sicher und gehören auch dazu.

Dann gibt es andere, die sind sich selber stets erneut unsicher -

zB., weil sie stets ausgeschlossen worden sind (Flüchtlinge bspw. oder die redensartlichen schwarzen Schafe in den Familiensystemen).

 

Wenn ich nun als solch unsicherer Mensch stets nach der Herde schiele, werde ich meinen Schmerz des Nicht-Dazugehörens beständig wiederholen (durch sich selbst erfüllende Prophezeiungen bspw.). Nehme ich allerdings von allen Möglichkeiten zu sein, zu reagieren und mich zu fühlen immer wieder die, die mich ja ausmacht , dann bin ich zum Einen mir selber treu und zum andren werden "die Anderen" unwichtig.

Insofern bringt die Veränderung des eigenen "Fokus" die Entfremdung mit sich , die Entfremdung, die es bedeutet, nicht so sein zu müssen, wie die andren.

Ein Satz von Sören Kierkegaard fällt mir dazu ein, den ich seit vier Jahrzehnten mit mir trage, weil er mich sehr bewegt hat und immer wieder aufs Neue tut: Sieh, deshalb  ist es so schwer, sich selber zu wählen, weil in dieser Wahl die absolute Isolation mit der tiefsten Kontinuität identisch ist, weil mit ihr jede Möglichkeit etwas anderes zu werden, vielmehr sich in etwas anderes umzudichten, unbedingt ausgeschlossen wird.

Danke für Dein so sorgfältiges Lesen von meinen Zeilen

@Nesselröschen

nicht für alle Menschen ist Wachsen mit Schmerz verbunden - für viele (die meisten? ) scheint es wohl der Fall zu sein. Vllt. haben wir alle nicht so gut gelernt, wie es geht , das Wachsen ... in seelischer Hinsicht.
 

 

Oh - wenn mein Gedicht ein Lichtblick sein konnte / kann, dann freut mich das sehr   Danke.
Ja, genau - es geht darum, wie nah oder wie distanziert das LI sich selber sieht bzw. empfindet. Wenn es ganz bei sich sein kann ... hat es sich selber gewählt ....also die authentischste Wahl überhaupt getroffen -- sich nicht verbogen vor Hinz , Kunz , dem Chef, der Lehrerin, dem Kollektiv, der Professorin usw. .

Dass mein Gedicht Dir gut tut das freut mich außerordentlich  - solche Begegnungen sind mit die Schönsten in den weiten Hallen der Dichterforen.

 

@Lina, ja, Wachsen im Sinne von "Zu sich selber stehen" bringt Entfremdung von den andren. Und Nähe zu sich selber.

(Ganz schön verwirrend, obwohl es doch eigentlich so einfach ist )
Danke für Dein Lob und Interesse.

 

@Letreo71 , ich freu mich, dass Du Dich berührt   fühlst von meiner inneren Reflektion. Ja, wir müssen nicht immer alles verstehen ... können es gar nicht. Dinge, die ich bei mir selber heute so sehe, sehe ich in zehn Jahren vermutlich anderes. Weil meine Perspektive sich ändert -- im Idealfall weiter wird.

Das sieht mensch ja oft gut am Verhältnis zu den eigenen Eltern -- während sie oft - vor allem in jungen Jahren - vehement bekämpft werden, so merkt eine:r im Älterwerden beim genauen Hinschauen zum Einen viele Ähnlichkeiten mit ihnen

und wenn es gut geht, kann frau:man sie auch wieder lieben , trotz Schrunden und Schrulligkeiten.

 

 

@SalSeda , Du bringst noch den Aspekt mit hinein, dass eine sich fremd fühlt, eben weil sie so - vermeintlich - anders schaut (Baumrinden platzen ) und hört (Tiere sprechen) .

Wenn man:frau ganz genau hinschaut, dann ist ja doch jede:r ein Individualist mit so ganz eigenen Talenten und Gaben. Was dem einen an mir völlig skurill und verschroben vorkommt, mag einer anderen als wundervolle Gabe entgegenleuchten. Daher haben wir ja auch Menschen, die uns als Freunde schätzen, während andere uns am Liebsten von hinten sehen.

Ja, wenn andere uns ihren Schmerz zeigen, dann erstaunt uns das oft , weil wir hinter der Rinde einen solchen oft nicht vermutet hätten.

Lieben Dank, Sali  

 

 

Ich danke Euch allen für Eure lieben und interessierten Kommentare

 

Sie freuen mich sehr

 

Liebe Grüße

 

❤️

Sternenherz

 

 

 

 

 

 

 

Eins ums andere Mal
spüren,
daß ich eine Fremde unter Ähnlichen bin.

Diesmal weiß ich, dass es eine Illusion ist
und ich unter den Fremden
die bin,
die mir am meisten ähnelt.

 

 

 

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