Moin SchwarzPoet,
also mir geht's in erster Linie um die Position des lyrischen Ichs hier in diesem Text.
Wie du selbst darüber denkst, weiß ich nicht und das muss hier auch gar nicht zur Diskussion stehen^^
Allerdings sollten sich die Menschen eher damit befassen, die wirklichen Ungerechtigkeiten in der Welt zu bekämpfen, anstatt die Sprache zu verunglimpfen, als wenn bei Unterdrückung, Krieg, Missbrauch, Seuchen usw. es nichts wichtigeres gäbe als eine Sprache ad absurdum zu führen.
Ein Problem mit anderen zu Vergleichen hilft keinem der Probleme, gelöst zu werden. Das ist für mich kein Argument.
Würde man die Gendersprache als alleingültig einführen, müsste man so ziemlich alles an der Sprache abändern, in Büchern, Schulen Firmen, Ämtern und und und. Das kostet Unmengen und nicht nur den Staat, sondern auch jeden einzelnen Bürger. Dazu kommt noch, dass ja nicht gesagt ist, dass dann vor alten, antiken Büchern und Schriften, Gebäuden usw. halt gemacht wird und für Menschen die aus anderen Ländern nach Deutschland kommen, oder auch nur die deutsche Sprache lernen, wird es noch komplizierter. Liedtexte müssten umgeschrieben werden usw... Wo fängt es an und wo hört es auf.
Ich weiß nichts von Bestrebungen, dass Gendersprache alleingültig sein soll. Ich wüsste auch nicht, dass klassische Texte nun umgeschrieben werden sollen.
Ich bin mir recht sicher, dass das individuelle Schreiben und Schaffen ganz individuell bleiben wird.
Kleiner Exkurs:
Wir müssen ja nun auch keine Gedichte in Leichter Sprache schreiben, nur weil Leichte Sprache gesetzlich verankert ist und für Behörden verpflichtend ist, um allen Menschen Teilhabe zu ermöglichen. Da gab es anfangs natürlich auch Aufschreie: Warum muss nun die Wahlbenachrichtigung in Leichter Sprache sein? Will man mich hier etwa für dumm verkaufen? Nun haben die meisten wohl begriffen, dass nichts weggenommen wird, dass nur dazugegeben wird, was eben manche brauchen.
Nochmal, der Brief vom Amt ist ein schnöder Sachtext, der muss nicht ästhetisch sein, der darf gegendert sein, das tut nicht weh.
Keiner wird uns Goethe wegnehmen. Vielleicht gibt es irgendwann gegenderte Versionen? Davon wird das Original aber nicht verschwunden sein. Und innersprachliche Variationen sind keine Seltenheit, sicher gibt es genug Jugendsprache-Goethe-Adaptionen. Da muss auch keiner traurig sein, die Originale sind immer noch lesbar.
Exkurs Ende.
Zum Geld: Jap, Teilhabe kostet Geld. So war das immer, so wird das immer sein.
Das hat NICHTS aber aug GAR NICHTS mit rechter Gesinnung oder rechtem Gedankengut zu tun. Nur weil Rechtspopulisten diese Thematik auch für sich aufgegriffen haben, hat das mit rechts nichts am Hut. Also diese Argumentation ist wirklich hanebüchen. Wie in dem verlinkten Video schon angemerkt wurde, in der türkischen Sprache gibt es keinen wirklichen Geschlechterbezug, was allerdings die Unterdrückung der Frauen dort auch nicht beseitigt.
Das hab ich deinem lyrischen Ich hier nicht unterstellt. Ich sprach von Konservativismus^^
Aber wo du es erwähnst: Natürlich muss man trotzdem schauen, welche Rhetorik da stattfindet und ob man sich dieser Rhetorik bedienen will.
Gendersprache ist für mich eher der Versuch einiger weniger (die man vielleicht in einer Kleinstadt unterbringen könnte) sich wichtig zu machen. Wie gesagt wurde auch in dieser Talkshow eine Umfrage gestartet und das Ergebnis wurde ebenso in männlich, weiblich und divers unterteilt und aufgeschlüsselt, was für mich persönlich doch extrem aussagekräftig erscheint. 😄
Naja, es ist als Unbetroffener immer recht leicht, etwas zu be-/verurteilen, das einen nicht selbst betrifft.
Ich stelle es mir schwierig vor, wenn etwa ein transidentitärer Mensch einfach keine Repräsentanz in der Gesellschaft hat.
Ist es wirklich wichtig machen, wenn man gesehen, beachtet, wertgeschätzt werden will?
Ich weiß, dass viele Menschen gegen Gendern sind.
Wie gesagt, schön oder ästhetisch finde ich es auch nicht und die bestehenden Gender-Konzepte sind alle noch nicht fertig gedacht (auch textliche Barrierefreiheit muss da eben eine Rolle spielen).
Aber wie helfen in diesem Prozess, das Gendern allgemeintauglich zu machen, solche Scheinargumente wie die Reproduktionsfähigkeit der Menschheit? DAS ist hanebüchen^^
Es ist eben nicht immer alles aus der Sicht der privilegierten Mehrheit zu betrachten.
Für Teilhabe und Gerechtigkeit zählen eben auch die leisen Stimmen - auch wenn die alle in eine Kleinstadt passen.
LG Dali Lama