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 Nach ihrem letzten Atemzug


Hin und wieder dachte er 
an jenen Augenblick,
als neben ihr der Tod
das letzte bisschen Bindung
zu Leben und Welt zerschnitt.

 

Stumm saß er, hatte ihre Hand gehalten,
die Zeit schien still zu stehen, Dann
wie von Geisterhand getragen,
in Tiefen gesunken, um irgendwann
in einem Abgrund niederzugehen, begleitet
von fernem unbekanntem Leuchten.
Alles im Zimmer stand wie immer
an seinem Platz und war doch plötzlich fremd.

 

°Sind wir denn anders als Blätter“,
hatte er sich gefragt, „die im Herbst
ihre lebensfrohen Farben verlieren, 
sich wie auf geheimes Geheiß
zusammenziehen, ihren Lebenssaft
austrocknen lassen, die Farben 
von Erde annehmen, um gekrümmt und welk 
vom Wind zu Boden gerissen zu werden?“

 

Ihr Tod hatte ihm den Blick in jene andre Welt
eröffnet. Seitdem steht vieles auf dem Prüfstand.
Noch ist das Prüfen nicht zu Ende, doch er weiß:
Nie wird sein Leben wieder so sein, wie es mal war.

 

Auf einmal erschien ihm Leben wertvoll wie nie!

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Lieber Carolus,

 

Deine Gedanken sind zwar traurig, aber beinhalten einen großen Trost: zu erkennen, wie wertvoll Leben ist. Auch das vollendete.

 

Als ich nach dem Studium nach Stuttgart kam, hatte ich eine liebevolle Nachbarin, die mich annahm wie ihren Sohn. Sie wurde mit den Jahren alt und schwer krank. Am ihrem letzten Tag saß ich an ihrem Bett im Krankenhaus und spürte ihren Kampf. Sie wollte gehen, aber konnte nicht. Da sprach ich zu ihr und sagte, dass ich mit einer prachtvollen Kutsche kommen werde, um sie zu begleiten. Ich werde sie bis an die Himmelspforte führen, damit sie dort ins Jenseits übergehen kann. Nach einer Weile ergriff sie meine Hand und drückte sie ganz fest. Dann wollte sie alleine sein. Auf dem Heimweg war ich traurig und froh zugleich. Meine Gefühle waren so seltsam gemischt, wie ich es noch nicht kannte. Ich glaube, das war Trost. Am nächsten Morgen kam die Nachricht ihres Todes ...

 

Liebe Grüße,

Athmos

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Lieber Carolus, der Tod eines Nahestehenden oder die eigene Aussicht auf den Tod (schwere Erkrankung mit geringer Aussicht auf Heilung) lassen uns das Leben neu bewerten. Plötzlich legen wir andere Maßstäbe an, setzen andere Prioritäten. Was brauchen wir wirklich, um ein erfülltes Leben zu führen? Wir erkennen, dass es die einfachen Dinge sind, die uns glücklich machen können. (z.B. ein Spaziergang im Wald, Zeit mit der Familie, Musik hören usw.) Wir besinnen uns auf uns selbst und finden Ruhe in der Natur. Ich persönlich bin dankbar für das, was ich bisher erfahren habe und vor allem dafür, dass ich gesund bin. Die Lebenszeit ist kostbar. Deshalb sollten wir sie nicht verschwenden, indem wir den falschen Vorstellungen von Glück und was uns vermeintlich glücklich macht, hinterherjagen. Dein Gedicht verdeutlicht das noch einmal. 

 

Liebe Grüße Juls

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Liebe Juls,

 

ich möchte Dir statt meiner eigenen Stellungnahme zwei Zitate aus dem Schreiben meiner Cousine vom 22.10. 2022 zitieren; sie starb kurz darauf an Lungenkrebs:

 

"Wenn es mir einigermaßen gut geht, genieße ich das Leben, die besondere Schönheit der Menschen, die ich und die mich liebe(n).

Ich genieße und liebe die Natur und ihre fantastischen Lebewesen und Pflanzen. Das kann eine blaue Libelle am See sein, ein Eichhörnchen, ein kleiner Vogel. wenn ich es nicht raus schaffe,

vielleicht eine Blume mit frischen Regentropfen auf den Blüten, im Sonnenlicht auf meinem Balkon."

 

"Wenn man krank ist und weiß, dass die Zeit, die wir haben, nicht selbstverständlich zur Verfügung steht, erkennt man die Kostbarkeit des Lebens, die besonderen Momente.

Vieles ist so unwichtig und reine Zeitverschwendung, Neid, Egoismus, Starrsinn, Missgunst etc.

Wir Menschen sollten auf unserem Planeten für einander sorgen, emphatisch sein, versuchen einander zu verstehen und die wundervolle Welt der Natur und aller Lebewesen achten..."

 

Liebe Juls,

diesen Feststellungen ist m. E. nichts hinzuzufügen, zumal sie sie auch in ihrem Schreiben auf die Bedeutung von Selbstliebe und Liebe eingeht.

Ich breche hier ab und wünsche Dir einen erholsamen, ausgewogenen Schlaf!

Lieben Gruß

Carolus

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