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Entscheidungsgewalt


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Entscheidungsgewalt

 

Eine alte Frau im Rollstuhl zieht sich
an den Wandhaltegriffen den Flur entlang.
Das Leben arbeitet noch in ihr,
wie eine Unruh in der Uhr,
deren Zeiger längst zerbrochen sind.
Hinten steht ein Putzwagen quer,
um sie am Treppensturz zu hindern.
Ich sage schönes Wetter heute,
ihr Blick verrät, dass sie weder weiß,
was heute, noch was schön,
geschweige denn, was Wetter ist.
Jetzt zoppelt sie kurz an einer
am Putzwagen aufgespannten Mülltüte,
aber ihr Interesse lässt bald nach
und sie rollt wieder den Flur zurück.
Ich stehe hier und muss entscheiden,
ob meine Schwester, die
gerade im Zimmer gegenüber von einer Pflegerin
neu gewindelt wird, in die Geschlossene soll.
Ich fühle mich fies wie Miss Ratched
und wünsche mich weg,
in ein anderes Leben, am besten auf
einem Lichtjahre weit entfernten Planeten.
Jesus hatte recht,
wir sind schon bei unserer Geburt
schuldig.


 

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Liebe @Mojo182,

Entscheidungen können ein ziemlich schwieriges Unterfangen sein.  Es wird immer einen Weg geben, der nicht eingeschlagen wurde, und möglicherweise die Frage: Habe ich in diesem Fall die richtige Entscheidung getroffen?

 

Unabhängig davon tun wir alle das Beste, was wir unter den gegebenen Umständen tun können, und müssen von Zeit zu Zeit der kalten, harten Realität ins Auge sehen.  Vielleicht von Schuldgefühlen geplagt, vermutlich den moralischen Ansprüchen nicht gerecht zu werden, mit ein wenig Bedauern, kommen wir zu dem Schluss, dass wir uns bei unangenehmen Entscheidungen meistens mit Dinge herumschlagen müssen, ganz gleich welche Richtung wir gegangen wären.

Das "Was wäre wenn?" hängt unheilvoll über unseren Köpfen wie eine wütende Gewitterwolke.  Dies kann ein unerträglicher Zustand sein, denn die Realität spielt oft brutal und gnadenlos. 

 

Ich wünsche LI Kraft, Entscheidungen zu treffen, sie zu akzeptieren (auch in ihrer Unvollkommenheit), in der Wahrheit fest zu stehen, wie man sie kennt, die Erlaubnis zu geben, dass Dinge unvermeidlich sind, auf die man keinen Einfluss hat, und sich trotzdem zu sagen: "Es wird schon gut gehen.  Alles wird seine Ordnung finden" ohne die Situation weiterhin in Frage zu stellen, oder sich mental damit zu qüalen.

Dir, einen lieben Sonntagsgruß,

Donna

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vor 1 Stunde schrieb Donna:

Liebe @Mojo182,

Entscheidungen können ein ziemlich schwieriges Unterfangen sein.  Es wird immer einen Weg geben, der nicht eingeschlagen wurde, und möglicherweise die Frage: Habe ich in diesem Fall die richtige Entscheidung getroffen?

 

Unabhängig davon tun wir alle das Beste, was wir unter den gegebenen Umständen tun können, und müssen von Zeit zu Zeit der kalten, harten Realität ins Auge sehen.  Vielleicht von Schuldgefühlen geplagt, vermutlich den moralischen Ansprüchen nicht gerecht zu werden, mit ein wenig Bedauern, kommen wir zu dem Schluss, dass wir uns bei unangenehmen Entscheidungen meistens mit Dinge herumschlagen müssen, ganz gleich welche Richtung wir gegangen wären.

Das "Was wäre wenn?" hängt unheilvoll über unseren Köpfen wie eine wütende Gewitterwolke.  Dies kann ein unerträglicher Zustand sein, denn die Realität spielt oft brutal und gnadenlos. 

 

Ich wünsche LI Kraft, Entscheidungen zu treffen, sie zu akzeptieren (auch in ihrer Unvollkommenheit), in der Wahrheit fest zu stehen, wie man sie kennt, die Erlaubnis zu geben, dass Dinge unvermeidlich sind, auf die man keinen Einfluss hat, und sich trotzdem zu sagen: "Es wird schon gut gehen.  Alles wird seine Ordnung finden" ohne die Situation weiterhin in Frage zu stellen, oder sich mental damit zu qüalen.

Dir, einen lieben Sonntagsgruß,

Donna

Vielen Dank, liebe Donna, für deine hilfreichen, lieben Worte.

 

Ich glaube, du hast vollumfänglich recht.

 

Liebe Grüße

Hera

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Liebe Hera,

 

Dein Gedicht hat mich wieder sehr berührt. Deine Art zu schreiben gefällt mir sehr.

 

Du stellst Dein LI hier vor eine harte Entscheidung. Jedes Leben ist geprägt von einer Abfolge von Entscheidungen, eigenen und fremden. Fremd-Entscheidungen sind oft rücksichtslos. Die richtige Fremd-Entscheidung zu treffen fällt dem LI aber spürbar schwer, weil es eben das Wohl der Schwester bestmöglich berücksichtigen will. Auch deshalb denke ich, dass es schließlich die richtige, wenn auch möglicherweise harte Entscheidung treffen wird.

 

Ich bin mir sicher: Vor Gott zählt diese Gewissenhaftigkeit in der Not mehr, als ein möglicher Fehler, der vielleicht nicht zu vermeiden ist. Und: Keine Entscheidung ist auch eine Entscheidung, die das LI aber mit Sicherheit nicht leichtfertig trifft. So, wie Du das LI beschreibst und die Situation durch den Zustand der Schwester, das Bild der alten Dame und (in einem vorhergehenden Gedicht) auch den Druck der Pflegeeinrichtung (die Not) illustrierst, wird es sich seiner Entscheidung am Ende nicht zu schämen haben.

 

Liebe Grüße,

Athmos

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