Liebe Sternwanderer,
ja. Alterarmut ist Realität. Bittere Realität. Und es ist auch real, dass sie zunahm und weiter zunimmt.
Ich erinnere mich an meine Kindheit. An meine Großmutter, die ihre Marken in ihr Rentenheftchen klebte und sich auf die Rente freute. Leider starb sie an Krebs - ein Jahr vor ihrer Rente. Und es wäre eine gewesen, auch wenn meine Großmutter die meiste Zeit über Hausfrau war, damals war das noch so. Zusammen mit der Rente, die mein Großvater erwartete, wären beide im Alter ausreichend versorgt gewesen.
Hartz-IV-Empfänger, die gehen seit entsprechender Gesetzesänderung ja komplett leer aus, denn sobald es Hartz-IV heißt, heißt es auch keine Beiträge in die Rentenkasse. Sollen sich ja Pullover anziehen, wenn es kalt wird, brauchen keine Heizung. Brauchen keine Brille, brauchen keinen Herd, brauchen - nichts. Weil sie ja nichts 'verdienen'.
Heutzutage sehe ich alte Menschen, die sich sorgfältig anziehen, die mit geputzten, abgetragenen Schuhen die Mülleimer nach Pfandflaschen und Dosen durchsuchen ... verschämt, Blickbegegnungen vermeidend. Und ich sah eine alte Frau, die etwas Brot und ein Päckchen Schnittwurst im Discounter stahl ... aber ich sah auch Menschen. Wie den Filialleiter dort und die Verkäuferinnen. Die nicht die Polizei riefen, sondern eine Einkaufstasche mit Lebensmitteln füllten und diese aus ihrer Tasche bezahlten. Und ich sah mich, die dieser alten, verhärmten Frau nachging - der Rest ist privat.
Jedenfalls ist so lange noch nicht alle Hoffnung verloren, so lange es noch Menschen unter den Unmenschen gibt.
Und wir sollten wirklich, wirklich mehr Widerstand leisten. Nicht immer alles hinnehmen und glauben, was uns gesagt oder in den Medien gezeigt wird.
Hinter den Kulissen, in den Schwäbischen Tafeln, da sieht es ganz anders aus, als es im Fernsehen gezeigt wurde und wird. Da biegen sich keine Regale unter Bergen von frischem Obst und Gemüse. Da wird abgepflückt, geputzt und gewaschen, was Supermärkte und Discounter ansonsten in den Müll werfen. Verfaulter, welker Salat, Gummikarotten, faulige Kartoffeln, abgelaufener Joghurt. So sieht's aus.
In den Sozialkaufhäusern werden - natürlich nur bei entsprechender 'Gegenleistung', d. h. der Ausstellung einer Spendenquittung, um Geld für den 'Abfall' zu bekommen - Hundedecken mit Erbrochenem darauf, verlauste Kleidung (ja!), zerbrochenes Porzellan und Glas, heruntergebrannte Duftkerzenreste, mottenzerfressene Handtücher, zerrissene, alte Laken, dreckige, beschädigte Schuhe und, und, und abgegeben.
Wohlstandsmüll für den menschlichen Müll. Haste nix, biste nix - heute mehr denn je zutreffend. Und: Biste nix, verdienste nix, kriegste nix. Aber es ist die Wohlstandsgesellschaft, die diesen 'Müll' - und zwar sowohl den einen als auch den anderen - produziert, produktiv, effektiv, rationalisierend wie sie ist ...
Die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander. Und ich gehöre zu den Menschen, die das nicht widerspruchslos hinnehmen. Die weder Schöngerede noch Schlechtgerede unkritisch glauben.
Danke, Sternwanderer! Es kann nicht genug Aufklärung in dieser Hinsicht geben.
LG,
Anonyma