Lieber
@Carlos
vielen Dank für deine klugen Gedanken
Kitsch wird ja häufig in Verbindung gebracht mit einem als minderwertig empfundenen Gefühlsausdruck. Wenn einer es sich zu einfach macht mit dem Ausdruck von Gefühlen, zu unecht, dann wirft man ihm triviallyrik oder Kitsch vor.
Ich glaube nicht, dass meine Lyrik insofern kitschig ist. Aber sie hat glaube ich häufig etwas kindliches, synästhetisches, schwärmerisches, idolisierendes oder wie Herbert Kaiser häufig schreibt: "Poesie vom Feinsten" etwas das man in ein Poesiealbum schreiben kann. Auch sehr gut gefallen hat mir die Charakterisierung von Georg Peter, den meine Schwärmereien an "Minne" erinnerten. Mit beidem kann ich mich gut idenzifieren. Diese nächtlichen Schwärmereien sollen auch immer etwas leichtes, schmunzelndes, positives haben.
Anders als viele glaube ich in der Lyrik/Poesie auch nicht, dass Bilder logisch-stimmig sein müssen. Mich erreichen Gleichnisse häufig stärker. Diese sind nicht immer linear analog und nicht immer aus demselben Bezugsrahmen, um Eindruck zu hinterlassen.
Häufig steckt hinter den Bildern oder Bildkompositionen auch mehr als der vordergründige erste Eindruck: Ich denke Dich wie ein Kleid aus Fröhlichkeit - in meinen Gedanken kleidet deine Anwesenheit denjenigen, der sich auf dich einlässt mit Fröhlichkeit, mit Unbeschwertheit ODER: aber was steckt unter dem Kleid aus Fröhlichkeit, dahinter ?
Freudentränen, getrocknet an der Brust von Schwänen ist natürlich auch eine Komposition von Bildbedeutungen. Das Bemühen dahinter ist einen Gefühlsausdruck präziser zu erreichen als durch einfache Adjektive und insofern ist zumindest die Motivation das Gegenteil von Kitsch: Deine Freudentränen sind etwas ganz besonderes, sind wertvoll, sind besonders, haben fast die Qualität einer mythischen Waldnymphe! Schwäne lassen sie dich in ihrem Gefieder abtrocknen, nur Schwanenbrüste sind es wert, dass du deine Tränen darin trocknest.
Ich weiß allerdings, dass das ästhetische Empfinden von einer Überbeanspruchung solcher Bildkompositionen auch in Mitleidenschaft gezogen werden kann und das es da -wie du aus deinen feinen Beobachtungen heraus völlig zu recht schreibst- einen sehr schmalen Grad gibt. Diesen zu gehen gelingt auch mir nicht immer befriedigend.
Ein Beispiel aus dem obigen Gedicht: "gekleidet in ... Gemmen, in die ein Sternenregen schneit". Hier gefällt mir das Einschneien eines Sternenregen in Juwelen, also besonders funkelnde Edelsteine sehr gut vom Bildgehalt. Aber gekleidet in meerblaue Gemmen wiederum gefällt mir einfach noch nicht, fühlt sich für mich nicht rund an. Hier erscheinen mir die meerblauen Gemmen fast zu unverhaftet im Rest des Stückes, zu weit hergeholt, wenngleich das Meerblau der Mystik ihres Charakters schon nahe kommt, erreicht es nicht das gewünschte Bild, das in mir aufgestiegen ist: Millionen Gemmen ? Das ist schon wieder zu abstrakt, zu sehr von IHR gelöst und eine Inflation, die den Fokus in die profane Anzahl rückt, was nicht sein soll.. Ich ringe hart mit manchen Begriffen und natürlich sollen sich manche Sentenzen auch reimen aber einen gezwungenen Reim würde ich meinem Gedicht nicht zumuten wollen.
Nun, in Gedichten fließen Innen- und Außenwelt häufig in einer Form ineinander, die einen ganzheitlichen Ausdruck, eine Bildersprache fast unausweichlich macht. Ich gebe Dir aber Recht, dass es da bessere und schlechtere Entwicklungen in einem Gedicht gibt.
mes compliments
Dionysos