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Feedback jeder Art An meine erste Liebe (Ghasel)

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  • Ostseemoewe
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An meine erste Liebe (Ghasel)
Die erste Liebe wird auf lange Zeit im Glanz sich zeigen.
Ein Leuchten ist’s, ein Jugendtraum, ein schwärmerischer Reigen.
Ein Königreich der Liebe wollten wir im Jetzt erbauen.
In Julinächten wars so weit, die Berge zu besteigen.
Verschlungne Wege suchten Mund an Mund wir manche Stunde.
Im Angesicht der Jugend schien der Himmel voller Geigen.
Zerplatzt der Traum! Der Berg verschlang die trauten Illusionen,
bewahrt im stillen Kämmerlein sein mädchenhaftes Schweigen.
Die erste Liebe ehren? Könnt es Sünde sein? Das Reine,
die zart gehegten Triebe zu bewahren, vorzuzeigen?
Geschwind mit ihr enteilte Zeit bestimmte unsre Pläne.
Ich danke dir. Dein Lied wird schwingen, singt in Mistelzweigen.
Die Jugendliebe scheint als steter Halt und Hoffnungsschimmer,
bewahrt und schützt das sinnlich Zarte mir und ist mir eigen.
 
 
Hallo Ostseemöwe,
 
das ist die erste Ghasele die ich hier lese (heißt nicht dass es nicht noch welche gibt hier) und habe  mich sehr darüber gefreut.
Dein Motiv passt natürlich hervorragend für diese Form und ich finde es klasse umgesetzt.
Mit Genuss gelesen
 
Liebe Grüße und ein schönes Weihnachtsfest
Sali
 
Hallo, Ostseemöwe
Mit dieser Schreibart kenne ich mich nun überhaupt nicht aus. Aber schön finde ich deine Zeilen dennoch. Da werde ich wohl mal Googlen müssen. Man lernt nie aus.
Irgendwann habe ich einmal von Wachtel- oder hießen sie Schachtelverse,  gehört, das würde mich auch mal brennend interessieren.
LG sendet dir Pegasus
 
Liebe Pegasus
Vielen Dank für dein Lob. Ich probiere gerne Versarten aus.  Von Schachtel oder Wachtelverse habe ich noch nichts gelesen.  Wenn du was findest, bitte sage bescheid dann können wir uns daran versuchen.
Vielen Dank und schöne Weihnachten  
 
Hallo, Ostseemoewe,
 
ich schließe mich, bezüglich des Inhalts, gerne den Vorkommentaren an.  :smile:
 
Die erste Liebe - ich war übrigens zehn Jahre alt. Mhm, war im Sommerlager, damals. Ich traf da einen Jungen und er entsprechend natürlich mich. :classic_laugh:  Und wir waren sofort und für die ganze Zeit, die wir dort verbrachten, unzertrennlich. Wir spielten fast gar nicht mehr mit anderen Kindern, klebten die ganze Zeit über zusammen. Dann, am letzten Tag, als wir uns verabschieden mussten, waren wir beide wirklich traurig. Er meinte dann, er hätte das schon in Filmen gesehen und deshalb wäre das jetzt genau das Richtige: Er gab mir einen feuchten Kuss, mehr einen Schmatz (in dem Alter, versteht sich, hatten wir beide noch reichlich wenig bzw. eigentlich gar keine Ahnung von dieser Art von Küssen) direkt auf den Mund. Und ich kann immer noch das unschuldige, so schöne Gefühl spüren, das ich damals empfand. Mir wurde ganz warm dabei, mein Herz klopfte schneller und ich merkte, dass ich errötete. Wie könnte ich dieses Gefühl heute am besten beschreiben? Eine Mischung aus Glück, Freude und Verlegenheit. Wir versprachen uns, Hand in Hand, dass wir beide nächstes Jahr wiederkommen würden.
Und, wie es bei Kindern so ist, vergaßen wir, unsere Adressen oder Telefonnummern auszutauschen ... und, wie das Leben so spielt, war ich im nächsten Sommer krank und konnte nicht ins Sommerlager. Wäre er da gewesen? Wer weiß. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber, wie dem auch sei - ich erinnere mich sehr, sehr gerne daran. Es ist eine der ganz besonderen und schönen Erinnerungen, die ich habe und ein Erlebnis, das ich nicht missen möchte. 
 
Noch etwas zum Ghazal/Ghasel. Ich habe einen blinden, persischen Nachbarn, er kam ursprünglich aus dem Iran. Es ergab sich mit der Zeit eine platonische Freundschaft, denn auch er interessiert sich für die Dichtkunst. Wir sitzen regelmäßig zusammen, trinken Kaffee, unterhalten uns über 'Gott und die Welt' und eben auch über Dichtkunst. Von ihm erfuhr ich auch, warum die Gedichtform des Ghazal gerade im Persischen entstand und warum sie sich so gut für die persische Sprache eignet. Ich kann zwar kein Persisch, mein Sprachtalent ist eher - nun, nicht so gut, nenne ich das mal. Aber die Erklärung benötigt auch keine persischen Sprachkenntnisse. 
 
Ich gehe.
Ich gehe nicht.
 
Die Verneinung im Deutschen. Es wird bei uns also ein zusätzliches Wort hinzugefügt: nicht. 
 
Im Persischen, so erklärte er mir, ist das anders. Und nicht nur bei Verneinungen, das dient nur als ein Beispiel. Im Persischen ändert sich die Wortendung. Das bedeutet, jede Verneinung ergibt - die Möglichkeit eines identischen Reimes. Und das trifft nicht nur auf die Verneinung zu, sondern auch auf andere grammatische Veränderungen. Während wir im Deutschen also Wörter hinzufügen, ändert sich im Persischen die Wortendung. Was natürlich eine Fülle! an identischen Reimen ergibt. An denen es im Deutschen dagegen wirklich mangelt. Er meinte auch, dass die persische Sprache 'blumiger' in ihrer Ausdrucksweise wäre, weshalb Liebesgedichte (zu denen auch das Ghazal zählt) in seiner Heimat so eine große Rolle spielten und spielen. Wogegen, auch das meinte er, sich die deutsche Sprache wiederum viel besser dafür eignet, mit der 'Sprache zu spielen'.
 
Sieh diese kleine Ausführung als eine Art 'Überleitung': Das Ghazal benötigt identische Reime. Also z. B. so:
 
Die erste Liebe wird auf lange Zeit im Glanz sich zeigen.
Ein Leuchten ist’s, ein Jugendtraum, ein schwärmerischer Reigen.
Ein Königreich der Liebe wollten wir im Jetzt erbauen.
In Julinächten wars so weit, die Berge zu besteigen.
 
Die erste Liebe wird auf lange Zeit im Glanz sich zeigen,
um durch ihr Leuchten mir die Jugendträume aufzuzeigen:
 
Ein Königreich der Liebe wollten wir im Jetzt erbauen,
auf Berge steigen, diese wollten uns die Wege zeigen,
 
usw.
 
Nur als (ein nicht sonderlich gutes) Beispiel, ich habe jetzt nur rasch, aus dem Stegreif, improvisiert. Es geht um das Reimschema - um identische Endreime. Es sind die identischen Reime, die diese Gedichtform im Deutschen so schwierig machen. Denn natürlich ist es nicht Ziel, einfach jedes Mal 'zeigen-zeigen-zeigen-zeigen' zu reimen (weshalb ich hier 'aufzuzeigen' verwendete). Wer also zum ersten Mal ein Ghazal schreibt, wird merken, was ich merkte: Es gibt tatsächlich im Deutschen einen Mangel an Endreimen. Darin sind die Möglichkeiten unserer Sprache sehr begrenzt. Das merken wir kaum, wenn wir Varianten verwenden (wie z. B. du in deinem Gedicht hier) - aber bei der Suche nach identischen Reimen macht sich das deutlich bemerkbar. (Es gilt im Ghazal zudem als erwünscht und kunstvoll, noch weitere Binnenreime und identische Binnenreime hinzuzufügen.) Dann steigert es sich, in unserer deutschen Sprache, von 'echt schwer' zu 'teuflisch vertrackt' ... 
 
Aber es ist auch eine echte Herausforderung. Und so eine Herausforderung kann ihren ganz eigenen Reiz ausüben ...  :wink:
 
Ja - die erste Liebe, sie bleibt unvergessen. Und das ist wunderbar so!  :heart:
 
LG,
 
Anonyma
 
 
 
Liebe Anonyma
Ich bedanke mich herzlich für die ausführlichen Erklärungen zum Ghasal. Ich werde mir mit Sicherheit Deine Ausführungen abspeichern und ausprobieren.
Wir werden nie ganz die schöne persische Dichtkunst imitieren können. Selbst Übersetzungen ins Deutsche sind kaum mit letzter Konsequenz möglich.
Ein schönes Weihnachtsfest wünsche ich dir Ilona 
 
  • Ostseemoewe
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