Carolus
Autor
Ballade vom letzten Tanz
Was ihn in jener Nacht hieß bleiben,
er wusste es nicht, nachdem
die letzten Tänzer längst gegangen.
Im leeren Saal nur er, allein,
vom Dämmerlicht umfangen.
Wie einst vor langer Zeit, als er bereit,
auf stiller Bühne des Theaters hymnisch
sein Empfinden von Freiheit, seinem Leben
echolos in einem stummen Raum
vor leeren Stühlen preiszugeben.
Wie jetzt, wie nie zuvor ein Schaudern
heftiger Lust ihn überwältigt,
Lücken ungelebten Daseins zu enthüllen,
im Tanz mit feurigem Begehren und
Zartheit ohnegleichen aufzufüllen.
Trauergefühle, verdrängt durch
solche der ersten Liebe, mischen sich
mit Wut und Bitterkeit über Verluste.
Versagen und Ohnmacht, mit jubelnden Gesten
von Augenblicken außergewöhnlichen Glücks.
Beim ersten Morgenlicht - Frühlingslüfte
durch angelehnte Fenster dringen -
hält er inne. Alles hat er im Tanz zur Musik
des „Frühlingserwachens“ von sich gegeben,
brachte sich selbst zum Schweben und Schwingen.
Dankbar fragt er sich, was für eine Kraft.
besondere Augenblicke seines Lebens
in überbordende Gefühle wandelt,
zu welch wunderliche Bewegungen
diese ihn treibt, einmal noch alles zu geben.
Nackt auf dem Tanzboden findet ihn
der Hausmeister am Morgen
mit dem Lächeln eines Toten im Gesicht,
der mit sich und dem Leben im reinen.