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Feedback jeder Art Das Ende der Geborgenheit

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  • maerC
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Das Ende der Geborgenheit
 
Geborgen im Roggen, das Kitz ganz allein
Die Ricke ist meilenweit fort
Die leiseste Regung kann tödlich schon sein
Am scheinbar nur sicheren Ort
 
Der Roggen steht hoch und die Erntezeit naht
Die Mähdrescher rollen herbei
Sie schlagen schnell Schneisen ins Feld bei der Mahd
Der Schutz für das Kitz ist vorbei
 
Das Kitz duckt sich tief, denn es spürt die Gefahr
Wär' Flucht jetzt die bessere Wahl?
Von fern wird die Ricke des Dramas gewahr
Erstarrend vor Ohnmacht und Qual
 
Dann plötzlich, o Wunder, der Mähdrescher hält
Es ruft jemand: Achtung, ein Kitz!
Das Rehkitz blickt zitternd aufs offene Feld
Dann springt es davon wie ein Blitz
 
So weit man auch blickt, ist der Himmel tief blau
Das Korn ein gelb wogendes Meer
Ein letztes Mal schauen, das Kind folgt der Frau -
Der Heimat entflieh'n fällt so schwer
 
Moin @maerC,
 
stark!
Zuallererst ist mir das tolle Versmaß aufgefallen. 
Nicht nur, dass du wunderbar im Metrum bleibst, auch der stetige Wechsel von 4- zu 3-hebigem Amphibrachys gefällt mir sehr gut. Ein super klang und eine spannende Dynamik von Aufsteigen und Abfallen, die ja auch inhaltlich Sinn macht in diesem Wechselspiel von Sicherheit und Gefahr. Ich sehe da förmlich im Metrum das hektische Heben und Senken des kleinen Brustkorbs vor mir.
 
Der Vollständigkeit halber seien nur zwei Stellen erwähnt, an denen ich metrisch doch gestolpert bin:
"jemand" scheint mir hier zu stark zu sein, um es komplett unbetont zu lesen.
"gelb wogendes Meer" betont leider auch das "gelb" recht stark, das kann neben "wogendes" gar nicht so sehr zurücktreten, zumal die Farbe hier ja auch eine zentrale inhaltliche Bedeutung hat.
 
Formal muss ich ansonsten nun gar nicht mehr so viel aufzählen, nur folgende sprachliche Anmerkungen habe ich noch:
"Drama" passt für mich hier nicht so richtig, das wird ja oft auch eher ironisch verwendet. Ich wäre eher bei "Unglück" oder "Unheil".
 
Ich finde es ganz wunderbar, wie du hier, eingepackt in ein Naturgedicht, auf 2 Ebenen 2 für sich ganz griffige Geschichten erzählst. 
Auch die Story des Kitzes allein hat mich abgeholt und dein sprachlicher Stil gefällt mir dabei übrigens auch sehr gut. 
Die letzte Strophe mit den Bezügen zum blauen Himmel und dem gelben Korn bringt dann aber auch noch eine politische Dimension ein unter der sich der ganze Text noch einmal deutlich düsterer lesen lässt. 
Die letzte Strophe und besonders die letzten beiden Verse sind dabei so intensiv, starker Abschluss!
 
Ich wäre hier gern ausführlicher gewesen, aber wo es nichts zu Mäkeln gibt, muss man es auch nicht zerreden 😉
 
Gern gelesen und
LG Dali Lama
 
 
Hallo @maerC, mir gefällt dein Gedicht, welches gleich zwei Geschichten in sich trägt. Zunächst ein Hoffen und Bangen mit dem kleinen Rehkitz und zum Schluss eine noch viel dramatischere Szene in kurzer Fassung, aber mit starker Wirkung!
 
Lieben Gruß, Letreo
 
Hallo maerC,
 
der Wechsel zwischen 4-hebig und 3-hebig finde ich gut und ansprechend, dies geht etwas über das üblich Gewohnte hinaus.
 
Nur bei der letzten Strophe habe ich etwas gezuckt, hier ist ein Bildbruch vorhanden, von der Situation des Kits über die Situation einer Heimat. Hat mich etwas irritiert. Vielleicht, wenn du zu diesem Schlussvers einen Einleitungsvers schreibst, der die Situation des Kits im Roggen umfängt, würde es evtl. eine Irritation vermeiden.
 
Ansonsten gefällt mir das Gedicht sehr gut.
 
Herzlich,
Thomkrates
 
Hallo @Dali Lama,
besten Dank für die ausführliche, positive Rezension. Was deine Anmerkungen betrifft, habe ich mir folgende Alternativen überlegt, die möglicherweise die Betonung besser treffen:
4. Strophe, 2. Zeile:                     Dem Ruf folgend: Achtung, ein Kitz!
5. Strophe, 2. Zeile:                     Darunter ein korngelbes Meer
                                                       (wobei auch hier das "gelb" etwas untergeht)
Ansonsten finde ich "Drama" ganz passend, ich sehe es hier nicht in Gefahr, ironisch zu wirken.
Danke nochmal,
LG
maerC
 
Hallo @Carlos,
soso! ("Geborgen im Roggen" rollt besser als "geborgen im Weizen")
LG maerC
 
Hallo @Letreo71,
es freut mich, dass dir mein Gedicht gefallen hat. Ich denke, Geborgenheit ist das, was sich nicht nur Rehkitze, sondern vor allem die ukrainischen Kinder gerade jetzt besonders wünschen. Danke für deinen Kommentar.
LG
maerC
 
Hallo @Thomkrates,
danke für deinen lobenden Kommentar. Ohne die 5. Strophe kam mir das Gedicht noch unfertig vor. Deshalb habe sie hinzugefügt, um einen Bezug zur menschlichen Geborgenheit angesichts des Krieges herzustellen.
LG
maerC
 
 
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