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Das Lorbeerkind

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Vor nicht allzu langer Zeit
Da war das Lorbeerkind noch klein
Schutzlos der Welt ausgeliefert
Wusste es nichts von seinen Gaben.
 
Der Vater wusste keinen Rat
Das Lorbeerkind war anders
Es hörte und sah, sprach und liebte anders
So schrie aus Angst der Vater, es solle sich benehmen.
 
Das Lorbeerkind versuchte es
Ohne Erfolg und mit großem Frust
Schnitt Wunden in Fleisch und Seele
Bis kein Tropfen Rot mehr übrig war.
 
Doch eines Tages, da spuckte der Vater
in die Wunden zum etlichen mal
Diesmal wuchs das Brennen, wurd' immer stärker
Verwandelt sich plötzlich in lodernde Flammen.
 
Das Lorbeerkind schrie auf vor Schmerz
Das Feuer taute die Seele auf und verbrannte sie zugleich
Und von allem überfordert
Riss das Lorbeerkind sein Herz heraus.
 
So legte das Kind in Tränen
Sein Herz in die goldene Schatulle
Ein letzter Kuss versiegelt sie
Auf ihm unbekannte Zeit.
 
Das Lorbeerkind es rennt und rennt
Schatulle und Schlüssel sollen verschwinden
Vergräbt sie schließlich an geeignete Stellen
An Orten, die nicht in der Vorstellung des Vaters liegen.
 
Langsam verwandelte das Lorbeerkind
Sich zu einem starken Felsen
Die Spucke des Vater vom Regen verwaschen
Auch das größte Feuer kann ihm nichts
Und so vergeht die Zeit.
 
Hallo Scathach,
Freut mich, dass dir die Geschichte gefällt!
 
Die Erzählung ist autobiografisch, aber das ist schon in Ordnung. Solche Erfahrungen bringen uns weiter und formen uns. Ohne sie hätte ich wahrscheinlich nie angefangen zu schreiben.
 
Eins ist aber definitiv sicher, die Geschichte des Lorbeerkinds ist vielleicht vorbei, aber meine noch lange nicht. ^^
 
Liebe Grüße
Midnightstreets
 
Genau so sehe ich das auch!
 
Grüße
Midnightstreets
 
Hallo Midnightstreet,
dein Text liest sich wie ein Märchen, hattest Du das gleichnamige Märchen dabei im Sinn?
Dieses hat ein Happy End, deine Geschichte wird wohl erst noch zu Ende geschrieben.
Gern Gelesen!
LG
Perry
 
Hallo Perry,
Um ehrlich zu sein hatte ich "Lorbeerkind" zuerst nur von meinem eigenen Namen abgeleitet.
Der Text war schon fast fertig als ich dann das Wort Lorbeerkind gegoogelt und das Märchen gefunden habe, das ich noch gar nicht kannte. Dann habe ich meinen Text ein wenig daran angepasst.
Im Märchen bekommen die Eltern, die sich ein Kind wünschen nur einen Lorbeerkern. Sie werden enttäuscht, wie der Vater in meinem Text auch.
 
Außerdem gibt es in der griechischen Mythologie den Sohn des Hermes Daphnis (griechisch Lorbeerkind), der in einigen Versionen seiner Geschichte an Liebeskummer stirbt, in anderen wiederum wird er in einen Stein verwandelt. Das war auch die Inspiration für die letzten Strophen.
Mein Lorbeerkind reißt sich nämlich die Emotionen raus und verwandelt sich dann, um überleben zu können.
 
Danke fürs Lesen!
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Liebe Grüße
Midnightstreets
 
Hallo Midnightstreets
Dein Gedicht spricht mich sehr an und erinnert mich an Kinder, die aus irgendwelchen Gründen ‚anders‘ sind als die meisten als normal bezeichneten Kinder. Dabei tragen z.B autistische Kinder einen grossen Reichtum mit sich, der sich der Aussenwelt oft verbirgt. Aber vielleicht ist der Hintergrund für Dein Gedicht ein anderer. Es gibt vieles, das Erwachsene bei ihren Kindern verkennen und sie ihrer „idealen“ Wunschvorstellung gemäss formen wollen. Danke für die Zeilen !
Liebgruss Amygdulus
 
Hallo Amygdulus,
Ich glaube die Geschichte kann auf jede Form des Andersseins übertragen werden. Alles was anders ist birgt Schätze, wenn man danach sucht und sie erkennt. Normal wird nie die Welt verändern können.
 
In meinem Fall war meine Sexualität (liebte anders), mein künstlerisches Talent (hörte, sah, sprach anders) und mein kritisches Hinterfragen das "Problem". Das ist auch heute noch so, aber vielleicht wird auch mein Vater wie der Prinz des anderen Märchens irgendwann die Schönheit des Lorbeerkinds zu schätzen wissen...
 
Liebe Grüße
Midnightstreets
 
Das Lorbeerkind, Akt II
 
Das Lorbeerkind fühlte lange nichts,
Keine Frust, keine Zufriedenheit,
Seine Zeitrechnung stand still,
Vergaß, was mal vor der Wende war.
 
Eines Tages brach jedoch ein großes Feuer aus,
Anfangs überwog die Gleichgültigkeit,
Doch schnell stellte das Kind fest,
Dass dieses Feuer von dichterer Beschaffenheit war,
Mächtiger als alles zuvor.
 
Die winzigen Partikel der Vergangenheit
Fingen zu beben, gar zu glühen an,
Und trotz des großen Schmerzes,
Wuchs die Sehnsucht nach der Zeit,
In der das Kind noch war.
 
Das Kind musste etwas suchen,
Doch die Erinnerung war zu schwach,
Bilder von mystischen Orten tauchten auf,
Aber wo konnten diese liegen?
 
Verzweifelt suchte es jede Stelle ab,
Reiste an die entferntesten Orte,
Denn das Verlangen war groß,
So groß, dass das Kind
Mehrmals seine Seele aufgeben wollte.
 
Dann war es da, plötzlich,
An einem undefinierbaren Ort,
Ein riesiges fluoreszierendes Feuer
Und an seiner heißesten Stelle,
Eine goldene Schatulle.
 
Die Erinnerung brach ein,
Füllte das Kind mit entsetzlicher Angst,
Doch was hatte es zu verlieren,
Wenn es bereit war seine Seele aufzugeben?
 
Das Herz war kaum wiederzuerkennen,
Verkohlt und staubig und fremdartig,
Und als das Kind es schließlich einsetzte
Trat der Schmerz mit Gewalt in seine Brust.
 
Es kostete viel Kraft, übermenschlich viel Kraft,
Nicht das Herz wieder herauszureißen
Oder gar seine Seele,
Doch das Kind wusste nun,
Dass der Schmerz es nie von dieser Welt auslöschen,
Sondern mit ihr verbinden würde.
 
So lernte das Kind das Feuer zu zähmen,
Das gutartige, erwärmende Feuer zu verteilen
An vereiste Seelen,
An vereiste Herzen.
 
Die Vergangenheit des Kindes,
Hallte in der Vergangenheit unzähliger anderer nach,
Vor Glück weinend erkannte so das Kind,
Dass es nie alleine war,
Dass verbundene Seelen auch dem größten Schmerz standhalten.
 
Nie wieder sollte das Kind nun sein Herz aufgeben,
Denn wie soll es sein, wenn es nicht fühlt?
 
 
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