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Feedback jeder Art Des Dichters Tod

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Hayk

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Wenn meine Leidenszeit zu Ende geht
und mich Gevatter Hein mit kaltem Hauch anweht,
wenn ich dann die Gewissheit habe,
dass nicht Languste oder Hummer,
waren meiner Seele Kummer,
sondern Krebs mich flott zum Grabe
hingeführt hat, habe ich nur eine Bitte:

 
Macht doch nicht so lange Gesichter!
Ihr tragt zur Grube nur ‚nen toten Dichter,
der endlich Schluss macht mit dem Reimen.
Hört auf zu loben und zu schleimen
und singt ein Lied zu seinem Preis,
bildet einen großen Kreis
und tanzt für mich die Tarantella -
hoch das Bein! Am höchsten kann das unsre Stella.

 
Ihr ängstigt euch vor jener schwarzen Pforte?
Ich gebs ja zu: Es gibt viel schönre Orte.
Schmeißt mir drei rote Rosen hinterher,
sagt paar Worte, recht bedeutungsschwer
und fragt das rotbezopfte Weib,
ob sie zu meinem Zeitvertreib
nicht mit mir in die Grube will
(ich glaube, sie heißt Ruth, vielleicht Sybill).

 
Doch ganz egal ob Billi oder Ruth,
es tät mir kalten Leiche gut,
sie läg bei mir und wärmte mein Gebein
und neidisch wäre Bruder Hein,
wenn sie noch einmal zittert oder bebt,
ihr Röckchen hoch und höher hebt
und flüstert: Dieser Dichter hat gelebt!
Jetzt könnt ihr flott zum Wirtshaus laufen
und Dichters Fell, sprich meines, zu versaufen.

 
Vorher noch erlebt die bass erstaunte Menge
ein nie gekanntes, ganz poetisches Spektakel:
Der Rotschopf springt mit einem Satz ins kühle Bett ,
zu teilen für die Ewigkeit des Sarges arge Enge;
ein Musentroll nur neidisch seufzt: Wie nett!
Für alle andern ist der Casus ein Mirakel.
Und sieh! Der tot geglaubte Dichter-Jüngling hebet
aus dem Grabe sich empor
und in seinen Armen schwebet
die Geliebte mit hervor.
Es freu'n sich alle Dichter über rotgeschopfte Sünder;
unsterbliche Poeten tragen verlorene Kinder
mit feurigen Armen durchs himmlische Tor.


(Ich will nicht verschweigen, dass ich die letzten Verse mutatis mutandis aus Goethes „Der Gott und die Bajadere“ geklaut habe) 
image.png
 
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