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DIE NACHRICHT
 
Leise öffnet sich die Wohnungstür. Anna schlüpft vorsichtig hindurch. Nur keinen Krach machen, damit Vater nicht aufschreckt. Dann schleicht sie auf Zehenspitzen in ihr Zimmer, welches sie bis zum Abendbrot nicht mehr verlässt, bis Mutter zum Essen ruft. Schon beim Betreten der Küche spürt das Mädchen die Spannungen zwischen den Eltern und nimmt einen üblen Geruch wahr.
 
Horst fläzt auf seinem Stuhl. "Was glotzt du denn so? Setz dich endlich hin und steh da nicht so blöd in der Gegend rum!", herrscht er seine Tochter an. Diese schlängelt an Vaters Stuhl vorbei und lässt sich, ohne den Blick zu heben, auf ihrem Platz nieder. Jutta legt die Hand tröstend auf die von Anna und fragt: "Wie war denn heute die Schule, Liebes?" Kaum holt das junge Mädchen Luft, krächzt Horst dazwischen: "Jutta, warum ist kein Bier auf dem Tisch? Jeden Abend dasselbe. Du weißt doch, dass ich immer mein Bierchen am Abend trinke." Jutta sieht ihren Mann flehend an. Dieser weicht ihrem Blick aus, hangelt sich zum Küchenschrank und fingert dort eine kleine grüne Flasche aus der Schublade. Er leert sie in einem Zug. "Horst bitte!", versucht Jutta ihn abzuhalten, "Geht es denn nicht einmal ohne das Zeug?" Der reißt die Augen weit auf und pöbelt sie an: "Ach, lass mich in Ruhe!"
 
Anna sitzt regungslos und beobachtet traurig das Geschehen. Ein Versuch, die Tränen zu unterdrücken, misslingt. Horst scheint das gar nicht zu interessieren. Er verlässt polternd erst die Küche und dann die Wohnung. "Kind, es tut mir so leid.", hört Anna ihre Mutter sagen, die hilflos zu ihrer Tochter blickt. Kopfschüttelnd meint Anna nur: "Warum dir? Wir sollten die Zeit nutzen bis Vater heimkommt und die Flaschen, die er offensichtlich versteckt hält, finden und wegschaffen!"
Beide beginnen sogleich, alle Schränke und möglichen Verstecke ausfindig zu machen, immer die Angst im Nacken, Horst könne jeden Moment zur Tür hereinkommen. Sie werden fündig. Jutta entsorgt das Teufelszeug im Abfluss und Anna verstaut die leeren Flaschen im Wäschesack in ihrem Zimmer. Sie wird diese gleich morgen auf dem Weg zur Schule in den Container werfen.
 
Am nächsten und dem folgenden Tag taucht Horst nicht wieder auf. Seither sind Jahre vergangen. Anna lebt inzwischen mit Freund Tim zusammen. Als sie an diesem Morgen mit der Hand vergebens nach Tim tastet, öffnet sie suchend die Augen und schaut sich um. Erleichtert hört sie die Kaffeemaschine blubbern. Sie wirft sich den Morgenmantel über und schlendert in die Küche. Es duftet herrlich. Aber wo steckt Tim? Da fehlen sonst nur noch die frischen Brötchen, denkt Anna. Auf dem so liebevoll gedeckten Küchentisch fällt ihr in diesem Moment eine leere grüne Pikkoloflasche auf, in deren Hals ein Zettel steckt. Anna ist den Tränen nahe, geht zum Tisch und zieht mit zitternden Händen den Zettel aus der Flasche. Die Buchstaben verschwimmen vor ihren Augen, als sie liest: Bin gleich zurück, Kleines!
 
Hallo Darkjuls,
ich kann gut Annas Angst verstehen, als sie die leere Pikkolo Flasche sieht.
Ich kann es gut verstehen, weil du die Vorgeschichte erzählt hast.
Manche Erfahrungen prägen uns ein Leben lang. Egal wie sehr wir versuchen, alles rationell zu erklären, zu verarbeiten, ein Rest von Angst bleibt.
Ich kann gut Annas Erleichterung und Freude beim Lesen des Zettels nachvollziehen.
Liebe Grüße
Carlos
 
Liebe @Darkjuls. Durch die Kindheit belastete Ängste, die ihren Platz im Leben für immer haben werden. Sehr berührend geschrieben und den Leser mitgenommen. In dem Fall mich. Erinnert mich ein bisschen an das Lied von Udo Jürgens "Ich war noch niemals in New York". Vor allem der Schluss......
Aber nicht zu vergleichen mit dem Problem "Alkohol" in Verbindung damit.
Schicke den Link einfach mal für dich mit. Es kann ja auch gut ausgehen. So wie in deiner Geschichte.
Mit ganz liebem Gruß
Sonja
 
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Hallo Darkjuls,
 
deine Geschichte ist sehr spannend geschrieben und es bleibt aufregend bis zum Schluss, da lässt das Happy End den Leser aufatmen..
 
Liebe Grüsse
anais 
 
Danke sehr für Eure Meinungen zur Geschichte, lieber Carlos, Botenstoff, liebe Sonja und Anais. Das Leben prägt uns und wir machen unsere Erfahrungen. Ob es nun der Alkohol oder eine andere Droge ist, sie zerstört nicht nur den Menschen selbst, sondern auch sein Umfeld leidet. Meist holt die Erinnerung einen irgendwann ein und lässt alte Ängste erwachen. Jeder, der mag, kann die Geschichte weiterdenken. Wird Anna ihre Ängste besiegen und wird Tim bald wieder heimkommen oder fern bleiben, wie einst der Vater? 
 
Lieben Gruß und danke an alle Leser, besonders auch für die Likes.
Darkjuls
 
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