Carolus
Autor
Ein „Gedicht“
Vielfältiges in Veilchenblau,
Buttergelb, blass Lila
und Kirschblütenweiß
wächst nicht in einem Urwald
aus tausend Gräsern,
um im Poesiealbum zu welken.
Zu Fuß oder beflügelt sind
Pflanzengenießer und Gefräßige
sowie Nektarsucher unterwegs.
Kriechend, fühlend rücken
die behausten Vegetarier vor.
Ein Käfer mit rotem Hinterteil
balanciert auf schwankendem Halm,
pumpt, prüft Flügel, hebt ab.
„Donnerwetter, was für Kurven!
Fliegen müsste man können!“
Wenn Wind die goldenen
Strahlenkränze, zartblaue
Blütenbecher schaukelt,
wenn glitzernde Kugeln
aus Nachttau kullern
zum wuseligen Grund,
wandelt sich ein Gräserurwald
zu einem wogend grünen Meer,
darin sich gelbe Sterne spiegeln.
Eine Frau beim Vorübergehen:
„Diese Wiese ist wirklich ein Gedicht!“
Ob dieses „Gedicht“ noch lebt,
wenn sie und ich für immer gegangen?