Lieber Tobuma, vielen Dank für Deine ausführliche Rückmeldung.
Da hast du aber einen ziemlich großen "Gedankenfelsen" ins Wasser geworfen, an dem sich
schon eine Reihe von Philosophen und Wissenschaftlern, teilweise in bösem Streit, versucht
haben.
Das mag sein. Ursprünglich habe ich dieses Gedicht, wie alle meine Gedichte, nur für mich selbst verfasst. Sie sind mein Mittel die große Welt im allgemeinen und meine persönliche Welt im besonderen zu ordnen, zu verstehen und zu bewältigen. Ob Gelehrte sich die Köpfe einschlagen oder meine Ansicht belächeln, interessiert mich dabei nicht. Ich habe nicht die Absicht andere zu belehren. Es erfreut mich aber natürlich, wenn es mir gelingt andere zu bereichern. Andere Meinungen und Sichtweisen sind dabei natürlich herzlich willkommen. Bereicherung ist keine Einbahnstraße.
Mein "grundloser Grund" wäre der Gedanke , dass die Natur, immer wieder neue Gestalten
und Entwicklungen schafft, die alle für sich den "Luxus des Lebendigen" zeigen, ohne jeweils
einem bestimmten Zweck oder Nutzgedanken zu folgen.
Das ist ein interessanter Aspekt. Der Sinn des Lebens ist: zu leben. Mehr braucht es nicht zur Daseinsberechtigung. Mir kommt bei Deiner Aussage spontan aber noch dieser Gedanke: Wenn ein "Sein" sich aufmacht ins Leben einzutreten, ist die Lebensform dann nicht vollkommen offen? Das es (natürlich/notwendigerweise) als Mensch geboren wird, diese Vorstellung entspringt auch wieder nur der begrenzten Sichtweise des Menschen.
Lebendiges ist, wenn wir es auf uns wirken lassen und genau hinschauen, immer schön,
enorm vielfältig und interessant.
Die Abwertung anderer Lebensformen (Unkraut, Ungeziefer, ...) ist ein rein menschlicher Maßstab - der auch an den Mitmenschen angelegt wird. Wir teilen andere nach unserem persönlichen Nutzen ein (Mitarbeiter des Monats, Nutzvieh, etc.), um den eigenen Profit, den wir aus ihnen beziehen wollen, zu maximieren. Was wir dagegen setzen können ist die Liebe - zum Menschen und zur Natur.
Die Folgen der Bewertung sind Diskriminierung, die Ausrottung "unwerten" Lebens, die Abtreibung zur Verhinderung, dass behinderte Menschen auf die Welt kommen. Letzteres übrigens ein Thema für sich, dass ich einmal separat betrachten werde. Nur so viel: ich bin glücklicher Vater eines Sohnes mit Down-Syndrom, der mich mit seiner offenen, herzigen Art schon manches Mal darüber grübeln ließ, wer von uns beiden im Grunde behindert ist ...
Die Bereicherung durch Menschen "mit eingeschränkten kognitiven bzw. körperlichen Fähigkeiten", wie man heutzutage angehalten ist zu sagen, hast Du ja selbst sehr schön und ausführlich beschrieben. Ich bin übrigens kein Freund von verschleiernden Umschreibungen. Alles hat seinen Namen, und der sollte auch ohne schlechtes Gewissen verwendbar sein. Ausnahme sind Begriffe, die absichtsvoll mit abwertenden Assoziationen aufgeladen wurden, die mobben und ausgrenzen.
Da jedes Kind , das neu gezeugt wird, aus einem fast unendlichen Fundus von
Variationsmöglichkeiten entsteht und damit immer einzigartig ist (auch wenn es vielleicht
in seiner Eigenart nicht immer den Erwartungen der Eltern entspricht) sollten wir es fördern
und lieben, damit sich das, was in ihm angelegt ist, sich optimal entfalten kann.
Was am Ende daraus wirklich wird, das haben die Eltern selbst ja nur begrenzt in der Hand
(Anlage , Erziehung, Partner, Zufall), sondern das gestaltet jedes Individuum in seiner
Entwicklung selbst.
Da kann ich nicht widersprechen. Das ist, wenn man so will, die Erwartung, die jedes Neugeborene hat. Deshalb auch der Titel "Erwartungsvoll". Was am Ende daraus wird, ist dann diese Mischung aus "ein Alles" und "ein Nichts".
Deine intensiven Betrachtungen meines Themas haben mich sehr gefreut und mit neuen Perspektiven bereichert.
Liebe Grüße,
Athmos