Vielen Dank, lieber Carlolus, für Deine Anmerkungen. Als erfahrener Poet und Kenner der Materie, wird Dir die von mir geschilderte Erkenntnis nicht neu sein. Ich habe vor einigen Jahren den Schauspieler Hans-Peter Minetti kennen gelernt.
Unser Gespräch drehte sich auch um dieses Thema (Sinn des Lebens) und mir fiel eine Gedichtzeile ein, etwa "mehr als die Vielgelehrten wissen", kannte weder den Dichter noch das ganze Gedicht. Minetti, wusste sofort, dass es sich um Novalis handelte und fragte mich, ob ich das ganze Gedicht mal hören wollte (er kannte nach eigenem Bekunden fast 1000 Gedichte auswendig, stellte sich in den Altarraum unserer alten Dorfkirche, ich durfte mich in die Ehrenloge setzen und dann rezitierte er:
Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Sind Schlüssel aller Kreaturen
Wenn die, so singen oder küssen,
Mehr als die Tiefgelehrten wissen,
Wenn sich die Welt ins freie Leben
Und in die Welt wird zurück begeben,
Wenn dann sich wieder Licht und Schatten
Zu echter Klarheit werden gatten,
Und man in Märchen und Gedichten
Erkennt die wahren Weltgeschichten,
Dann fliegt vor Einem geheimen Wort
Das ganze verkehrte Wesen fort.
Seine Vortragskunst war überwältigend und - ich habe verstanden (wie es mir oft ging, wenn er, Minetti, Gedichte rezitierte. Ich durfte auch gleich erfahren, dass dieses Gedicht von Novalis (mit richtigem Namen Georg Friedrich Philipp Freiherr von Hardenberg) stammte und um 1800 entstanden ist. Ein bisschen Heinrich Heine (auch hier gibt es ein Gedicht über die Suche nach dem Sinn des Lebens - leider ist mir der Titel entfallen) spielt auch in mein Gedicht hinein. Mit anderen Worten: Wenn Du in dem Gedicht etwas Kluges findest, dann war ich nicht der erste, der darüber nachgedacht hat.
Liebe Grüße!
Nachtrag
Ich habe das Heine-Gedicht gefunden:
"Am Meer, am wüsten, nächtlichen Meer
steht ein Jüngling-Mann,
die Brust voll Wehmut, das Haupt voll Zweifel,
und mit düstern Lippen fragt er die Wogen:
"O löst mir das Rätsel des Lebens,
das qualvoll uralte Rätsel,
worüber schon manche Häupter gegrübelt,
Häupter in Hieroglyphenmützen,
Häupter in Turban und schwarzem Barett,
Perückenhäupter und tausend andre,
arme, schwitzende Menschenhäupter.
Sagt mir, was bedeutet der Mensch?
Woher ist er kommen? Wo geht er hin?
Wer wohnt dort oben auf den goldenen Sternen?"
Es murmeln die Wogen ihr ew'ges Gemurmel,
es wehet der Wind, es fliehen die Wolken,
es blinken die Sterne gleichgültig und kalt.
Und ein Narr wartet auf Antwort."
Liebe Grüße!
Hayk