Freund bist du, gewaltig, weit wie ein Sternenzelt
Unser Bruderlachen: Haben wir es nicht geweiht, im Schweiß des Bieres ?
Im Herz des Sinnierens erweckt ? Und habe ich nicht vor dir geweint
Weil diese Welt mich manchmal bis ins Mark erschreckt ?
Freund, sage ich zu dir, und das ist nur ein Klang, aber du
bist mir doch viel mehr, bist mir doch viel wichtiger
Ich denke oft, mit dir war jeder Anfang richtiger
„Hör mir zu!“ nie gefordert, nur gefragt: „was siehst du?“
Freund, in deinen Fragen hast du mehr für mich gesagt
und über mich gesagt, in deinen klugen Fragen,
als was uns Grüblern offenbart wird, selbst durch tiefen Tag
Freund, du warst so großzügig mit deinen wunderbaren Gaben
Die Mädchen mit den schönen Stimmen, die wie Vögel aus den
Himmeln klingen, haben uns sofort verzaubert und stundenlang
umrundeten wir deren Gesang mit offenen Mündern und fühlten uns
wie Sünder, weil wir sie alle liebten, die schönen Eroberinnen
Eine jede, Königin, aus einem fernen Land
Und nichts war mehr wie zuvor
als aber unser Bruderschwur
Unser Bruderschwur, geliebter Freund…
Die Mädchen, die zu Frauen wuchsen, Zauberinnen !
Mit ihren Gerüchen von Sinnlichkeit und Heimlichkeit
Stolz tragen sie die Schenkel und die Backen von
Götterbüsten und lustvoll sind sie, wie die Süßigkeit
die wir ihnen leckten von Schenkeln und Brüsten
Und wie sie küssen, Freund , wie sie küssen…
Freund, wir haben vieles geteilt
Die Liebe und das schlimme Leid, wenn Liebe verebbte wie
das Meer unserer Träume, an den Stränden des Lebens
Und meine letzte Träne, die dein gefallenes Auge benetzte
Du warst immer zu streng mit dir mein Freund, zu hart
Du weiches, wunderbar warmes Wesen, das ich immer sah,
wenn ich dich ansah. Du bist mir so nah mein Freund, so nah
(wunderbar nah)
Du mein bescheidener Melanchton, hast dich nie beschwert in deiner Art
Wie oft riet ich dir, halb im Scherz: „Fortiter Pecca!“
Aber du warst nicht wie ich, getrieben von den Geistern aus der Tiefe
Du warst auch nie ein Sündiger
(Eher ein Wesen aus dem Licht)
und wer auch immer dich zur Hilfe rief,
für den warst du mit allen deinen Gaben da
Mein lieber Freund, immer wenn es weihnachtet, denk ich an dich
Ich hab nicht eine Träne, die du gabst, vergessen
Noch immer scheint in meinem Traum in jeder Nacht ein Licht
und nichts kann sich an seinem Strahlen messen
Wo du auch bist, dort warte nur auf mich
Wenn es Zeit wird, folge ich dem Licht..