Hallo, Carlos,
ja, ziemlich problematisch, die 'Sache mit dem 'Gendern'. Es gibt noch einen Aspekt, der hier bislang noch nicht erwähnt wurde: Wie sieht es denn mit dem Sprechen aus? Was auch immer schriftlich dargestellt wird, ob jetzt durch einen Doppelpunkt oder einen Schrägstrich mit Bindestrich dahinter oder ein großes I. Wie spricht man ein großes I aus? Ja - ab da wirds nämlich wirklich schwierig. Und umständlich.
Der Gedanke, der hinter dem Gendern steckt, dem möchte ich zustimmen. Nun - Sprache verändert sich mit der Zeit. Sprache ist Ausdruck dessen, was wir und eben auch, wie wir denken.
Verändern sich Sichtweisen, dann verändert sich die Sprache mit. Wo liegt also das Problem? Im Zeitraum. Mit der Zeit bilden sich Strukturen heraus, auf denen dann eine Sprache aufgebaut ist. Und strukturelle (grundlegende) Veränderungen fanden bisher immer über lange Zeiträume hinweg statt. Eine 'Parallelentwicklung' erfolgt(e).
Und genau da sehe ich - persönlich - das Problem. Unsere deutsche Sprache (ich beziehe mich jetzt bewusst mal nur darauf) ist auf eine ganz bestimmte Art und Weise aufgebaut und strukturiert. Das bedeutet aber auch, dass, mehr und/oder weniger, alles irgendwie miteinander verbunden ist/miteinander zusammenhängt.
Das aktuelle Gendern bewegt sich leider nur an der 'Oberfläche'. Was ist nun mit Artikeln? Der, die, das. Nun, um mal ein Beispiel zu nennen: Ich war nie sonderlich glücklich mit 'das Baby' oder 'das Kind'. Während es 'die Lampe' oder 'der Stuhl' heißt. Also ein Baby oder Kind ist zwangsläufig entweder (biologisch betrachtet) männlich oder weiblich. Selbst die Ausnahme, wenn ein Kind zur Welt kommt, das anteilig z. B. die Geschlechtsorgane beider Geschlechter besitzt, dann ist es, biologisch, trotzdem 'männlich und weiblich'. Es gibt kein drittes Geschlecht. Auch nicht bei anderen Lebewesen. Gender ist etwas anderes, da geht es um persönliche Identifikation, persönliche Identität.
Ich kann mich auch immer noch nicht mit 'das Baby, das Kind' und auch nicht mit 'das Mädchen' anfreunden. 'Das' ist dinglich. Und Menschen, egal ob weiblich oder männlich, sind nun mal keine Dinge. Das trifft auch nicht nur bei uns Menschen zu - ich mag auch 'das Tier' nicht. Ist schließlich auch kein 'Ding', sondern ein Lebewesen.
Ja, und hier wird ersichtlich, worauf ich hinaus will. Die Strukturen unserer Sprache sind über lange Zeit hinweg entstanden, vieles hat sich 'tief etabliert/eingeprägt', so dass sich unsere Sprache bei Veränderungen oft sehr 'schwertut'. Statt 'das Mädchen' wäre ja eigentlich 'die Mädchen' richtig. Da weiblich. Aber - da ist ja der Plural. 'Die Mädchen'. Ja, verflixt, ja, wie machen wir denn das? Gut, wir könnten es so lassen. Es heißt ja auch 'die Lampe' und 'die Lampen'. Ein 'n' wird angehängt. Ja, gut, bei Lampen funktioniert das. Aber - am Ende des Wortes 'Mädchen', da - ist ja bereits ein 'n'. Ja, verflixt!
Unsere Sprache stellt sich in vielerlei Hinsicht 'selbst ein Bein' und 'sperrt' sich gegen Veränderungen - zumindest gegen Veränderungen, die sehr schnell erfolgen sollen.
Wie gesagt, der Gedanke, die Idee hinter dem, was als Gendern bezeichnet wird, halte ich prinzipiell für gut, für richtig, und auch für notwendig. Denn - es ist eine Wechselbeziehung. Wie wir denken, findet Ausdruck darin, wie wir sprechen (und schreiben). Aber das gilt auch umgekehrt - psychologisch hat auch unsere Sprache, die Art und Weise, wie sie 'ist', Einfluss auf die Art und Weise, wie wir denken.
Erneut: Der Gedanke 'hinter dem Gendern' ist gut, richtig und auch wichtig. Aber an der Umsetzung hapert es. Weil es gar nicht anders kann, weil es hapern muss. Da unsere Sprache sich da eben 'sperrt'.
Tja, alles nicht so einfach. Für so etwas Kompliziertes kann man nicht wirklich mit einfachen Mitteln zu schnellen Lösungen kommen. Veränderungen müssten viel tiefergehend sein, Grundlegendes ändern. Sonst bleibt es an der Oberfläche hängen - und wird dann, so fürchte ich, auch nicht 'grundlegend' etwas an unserer Denkweise ändern.
Und trotzdem - ich sehe es als mehr positiv denn negativ an. Auch wenn die momentanen Veränderungen noch 'nichts Halbes und nichts Ganzes' sind, weil sie es gar nicht sein können. Aber - irgendwie muss man ja irgendwo und irgendwann mal anfangen etwas zu verändern. Alles so zu lassen, wie es 'früher war' ist jedenfalls, so denke ich, auch keine Alternative, an der ich persönlich Gefallen fände. Wie so oft bei uns Menschen, wie z. B. auch in der Wissenschaft: Die Theorie ist gut, aber an der praktischen Umsetzung haperts - mal wieder.
Nur ein paar meiner persönlichen Gedanken zur 'Genderdiskussion'.
LG,
Anonyma