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  • Patrick
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Federtanz

Autorin
 
 
Der Ort: Staubig und betäubt von Engstirnigkeit,
durchzogen von einem eigenartigen, hoffnungsvollen Pessimismus und hartnäckigem Mut.
Die besten Aussichten – von innen betrachtet,
wo Kaninchenlöcher zu Höhlen werden,
zu einem Bau – einem Haus aus vielen Gängen und verwobenen Wurzeln.

 
Damals, als es nicht besser war,
rannten die Hunde, schmutzig und erschöpft,
getragen von einsamer Verzweiflung.
Sie gruben ihre knöchernen Seelen aus dem Staub der Strassen,
um sie an einem anderen Ort wieder zu vergraben –
eine absurde Wendung des Elends,
während seltsame Krankheiten wie entdeckte Geheimnisse
grünmeliert über die Wiesen schwebten.

Romantisch wie eh und je. 
 
Junge Murmelspieler mit ihren gläsernen Murmeln –
und alte Menschen, die an die Vergangenheit glauben.
Sie ordnen das Chaos, 
und wer sie berührt, hört ein leises Flüstern:
„Ungezogen!“

 
Diese stillen Gartenstühle,
die sich gegen ihr eigenes Schweigen auflehnen,
warten darauf, dass jemand sie aufstellt –
um sich dann wieder zu Boden stürzen zu lassen.

Nur Tauben umkreisen verletzte Beine. 
 
Die Überlebenden der Flut – diese vorübergehenden Huren –
tragen ihre Geschichten aus Übersee in alle Ecken der Welt.
Ihre stöhnende Ahnung schleicht sich in mich.

 
 
Aber:
Seit wir uns in unseren Blickwinkeln eingerichtet haben,
sitzen wir, nähen Kuchen aus Träumen,
arbeiten an der Epidemie häuslicher Gewohnheiten,
quälen uns mit der Zeit,
aber irgendwie –
nicht alt genug, um zärtlich zu werden.
Gerade tot genug, um daran zu glauben.

 
Wir schmücken unsere Münder,
starren in gekühlte Karaffen,
passen uns den Ecken unserer Existenz an.
Pi mal Daumen –
vielleicht finden wir Trost
in Duft und Haut,
einer Fluchtlinie, die am Hals zieht?

 
Ich verkeile deine Hand in mir 
Ich war gefangen in Freiheit
frei in Gefangenschaft 
 
Hier, wo Leben sein sollte,
eine Ecke zum Fluchen,
Dinge ordnen,
Post von ehrbaren Fremden empfangen,
die uns Dunkles und Helles schicken.

 
(Wofür diese Karten?
Einladungen zu Hochzeiten, Beerdigungen, Geburten.
Kleine Tränen, große Wut,
einsame Herzen, verlorene Momente,
ein Neubeginn, der nicht kommt,
aber markerschütternde Schreie trägt – frisch aus der Mutter.)

 
Hier: Blau. Hier: Rot. Und Gelb,
sagst du, der Regen ist bald da.

Ein Blitz.
Ein Regenschirm, sagst du, rettet uns. 

 
Ich knarre,
getrocknet unter einer Sonne, die alles verschlingt,
blattlos, wie ein Körper ohne Muttermale.

 
Was starrt in mir?
Man sagt: Freunde, Brüder, Schwestern, Bücher.
Doch auch eine Adresse, lächerlich,
in krakeligem Schriftzug,
unter deinen Blick gelegt.
              Wonach dürstet mein Herz? 
 
Wir klingeln,
öffnen uns,
altbekannt.

 
Kennen wir uns?
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Bildquelle: Datenbank
 
 
Hallo!
 
Große Poesie! Bild- und wortgewaltig. Inhaltlich außen wie innen und innen wie außen: die Unfassbarkeit des eignen und fremden Seins. ("Kennen wir uns?")
Ein absolut gelungener Wurf! Gratuliere!
Mit angehaltenem Atem gelesen!
Carolus
 
 
@Federtanz
 
 
Grüße.
 
Ja, der Anfang war stark, später ließ die Kraft (Fantasie) etwas nach. Aber das Gesamtpaket ist ein Daumen nach oben.
 
 
 
Hi Federtanz. 
 
Das hat Carolus gut zusammengefasst, dem schließe ich mich gerne an. 
Auch wenn mich solche Bilder wie diese krass irritieren: 
 
sitzen wir, nähen Kuchen aus Träumen
 
Gerade tot genug, um daran zu glauben.


 
 
Ich weiß nicht so recht, aber das ist schon sehr viel Federtanz. 
 
Mir gefallen deine Betrachtungen, da ich als Leser in ein buntes Gemälde eintauche dass ich als Abstrakte Malerei bezeichnen würde, mit Seelenfarben gepinselt... ohne Pinsel, aber mit einer Gabel. Traumartig. Irgendwie auch psychedelisch, daher kommt es mir sehr vertraut vor. Man kann staunen und darüber rätseln, aber ohne Logik bitte. Die wäre beim Genuß nur hinderlich. Ob das jetzt ein Kompliment war, lasse ich dich entscheiden. Hey... ich brauche die Logik nicht zum träumen oder um Kunstwerke zu genießen. 
 
Federtanz! Ein Original! 
Immer wieder ein Fest für meine Sinne. 
 
LG JC
 
Danke Federtanz. Für solche Texte lohnt es sich, immer mal wieder hier reinzuschauen.
Stark, wenn Surreales ganz vertraut schmeckt und man so lange wie möglich auf einem Wort, einer Wendung herumkaut, weil der Geschmack lange bleiben soll, lange …
 
Wow, Federtanz. Einfach nur wow...
Wie nähert man sich einem solchen Text... Jeder Vers lädt zum Sinnieren, zum Auslegen ein. Wie ich dein Gedicht las, hatte ich Hieronymus Boschs "Das Weltgericht" vor Augen. Beides schwer vergleichbar, doch auch dein Gedicht rechnet schonungslos mit der uns umgebenden Realität ab. Es ist eine tiefgründige Reflexion über die Pole Fremdheit und Zugehörigkeit in dieser zerrissenen Welt. Es macht mich nachdenklich, wie ich in dieser Welt verortet bin. Und die Frage nehme ich mit: „Kennen wir uns?“
 
  • Patrick
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