Lieber David,
da sind wir in dem Dilemma, das dieses Label erzeugt.
Du möchtest keine handwerkliche Analyse. Das Gedicht hat aber handwerkliche Fehler. Wenn ich das schreibe, übertrete ich eine rote Linie.
Was bliebe mir jetzt übrig, als die Werke eines Autors, der darauf besteht, dass man seine Fehler ignoriert, insgesamt zu ignorieren.
Das kann einfach in niemandens Interesse sein. Du siehst, ich kann mich in einem Schreibforum sehr schlecht damit abfinden, dass es Sinn gibt, sich die Korrektur von und den Hinweis auf Fehler zu "verbieten".
Es gibt selbstverständlich keine Regel dafür, wozu man das Label nutzen darf und wofür nicht. Für mich gibt es aber nur Sinn, wenn es ältere, bestehende Werke sind, die keinesfalls mehr verändert werden sollen, oder wenn die Inhalte gefühlsmäßig so sensibel sind, dass sie einer distanzierten Arbeit an der Qualität im Wege sind.
Jetzt also ausnahmsweise zur "Textarbeit", die hier normalerweise nicht stattfinden sollte:
Das Verb "zwingen" erfordert in aller Regel eine Ergänzung. Es braucht jemand der gezwungen wird, und ein Ziel, wozu die Person gezwungen wird. Selten mal kann man das weglassen, weil es offensichtlich ist.
Hier im Text könnte ich mir vorstellen, dass die Sonne das Leben "in" einen Tag zwingen will, oder das Leben zwingen will, einen neuen Tag "zu beginnen" (beispielsweise).
Dann kommt der Punkt. Der ist falsch, weil danach kein neues Subjekt in den Satz tritt. Ganz offensichtlich sprichst du weiter davon, was die Sonne tut. Wenn du ein Komma setzt, ist das o.k, wenn du einen Punkt setzt, nicht.
Ich habe mir angewöhnt, Werke unter dem grünen Label zu ignorieren. Warum sollte ich etwas kommentieren wollen, wenn ich nicht mal auf handwerkliche Mängel wie Schreibfehler oder fehlende Satzzeichen (Flüchtigkeitsfehler, Banalitäten) hinweisen darf?
... und schon verschwinde ich wieder hinter die rote Linie.
Grüße von Lé.