Das viel zu naheliegende Gegenargument habe ich ja bereits vorausgesehen. Dann sollten wir jetzt wohl unsere gesamte Sprache umstrukturieren und keine neuen Metaphern schaffen, die wir falsifizieren können, egal ob sie die Sprache künstlerisch bereichern? Zumindest sagst du offensichtlich, die Korrektheit sollte die Wahl der Worte bestimmen...
Genau so gut könnte man (auf das Beispiel des obrigen Gedichtes abzielend) erklären, dass weder die Blätter, die jährlich neu sprießen, zurückkehren noch die Färbung. Diese ist nichts anderes als der durch verschiedene bio-chemische Vorgänge verursachte Abbau von Chlorophyll, der jedes Jahr durch bestimmte äußere Umstände ausgelöst wird und andre eingelagerte Farbstoffe sichtbar macht. Aber auch diese Vorgänge sind nicht jedes Jahr mit sich selbst identisch, da die Ausführung logischerweise von den nicht zurückgekehrten, neuen Blättern abhängt. Also kehren die Prozesse selbst auch nicht zurück. Das einzige, was in diesem Fall wiederkehrt, ist die in der DNA der Bäume festgelegte Reaktionsform auf die äußeren Reize. Zumindest ist diese gespeicherte Information mit sich selbst identisch und kann daher sprachlich korrekt zurückkehren (...wobei eigentlich auch nur aufs Neue wirksam werden; sie ist ja nie verschwunden.)
Insofern zwingt die Korrektheit der Sprache uns alle zur Schilderung eines vollkommen unästhetischen und zusätzlich sinnlos komplizierten Sachverhaltes. Das könnte übrigens auch der Grund sein, warum wir immer noch sagen "die Sonne geht auf" anstatt "die Erde hat ihre Drehung um die eigene Achse soweit fortgeführt, dass uns das Sonnenlicht an unsrem geographischen Punkt erreicht".
So kann eine Wiese auch nicht stehen, der Mond nicht auf dem Horizont thronen, der Nebel nicht hängen und auch alle anderen schönen Verben sind verdammt, nur in wenigen begrenzten Fällen benutzt zu werden. Oder wo ist die Grenze, in der ich meine Beine verliere?
LG Cheti