Liebe Eiselfe,
ich habe dein Gedicht gelesen und spüre, dass da viel im Hintergrund bleibt. Im Grunde deutest du nur an, zählst nur auf, es sind alles sehr allgemeine Aussagen. Ich hoffe, du nimmst mir das nicht übel, wenn ich der Ansicht bin, dass du in der Lage wärst, viel emotionaler ungereimt zu schreiben (ungereimte Gedichte sind auch Gedichte). Der Leser muss eine emotionale Beziehung zu deinem Gedicht bekommen. Und ich glaube, wenn du so angefangen hättest und so weitergeschrieben, wie dir die Gedanken kommen, dann wäre dir die gefühlsmäßige Öffnung leichter gefallen. Ich mache mal einen Vorschlag:
Ruhe, endlich. Zeit, nachzudenken.
Die Gedanken kreisen.
In diesen beiden Versen habe ich genau die Gedanken aufgenommen, die inhaltlich deine ersten beiden Verse enthalten. Du musst nicht meinen Ausdruck übernehmen, das ist damit nicht gemeint, sag es mit eigenen Worten, lass dich vom Reimwort nicht beherrschen. Was wichtig ist: Du brauchst wirklich Ruhe, wenn du schreibst. Und wenn du vom Nachdenken schreibst, musst du auch wirklich nachdenken, dann findest du die wirklich zutreffenden Formulierungen. Du musst mit deinen Formulierungen das Nachdenken dem Leser nicht nur mitteilen, sondern auch mit Worten "zeigen".
Du hast gereimt, ich bin aber der Ansicht, das solltest du nicht tun. Denn man braucht für das Reimgedicht ein bisschen Handwerk. Ich verstehe, wenn du dir das nicht aneignen willst oder kannst. Aber du nimmst dir sehr von dem, was du sagen möchtest, wenn du deine Aussage nach dem Reimwort richtest. Und dadurch kommt dein Gedicht bei mir nicht so an, wie du hofftest, obwohl ich gewohnt bin, auch zwischen den Zeilen zu lesen.
Versuch es einfach mal, dasselbe Gedicht ungereimt zu schreiben. Ich würde mich sehr darüber freuen.
Angelika